Rz. 13
§ 27b Abs. 1 UStG räumt der Finanzbehörde die Befugnis ein, zur Aufklärung umsatzsteuerlicher Sachverhalte unangekündigt und ohne die Beachtung der Formalien einer steuerlichen Außenprüfung – also vor allem ohne vorhergehende Prüfungsanordnung – die betrieblichen Räume und Grundstücke eines Unternehmers zu betreten und sich die Buchführungs- und andere Geschäftsunterlagen vorlegen zu lassen und einzusehen; seit dem 1.7.2011 ist auch die Sichtung und Inbetriebnahme elektronischer Datenverarbeitungssysteme möglich (Rz. 82). Die Durchführung einer Umsatzsteuer-Nachschau stellt i. d. R. einen Verwaltungsakt gegenüber dem betroffenen Unternehmer dar, ihre "Anordnung" steht im pflichtgemäßen Ermessen (§ 5 AO) der Finanzbehörde.
Rz. 13a
Unbedingt hinzuweisen ist darauf, dass die Umsatzsteuer-Nachschau keine strafprozessuale Durchsuchung oder etwas Vergleichbares darstellt, sie ist ausschließlich eine Maßnahme des Besteuerungsverfahrens und nicht des Strafprozessrechts. Die Umsatzsteuer-Nachschau ist auch keine Außenprüfung i. S. d. §§ 193ff. AO. Dies ist schon deshalb anzunehmen, weil es an der erforderlichen Prüfungsanordnung nach § 196 AO fehlt und damit wohl auch an der Mitwirkungspflicht gem. § 200 AO. Zur Durchführung einer Umsatzsteuer-Nachschau muss allerdings ein darauf gerichteter konkreter Anlass bestehen, bei dem aufgesuchten Unternehmen "etwas umsatzsteuerlich Erhebliches" überprüfen zu wollen. Ziel der Nachschau muss es nach dem Wortlaut des Gesetzes in § 27b Abs. 1 S. 1 UStG sein: "Sachverhalte festzustellen, die für die Besteuerung erheblich sein können". Das dürfte in der Tat ein weitgehender Begriff sein, für den sich bei fast allen Steuerpflichtigen eine Begründung finden lassen dürfte. Angemerkt sei aber ausdrücklich, dass es sich um Sachverhalte handeln muss, welche für die Umsatzbesteuerung des geprüften Steuerpflichtigen relevant sein können (Rz. 15ff.); es reicht nicht allein die Betroffenheit irgendeines anderen Steuerpflichtigen oder einer anderen Steuerart.
Rz. 14
Die Umsatzsteuer-Nachschau stellte bei ihrer Einführung für den Anwendungsbereich der steuerlichen Außenprüfung der Landesfinanzbehörden in Deutschland jedenfalls für die Umsatz- und Ertragsteuern etwas Einzigartiges dar. Eine vergleichbare Regelung fand sich bis zur Schaffung des § 27a UStG nur in der Nachschau gem. § 210 AO, für die mit der Steueraufsicht nach § 209 AO bei Verbrauchsteuern beauftragten Amtsträger der Finanzbehörde (was sich in erster Linie auf die Bundeszollbehörden bezieht). Erst mit Wirkung zum 30.6.2013 ist in das EStG in § 42g die dem § 27b UStG vergleichbare Regelung einer Lohnsteuer-Nachschau eingeführt worden und mWv 1.1.2018 ist zudem eine allgemeine "Kassen-Nachschau" in die AO eingefügt worden. Bei den drei "Nachschauen" in der Zuständigkeit der Landesfinanzbehörden handelt es sich um eine beachtliche Erweiterung der Befugnisse der Finanzverwaltung, deren wirkliche Tragweite m. E. jedenfalls damals bei Schaffung der Umsatzsteuer-Nachschau im Rahmen der Verabschiedung des Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetzes im Zuge der vielen anderen Änderungen (wie § 370a AO und vielen weiteren Bestimmungen im UStG) wohl eher "untergegangen" ist. Das zentrale Element dieser Regelungen war und ist, dass Prüfer der Finanzbehörde einen Steuerpflichtigen ohne Vorankündigung aufsuchen können und ein Betretensrecht der Geschäftsräume sowie ein Einsichtsrecht in Geschäftsunterlagen und Daten haben, selbst wenn diese Person z. B. noch gar keine Umsatzsteuer-Voranmeldung abgegeben hat oder umsatzsteuerlich nicht erfasst ist.
Das ist in allen solchen Fällen erforderlich, in denen sich die Finanzbehörde einen unveränderten Eindruck vom "Istzustand" eines Prüfungsfalls verschaffen will, gerade in vielen Betrugssachverhalten ist das unerlässlich.