Rz. 75
Weitere Tatbestandsvoraussetzung des § 26b UStG ist, dass der Steuerpflichtige die ihm obliegende Zahlungsverpflichtung vorsätzlich nicht ausgeführt hat; das fahrlässige oder leichtfertige Handeln wird in § 26b UStG nicht genannt. Gemäß § 10 OWiG kann in diesem Fall nur das vorsätzliche Handeln geahndet werden; wobei hier aber ein bedingter Vorsatz ausreichen dürfte I.E. stellt das aber einen wesentlichen Unterschied zu den §§ 378, 379 AO dar, welche auch das leichtfertige Handeln im Tatbestand benennen. Demnach reicht bei § 26b UStG eine grob fahrlässige "Vergesslichkeit" des Steuerpflichtigen zur Verwirklichung des subjektiven Tatbestands nicht aus. Dieser Sichtweise ist uneingeschränkt beizupflichten, wenn es auch in der Praxis sowohl für den Steuerpflichtigen als auch für die Finanzbehörde mit erheblichen Nachweisproblemen verbunden ist, etwa den Einwand der (bloßen) Vergesslichkeit zutreffend zu würdigen.
Rz. 76
Allgemein erfordert der Vorsatz das Wissen und Wollen der Verwirklichung aller gesetzlichen Tatbestandsmerkmale. Zur vorsätzlichen Verwirklichung des Tatbestands des § 26b UStG muss der Steuerpflichtige also wissen oder es zumindest für möglich halten, dass er die geschuldete USt zum Fälligkeitszeitpunkt nicht abführt. Darüber hinaus muss er die Fälligkeitsfrist auch mindestens mit bedingtem Vorsatz verstreichen lassen. Der Vorsatz des Steuerpflichtigen hat sich also auf alle Tatbestandsmerkmale des § 26b UStG zu erstrecken. Der Wille muss demnach auch darauf gerichtet sein, dass der Verpflichtung zur Zahlung der USt eine Rechnung mit offenem Steuerausweis zugrunde liegt. Irrt sich der Steuerpflichtige über das Vorliegen einzelner Tatbestandsmerkmale, so handelt er gem. § 11 Abs. 1 S. 1 OWiG nicht vorsätzlich.
Rz. 77
Mit Blick auf die Praxis stellt das Erfordernis des Vorliegens eines vorsätzlichen Handelns in erster Linie eine Frage der Beweisbarkeit dar. Da sich das Wissen über Zahlungsfähigkeit und -fristen weitgehend in der Gedankenwelt des jeweiligen Steuerpflichtigen abspielt, bedarf es hier eindeutiger Kriterien, die ein vorsätzliches Handeln auch nach außen hin erkennbar werden lassen.
Rz. 78
Derartige Kriterien nennt der Tatbestand allerdings nicht und sie werden auch sonst kaum zu finden sein. Zweifellos handelt zwar derjenige "missing trader" vorsätzlich (Rz. 69ff.), der schon bei seinem ersten "Umsatz" überhaupt nicht dazu in der Lage ist, die von ihm ausgewiesene USt zu bezahlen. Da sich diese Person aber schon nach anderen Vorschriften strafbar macht, handelt es sich dabei kaum um den Hauptanwendungsfall des § 26b UStG.
Rz. 79
Daraus ist deutlich zu ersehen, dass die Vorschrift eher einen Auffangtatbestand für den Fall darstellt, in dem eine Steuerhinterziehung nicht beweisbar ist. Problematisch sind in dieser Hinsicht allerdings solche Fälle, für die § 26b UStG überhaupt nicht geschaffen wurde. Damit ist z. B. der Steuerpflichtige gemeint, der regelmäßig mit der Zahlung der von ihm angemeldeten USt in Verzug gerät und daraufhin schon Mahnungen durch die Finanzbehörde erhalten hat oder bei dem bereits vollstreckt wurde. Derartige Steuerpflichtige sind jedenfalls in subjektiver Hinsicht bösgläubig und handeln demnach vorsätzlich und bei ihnen werden regelmäßig auch die sonstigen Tatbestandsmerkmale des § 26b UStG vorliegen. Die Ahndung einer Ordnungswidrigkeit lässt sich in solchen Fällen dann allenfalls durch die Anwendung des Opportunitätsgrundsatzes nach § 47 OWiG bei Ordnungswidrigkeiten ausschließen.
Rz. 80
Anzumerken ist, dass Rechtfertigungsgründe beim Tatbestand des § 26b UStG in der Praxis kaum denkbar sind.
Rz. 81 einstweilen frei