Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Rz. 31
Findet ein Wechsel zwischen der Regelbesteuerung und der Anwendung des Durchschnittssatzes nach § 23a UStG (und umgekehrt) statt, müssen die Vorsteuerbeträge des Unternehmers den jeweiligen Perioden zugeordnet werden, um festzustellen, zu welcher Besteuerungsform der jeweilige Vorsteuerbetrag gehört, um eine doppelte oder gar keine Erfassung der Vorsteuerbeträge zu verhindern. Es kommt dabei auf den jeweiligen Zeitpunkt an, zu dem der Unternehmer eine Leistung erhalten hat.
Zuordnung von Leistungsbezügen bei Wechsel der Besteuerungsform
Ein gemeinnütziger Verein, der § 23a UStG anwendet, hat im Dezember 01 einen Computer erworben, die Rechnung liegt erst im Januar 02 vor. Ab dem 1.1.02 geht der Verein zur Regelbesteuerung über. Obwohl der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG erst mit Vorlage der ordnungsgemäßen Rechnung (im Januar 02) möglich ist, ist der Leistungsbezug wegen der Lieferung im Dezember 01 noch der Durchschnittssatzbesteuerung zuzurechnen. Ein individueller Vorsteuerabzug aus dem Kauf des Computers in 02 scheidet aus (vgl. bisher auch Abschn. 23.3 Abs. 2 UStAE zu der zum 31.12.2022 aufgehobenen Regelung des§ 23 UStG mit Verweis auf die allgemeinen Regelungen bei Wechsel der Besteuerungsform).
Rz. 32
Eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG kam auch bei einem Wechsel der Besteuerungsform nach überwiegender Auffassung bis zum 31.12.2004 nicht in Betracht, da keine Änderung der Verhältnisse nach § 15a UStG eingetreten war. Durch die Neufassung des § 15a UStG zum 1.1.2005 ist eine Änderung der Verhältnisse i. S. d. § 15a Abs. 1 bis Abs. 3 UStG auch dann gegeben, wenn der Unternehmer von der Besteuerung nach Durchschnittssätzen zur Regelbesteuerung wechselt oder umgekehrt. Damit kann sich bei Gegenständen, die mehrfach für Ausgangsleistungen verwendet werden, bei Gegenständen, die nur einmalig für Ausgangsleistungen verwendet werden, sowie bei Leistungen nach § 15a Abs. 3 UStG eine Vorsteuerberichtigung bei einem Wechsel der Besteuerungsform ergeben. Dabei muss es sich um einen Wechsel zwischen der Regelbesteuerung zur Besteuerung nach § 23a UStG (oder umgekehrt) handeln. Ein Wechsel zwischen der Kleinunternehmerbesteuerung und der Besteuerung nach § 23a UStG (oder umgekehrt) kann danach nicht zu einer Änderung der Verhältnisse nach § 15a Abs. 7 UStG führen.
Rz. 33
Voraussetzung ist, dass die bezogene Leistung beim Leistungsbezug auch dem Unternehmen zugeordnet werden konnte. Soweit Leistungen beim Leistungsbezug wegen einer auch nichtwirtschaftlichen Verwendung nur anteilig zum Vorsteuerabzug berechtigt hatten, lässt es die Finanzverwaltung aus Billigkeitsgründen zu, dass dennoch bei einer Änderung der wirtschaftlichen Nutzung eine Vorsteuerberichtigung vorgenommen werden kann (Abschn. 15a.1 Abs. 7 UStAE). Allerdings ist bei der Prüfung der Vorsteuerberichtigung zu beachten, dass nach § 44 Abs. 1 UStDV eine Berichtigung immer dann ausscheidet, wenn die gesamte, auf die erhaltene Leistung entfallende USt nicht mehr als 1.000 EUR beträgt. Damit wird in der Praxis in den meisten Fällen eine Vorsteuerberichtigung entfallen.
Prüfung der Vorsteuerberichtigung nach Wechsel zur Regelbesteuerung
Ein gemeinnütziger Verein, der § 23a UStG anwendet, hat im Kj. 01 eine Computeranlage für 3.000 EUR zuzüglich 570 EUR USt erworben. Ab dem 1.1.03 geht der Verein zur Regelbesteuerung über.
In 01 war ein individueller Vorsteuerabzug aus der Anschaffung wegen der Anwendung des § 23a UStG nicht möglich. Grundsätzlich liegt zwar ein Berichtigungsgrund ab 03 (innerhalb des maßgeblichen Berichtigungszeitraums) nach § 15a Abs. 7 UStG vor, da der Umsatzsteuerbetrag aus der Anschaffung aber nicht 1.000 EUR überstiegen hat, kommt eine Vorsteuerberichtigung nach § 44 Abs. 1 UStDV nicht in Betracht.