2.1 Einführung und Rechtsnatur der Regelung
Rz. 50
Der (umfassende) Inhalt des § 18a UStG wurde zunächst zum 1.1.2010 und zum 1.7.2010 erweitert. Durch diese Gesetzesänderung wurden der Meldezeitraum und die Frist zur Abgabe der ZM verkürzt sowie die Verpflichtung zur Erklärung auch bestimmter ausgeführter innergemeinschaftlichen sonstigen Leistungen eingeführt; der Rechtsbefolgungsaufwand für die betroffenen Unternehmer ist dadurch gestiegen. § 18a UStG ist auch von seinem Umfang angewachsen und besteht seitdem aus insgesamt 12 z. T. sehr umfassenden Absätzen. Mit Wirkung vom 1.1.2020 erfolgte eine Erweiterung der Meldepflicht für bestimmte Lieferungen in Konsignationslager (Rz. 57 und Rz. 77) Für eine Erläuterung der geltenden gesetzlichen Regelung ist es erforderlich, zunächst hinsichtlich der Meldepflichten für Lieferungen (§ 18a Abs. 1 UStG), der Meldepflichten für sonstige Leistungen (§ 18a Abs. 2 UStG) sowie der weiteren Meldepflichten zu unterscheiden, denn der Inhalt der Regelung unterscheidet sich hier. Zu beachten ist weiter, dass die ZM aufgrund einer Änderung des Art. 138 MwStSystRL seit dem 1.1.2020 von ihrer Rechtsnatur her bei innergemeinschaftlichen Lieferungen zur materiellen Voraussetzung der Steuerbefreiung solcher Leistungen geworden ist (Rz. 6, Rz. 22f., 27 und 51). In das nationale Recht wurde das durch eine Änderung von § 4 Nr. 1b UStG umgesetzt (Rz. 22f.), der Gesetzeswortlaut des § 18a UStG lässt diese (neue) Rechtswirkung nicht erkennen.
Rz. 51
Mit dem im Jahr 2020 neu eingeführten Art. 138 Abs. 1a MwStSystRL und der in diesem Zusammenhang erfolgten Änderung von § 4 Nr. 1b UStG (Rz. 5f.) wurde die ZM nach der deutschen Regelung im Gesetz m. E. zu einer materiellen Voraussetzung der Steuerbefreiung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen; die Steuerbefreiung kann nach dem (deutschen) Gesetzeswortlaut nur beim Vorliegen der Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung und bei der ordnungsgemäßen Meldung dieses Umsatzes in der ZM gewährt werden. Diese Rechtsfolge ist allerdings nicht unbestritten, weil der geänderte Art. 138 Abs. 1a MwStSystRL als unionsrechtliche Vorgabe des § 4 Nr. 1b UStG hier die Ausnahme zulässt, dass die Steuerbefreiung auch gewährt wird, wenn der Lieferer sein Versäumnis zur Abgabe einer ZM "zur Zufriedenheit der zuständigen Behörden ordnungsgemäß begründen kann". Das bedeutet nichts anderes, als dass unionsrechtlich ausnahmsweise auf die Meldung eines Umsatzes in der ZM verzichtet werden kann. Allerdings wurde diese Regelung nicht in das deutsche Recht umgesetzt, was u. U. dazu führt, dass sich ein Unternehmer auf diese für ihn günstigere Regelung des Unionsrechts berufen könnte. Aus diesem Umstand kann m. E. aber nicht geschlossen werden, dass die zutreffende Angabe eines Umsatzes keine materielle Voraussetzung der Steuerbefreiung ist.
Abgesehen davon, dass es in der Praxis wenig ratsam erscheint, sich auf diese Rechtsfolge zu verlassen, kann man die oben genannte Formulierung des Art. 138 Abs. 1a MwStSystRL wohl auch so verstehen, dass das Versäumnis zur Abgabe einer ordnungsgemäßen ZM ausnahmsweise entschuldbar ist, auch nach der deutschen Regelung ist aber von der "Heilbarkeit" einer unrichtigen oder verspätet eingereichten ZM auszugehen (Rz. 27). Die in der unionsrechtlichen Regelung geforderte "Zufriedenheit der zuständigen Behörde" lässt sich aber wohl auf dem leichtesten Weg mit der Abgabe einer ordnungsgemäßen ZM erreichen. Auch im "Normalfall" kann es wegen unterschiedlicher Meldefristen bei umsatzsteuerrechtlichen Erklärungspflichten wegen einer späteren Abgabe der ZM durchaus zu einem Zeitraum der "schwebenden Wirksamkeit" der Steuerbefreiung kommen (Rz. 27). Das ändert aber nichts daran, dass die ZM am Ende für jeden Umsatz ordnungsgemäß vorliegen muss; insoweit ist die Abgabe einer (ordnungsgemäßen) ZM immer unverzichtbar.
Rz. 51a
Gegen die Eigenschaft der ZM als materielle Voraussetzung der Steuerbefreiung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen spricht m. E. auch nicht das EuGH-Urteil Hans Bühler, in dessen Rz. 55 der EuGH die "Besteuerung" eines Umsatzes bei einem innergemeinschaftlichen Erwerb nicht alleine deshalb zulässt, weil der Erwerber eine ordnungsgemäße ZM über seinen Umsatz nicht rechtzeitig abgegeben hat. Ein Übertrag dieser Aussage verbietet sich wohl schon deshalb, weil Art. 138 Abs. 1a MwStSystRL erst nach dem Ergehen dieser Entscheidung zum 1.1.2020 (Rz. 51) eingeführt wurde und die vorgesagte Aussage daher zur alten Rechtslage erfolgte.
Rz. 52
Allgemein ist zu beachten, dass die Erklärungspflichten des § 18a UStG nur für die innergemeinschaftlichen Leistungen oder Beförderungen oder Versendungen i. S. d. § 6b Abs. 1 UStG ausführende Unternehmer gelten, sämtliche Eingangsleistungen dieser Unternehmer sind nicht in der ZM, sondern nur in den Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Erklärungen dieser Unternehmer anzugeben. Für den Meldepflichtigen spielt es auch keine Rolle, ob er seine Eingangsleistungen nach vereinbarten oder nach vereinnahmten Entgel...