Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Rz. 38
Nach § 20 S. 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer sich die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten von seinem zuständigen FA gestatten lassen, wenn der Gesamtumsatz des vorangegangenen Kalenderjahrs eine bestimmte Höhe nicht überschritten hat. Der maßgebliche Gesamtumsatz i. H. v. derzeit 800.000 EUR (bzw. in der Zeit vor dem 1.1.2024 die jeweils geltenden Grenzen für den Gesamtumsatz) berechnet sich nach den Vorschriften für den Kleinunternehmer (§ 19 Abs. 3 UStG). Dabei wird der Gesamtumsatz nach § 19 Abs. 3 UStG zugrunde gelegt und nicht die für die Beurteilung der Kleinunternehmereigenschaft maßgebliche Umsatzgröße des § 19 Abs. 1 UStG.
Rz. 38a
Aufgrund unionsrechtlicher Veränderung bei der Kleinunternehmerbesteuerung ab dem 1.1.2025 werden sich auch Veränderungen bei der Ermittlung des maßgeblichen Gesamtumsatzes zur Prüfung der Voraussetzungen der Gestattung der Istbesteuerung nach § 20 S. 1 Nr. 1 UStG ergeben (die Umsetzung ist im Jahressteuergesetz 2024 geplant). Ab dem 1.1.2025 wird bezüglich der Berechnung des Gesamtumsatzes auf § 19 Abs. 2 UStG verwiesen, der entgegen den bisherigen Regelungen die Umsätze von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens eines Unternehmens ausdrücklich aus der Ermittlung des Gesamtumsatzes ausschließt.
Die Berechnung des Gesamtumsatzes erfolgt dann grds. nach vereinnahmten Entgelten. Darüber hinaus ist ab dem 1.1.2025 nach den Vorgaben des § 19 Abs. 2 UStG der Gesamtumsatz nicht mehr in einen Jahresgesamtumsatz umzurechnen, wenn die unternehmerische Betätigung nicht das gesamte Kalenderjahr bestanden hat.
Rz. 39
Maßgeblich ist immer der Umsatz des vorangegangenen Kalenderjahrs, der bis Ende 2024 ggf. in einen Jahresumsatz umzurechnen ist (Rz. 48 ff.). Anders als bei der Beurteilung der Kleinunternehmereigenschaft nach § 19 Abs. 1 UStG kommt es für die Prüfung der Berechnung der USt nach vereinnahmten Entgelten auf die Umsätze des laufenden Kalenderjahrs nicht an. Selbst wenn der Unternehmer absehen kann, dass sich im laufenden Kj. ein Gesamtumsatz von mehr als 800.000 EUR ergeben wird, kann er die USt in diesem Jahr immer noch nach vereinnahmten Entgelten berechnen. Eine Änderung des Besteuerungsverfahrens kann sich deshalb unterjährig nicht ergeben. Das ausnahmslose Abstellen auf den Vorjahresumsatz ist notwendig, damit der Unternehmer zu Beginn des jeweiligen Veranlagungszeitraums rechtssicher entscheiden kann, nach welchen Grundsätzen die Berechnung der USt zu erfolgen hat.
Rz. 40
Für die Berechnung des maßgeblichen Gesamtumsatzes nach § 19 Abs. 3 UStG ergibt sich folgendes Schema:
Rz. 41
Ausgangsbasis für die Berechnung des Gesamtumsatzes ist dabei der steuerbare Umsatz nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Damit sind alle im Inland ausgeführten Lieferungen und sonstigen Leistungen in die Berechnung mit einzubeziehen. Ebenfalls mit zu berücksichtigen sind die folgenden Umsätze:
- Umsätze, die nach § 1 Abs. 3 UStG wie Umsätze im Inland zu behandeln sind (Umsätze, die an bestimmte Abnehmer in den deutschen Freihäfen und dem Küstenstreifen zwischen der Strandlinie und der Hoheitsgrenze ausgeführt werden).
- Im Inland vom leistenden Unternehmer ausgeführte steuerbare Umsätze, für die der Leistungsempfänger die USt nach § 13b UStG schuldet (z. B. bestimmte Bauleistungen an bauleistende Unternehmer, Lieferungen von Abfall- und Reststoffen nach Anlage 3 zum UStG, Gebäudereinigungsleistungen gegenüber Unternehmern, die selbst Gebäudereinigungsleistungen ausführen, die Lieferung von Mobilfunkgeräten, integrierten Schaltkreisen vor Einbau in Endgeräte, Spielekonsolen oder Tablet-Computer ab einem Entgelt von mindestens 5.000 EUR, Edelmetalle oder unedle Metalle nach Anlage 4 zum UStG ab einem Entgelt von mindestens 5.000 EUR sowie sonstige Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation, wenn der Leistungsempfänger diese Leistungen selbst wieder für Telekommunikationsdienstleistungen verwendet).
- Unentgeltliche Wertabgaben nach § 3 Abs. 1b oder § 3 Abs. 9a UStG. Voraussetzung ist aber, dass es zu einem steuerbaren Ausgangsumsatz nach § 3 Abs. 1b oder § 3 Abs. 9a UStG kommt. Dabei ist zu beachten, dass solche Ausgangsleistungen dann nicht vorliegen, wenn der Unternehmer Leistungen bezieht, um sie ausschließlich und unmittelbar für dem Grunde nach unentgeltliche Ausgangsleistungen zu verwenden. Nach der Rechtsprechung des BFH sind in diesen Fällen die bezogenen Leistungen nicht dem Unternehmen zuzuordnen, sodass auch keine Ausgangsleistung vorliegen kann. Bei der Ausführung unentgeltlicher Lieferungen nach § 3 Abs. 1b UStG wie auch bei der Verwendung vo...