2.6.3.1 Allgemeines
Rz. 92
Die Erteilung einer USt-IdNr. an einen Unternehmer stellt einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung dar (Rz. 73). Die Wirkung einer einmal erteilten USt-IdNr. beschränkt sich nicht nur auf die eines Ordnungsmerkmals und Kontrollinstruments für innergemeinschaftliche Lieferungen, obwohl das der wichtigste Grund zur Schaffung der Regelung war. Der USt-IdNr. kommen daneben insbesondere eine Beweis- oder Indizfunktion, eine Abrechnungsfunktion sowie einige weitere Funktionen zu. Bis zum 31.12.2009 war die erteilte USt-IdNr. darüber hinaus ein Merkmal, welches der Unternehmer rechtsgestaltend bei bestimmten sonstigen Leistungen einsetzen konnte bzw. musste, um die Steuerbarkeit dieser Umsätze durch die Wahl des Leistungsorts zu beeinflussen. Durch die aufgrund der Dienstleistungsrichtlinie geschaffene Neuregelung des Orts der Leistung bei den sonstigen Leistungen – insbesondere durch die Neufassung des § 3a und des § 3b UStG – bestehen diese Gestaltungsmöglichkeiten aber seit dem 1.1.2010 nur noch beschränkt (Rz. 101). Allerdings kommt der USt-IdNr. seit dieser Gesetzesänderung als Indiz für die Unternehmereigenschaft bei zwischenunternehmerischen sonstigen Leistungen eine wichtige Indizfunktion für die Unternehmereigenschaft der Beteiligten zu.
Seit dem 1.1.2020 hat sich die Bedeutung der USt-IdNr. bei innergemeinschaftlichen Lieferungen deutlich erhöht, denn die gültige USt-IdNr. des Leistungsempfängers ist nunmehr nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 UStG die materielle Voraussetzung der Steuerbefreiung solcher innergemeinschaftlicher Lieferungen (Rz. 97a). Zudem ist auch die Abgabe einer ordnungsgemäßen ZM nach § 18a UStG zur Voraussetzung der Steuerbefreiung geworden (§ 4 Nr. 1b UStG); eine solche kann aber nur mit der USt-IdNr. des jeweiligen Leistungsempfängers abgegeben werden.
Rz. 92a
In den letzten Jahren kommt der USt-IdNr. – insbesondere aufgrund der Rechtsprechung des EuGH – eine zunehmend große Bedeutung in solchen Fällen zu, in denen sie "unrichtig" verwendet wird. Gemeint ist damit etwa die Verwendung der USt-IdNr. eines anderen Unternehmers. Problematisch ist aber auch der Fall, in dem der Leistungsempfänger dem Leistenden seine bestehende USt-IdNr. nicht mitteilt. In diesen Fällen geht es dann nicht nur um die formalen Mängel wegen des Fehlens der richtigen USt-IdNr., sondern vor allem um die Versagung der Steuerfreiheit einer Leistung. Mit dieser Entwicklung wird die USt-IdNr. immer mehr zum zentralen Merkmal bei grenzüberschreitenden Leistungsaustauschen in der Europäischen Union.
2.6.3.2 Kontrollfunktion
Rz. 93
Die Kontrollfunktion der USt-IdNr. wird zunächst durch die Verpflichtung zur monatlichen Abgabe der ZM nach § 18a UStG für jeden Unternehmer, der innergemeinschaftliche Warenlieferungen oder sonstige Leistungen ausgeführt hat, umgesetzt. In einer ZM sind – neben den persönlichen Angaben des meldenden Unternehmers – die jeweiligen USt-IdNrn. der Leistungsempfänger in anderen Mitgliedstaaten und die Summe der an diese Unternehmer ausgeführten Lieferungen im Meldezeitraum anzugeben. Dies ermöglicht den grenzüberschreitenden elektronischen Abgleich der innergemeinschaftlichen Lieferungen und sonstigen Leistungen in der Europäischen Union, mithin also die – theoretisch mögliche – vollständige Kontrolle des innergemeinschaftlichen Warenverkehrs, die allerdings inhaltlich auf die Summe der Leistungen eines jeden Unternehmers für eine bestimmte Periode beschränkt ist. Anders ausgedrückt lässt sich damit über die USt-IdNr. der innergemeinschaftliche Leistungsaustausch von Unternehmern unionsweit kontrollieren.
2.6.3.3 Beweisfunktion
Rz. 94
Des Weiteren kommt der USt-IdNr. eine Beweis- oder Indizfunktion zu. Wer als Unternehmer im Geschäftsverkehr bei der Lieferung eines Gegenstands mit einem Unternehmer aus einem anderen Mitgliedstaat eine USt-IdNr. verwendet, erklärt damit konkludent, dass er als Lieferer den Umsatz als innergemeinschaftliche Lieferung behandelt und kein Kleinunternehmer ist und, dass er als Erwerber den Liefergegenstand für sein Unternehmen erwirbt,...