Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
2.1 Begünstigte Körperschaften
Rz. 8
Begünstigt von der Regelung des § 23a UStG sind nur die in § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG genannten Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen. Damit müssen die begünstigten Unternehmer ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, bestimmt sich ausschließlich nach den Regelungen der §§ 51–68 AO. Weitere Voraussetzung ist, dass der Steuerpflichtige nicht aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet ist, Bücher zu führen oder aufgrund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse zu machen. Von der Vorsteuerpauschalierung können somit nur die unter § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG fallenden Unternehmer Gebrauch machen, nicht die nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. b UStG begünstigten Unternehmer; diese fallen nicht unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG.
Rz. 8a
Für die unter § 23a UStG fallenden Unternehmer könnte sich die Verpflichtung, Bücher zu führen aus abgabenrechtlichen Vorschriften ergeben. So ist nach § 141 Abs. 1 AO der gewerbliche Unternehmer zur Führung von Büchern und zur Aufstellung von Abschlüssen aufgrund jährlicher Bestandsaufnahmen verpflichtet, wenn der Umsatz mehr als 600.000 EUR (ohne steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 8 bis 10 UStG) im Kj. übersteigt oder der Gewinn aus Gewerbebetrieb mehr als 60.000 EUR im Kj. übersteigt. Für Land- und Forstwirte ergibt sich danach eine Buchführungspflicht, wenn der Wert der selbstbewirtschafteten Flächen einen Wirtschaftswert von mehr als 25.000 EUR übersteigt oder der Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft mehr als 60.000 EUR im Kj. übersteigt.
Rz. 8b
Da sich die Buchführungspflicht nach § 141 AO nach der ausdrücklichen Regelung in § 141 Abs. 2 AO erst dann ergibt, wenn die Finanzbehörde den Unternehmer auf den Beginn dieser Verpflichtung hingewiesen hat, kann allein aus dem Überschreiten der Grenzen noch keine Nichtanwendbarkeit der Durchschnittssätze nach § 23 UStG abgeleitet werden. Erst ab dem Beginn des auf die Mitteilung des FA folgenden Kalenderjahrs wäre dann die Anwendung der Durchschnittssätze für den betreffenden Unternehmer nicht mehr möglich.
2.2 Umsatzgrenzen
Rz. 9
Nach § 23a Abs. 2 UStG darf der steuerpflichtige Umsatz des Unternehmers – ohne die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb – im vorangegangenen Kj. 45.000 EUR nicht überschritten haben. Die Umsätze in der laufenden Periode sind für die Anwendung des § 23a UStG unbeachtlich. Die Umsatzgrenze für das vorangegangene Kj. ist mWv 1.1.2023 auf 45.000 EUR angehoben worden. Damit wurde – korrespondierend zu dem Betragsgrenzen nach § 64 Abs. 3 und § 67a Abs. 1 AO – die Veränderung der ertragsteuerrechtlichen Besteuerungsgrenzen in § 23a UStG mit übernommen. Anders als in den Regelungen der Abgabenordnung, erfolgte diese Änderung bei der USt aber erst zeitversetzt zur AO
Rz. 10
Die Grenze von 45.000 EUR stellt einen Nettobetrag dar, da an den "Umsatzbegriff" i. S. d. § 10 Abs. 1 UStG angeknüpft wird. Damit kann der Unternehmer die Besteuerung nach § 23a UStG bei einem Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG i. H. v. 7 % bis zu einer Höchstgrenze der steuerpflichtigen Einnahmen (incl. USt) von 48.150 EUR in Anspruch nehmen. Durch die Bezugnahme auf den Nettoumsatz ergibt sich eine inhaltliche Abweichung zu der Umsetzung der Betragsgrenzen nach § 64 Abs. 3 und § 67a Abs. 1 AO, da es sich dort um die Einnahmen (incl. USt) handelt.
Rz. 11
In die Prüfung der Umsatzgrenze sind nur die steuerbaren und steuerpflichtigen Umsätze des Unternehmers mit einzubeziehen. Ausdrücklich davon ausgeschlossen sind die Umsätze "Einfuhr" und "innergemeinschaftlicher Erwerb", da es sich dabei zwar gesetzessystematisch um Umsätze nach § 1 Abs. 1 UStG handelt, wirtschaftlich aber Eingangs- und nicht Ausgangsumsätze vorliegen. Die zeitliche Zuordnung der einzelnen Umsätze zu einem Kj. erfolgt dabei nach dem Entstehungszeitpunkt der jeweiligen Steuerbeträge nach § 13 UStG.
Rz. 12
Zur Prüfung der Umsatzgrenze muss somit zuerst systematisch geprüft werden, ob die ausgeführten Umsätze steuerbar und steuerpflichtig sind. Obwohl das Gesetz nur von steuerpflichtigen Umsätzen spricht, setzt die Steuerpflicht aber systematisch die Steuerbarkeit des Umsatzes voraus. Damit sind insbesondere die folgenden Umsätze nicht mit in die betragsmäßige Prüfung einzubeziehen: