Rz. 4

Nach § 28 Abs. 5 UStG ist die Lieferung von Gas über das Erdgasnetz für alle ab dem 1.10.2022 ausgeführten Leistungen mit dem ermäßigten Steuersatz zu besteuern. Nicht festgelegt ist danach, um welche Art Gas es sich handeln muss, sodass unter die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes sowohl Erdgas als auch Biogas fallen kann.

 

Rz. 5

Nach der Gesetzesfassung ist nur die Lieferung von Gas über das Erdgasnetz von der Absenkung des Steuersatzes erfasst. In der Gesetzesbegründung[1] sowie auch noch in einem Entwurf eines Anwendungsschreibens des BMF[2] war noch ausdrücklich die Lieferung über andere Vertriebswege (z. B. mit Tankwagen oder in Kartuschen) von der Absenkung des Steuersatzes ausgeschlossen worden. Nach dem endgültigen Anwendungsschreiben[3] ist dagegen ausdrücklich auch die Lieferung von Gas mit dem ermäßigten Steuersatz zu besteuern, das vom leistenden Unternehmer per Tanklastwagen zum Leistungsempfänger für die Wärmeerzeugung transportiert wird. Im Ergebnis ist dies zutreffend, da es nach dem Regelungszweck nicht nachvollziehbar wäre, wenn aufgrund der stark gestiegenen Gaspreise die Lieferung von Erdgas über das Erdgasnetz steuerlich begünstigt wird, die Lieferung in Tankwagen (z. B. zur Versorgung in nicht durch ein Gasnetz erschlossenen Außengebieten) aber weiterhin dem Regelsteuersatz nach § 12 Abs. 1 UStG unterliegen würde. Die von der Finanzverwaltung vorgenommene Anwendung geht aber über die gesetzlichen Regelungen hinaus und wird von der verabschiedeten Gesetzesfassung nicht mit erfasst.

 

Rz. 6

Unter die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes fallen auch in der Zeit vom 1.10.2022 bis 31.3.2024:[4]

  • Die Einspeisung von Gas in das Erdgasnetz.
  • Die Herstellung eines Hausanschlusses für die Gasversorgung. Dies entspricht auch den Grundsätzen für die Herstellung von Hauswasseranschlüssen für die Trinkwasserversorgung, da der BFH[5] festgestellt hatte, dass unter die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für die "Lieferung von Trinkwasser" auch das Legen eines Hauswasseranschlusses fällt, selbst wenn diese Leistung nicht von dem Wasserversorgungsunternehmen erbracht wird, das das Wasser liefert.
  • Die Mehr-/Mindermengen-Abrechnung von Gas auf Ebene des Ausspeisenetzbetreibers sowohl im Verhältnis zum Transportkunden als auch im Verhältnis zum Marktgebietsverantwortlichen.
 

Rz. 7

Nicht unter die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes als "Lieferung von Gas" fallen davon unabhängige Leistungen, insbesondere die Ausführung von sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit dem Gastransport, die nicht Teil der Gaslieferung sind. Damit unterliegen eigenständig ausgeführte Leistungen, wie Gastransport, Dienstleistungen i.Z.m. dem Erdgasnetz, Netznutzungsentgelte oder Leistungen i.Z.m. der Gasspeicherung, dem Regelsteuersatz nach § 12 Abs. 1 UStG.

 

Rz. 8

Die Absenkung des Steuersatzes auf die Lieferung von Gas über das Erdgasnetz kann sich nur auf die Umsatzsteuer beziehen, die durch steuerbare und steuerpflichtige Lieferungen im Inland ausgelöst wird. Der Ort der Lieferung bestimmt sich dabei nach § 3g UStG und ist bei einer Lieferung an einen Wiederverkäufer dort, wo der Leistungsempfänger sein Unternehmen betreibt[6] bzw. bei der Lieferung an einen Verbraucher dort, wo der Verbrauch stattfindet (§ 3g Abs. 2 UStG). Einen innergemeinschaftlichen Erwerb kann es bei der Lieferung von Gas durch ein Gasnetz wegen der Besonderheiten beim Ort der Lieferung nicht geben.[7] Bei einer steuerbaren Einfuhr von Gas über das Erdgasnetz kommt es systembedingt zu einer Steuerbefreiung[8], sodass es nicht zur Anwendung eines Steuersatzes kommen kann.

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