Rz. 350
Der Tatbestand des § 3a Abs. 4 S. 2 Nr. 3 UStG regelt allgemein gesagt die sog. Beratungsleistungen; unionsrechtlich beruht sie auf Art. 59 Buchst. c MwStSystRL. Diese Regelung war unter der bis zum 31.12.2009 geltenden Fassung des § 3a UStG ausgesprochen praxisrelevant, sie hat zu einer Vielzahl von Abgrenzungsfragen geführt. Heute kommt ihr diese Bedeutung (zum Glück) nicht mehr zu (Rz. 46ff.), weil der Leistungsort bei Beratungsleistungen zwischen Unternehmern nunmehr in § 3a Abs. 2 UStG seine Regelung findet und derartige "Beratungsleistungen" sehr häufig zwischen Unternehmern erbracht werden. § 3a Abs. 4 S. 2 Nr. 3 UStG findet also nur Anwendung, wenn die Beratungsleistung an einen Nichtunternehmer im Drittlandsgebiet erfolgt.
Der deutsche Rechtsanwalt A berät den Schweizer Rentner B über eine Erbschaftsangelegenheit der in Deutschland wohnhaften und verstorbenen Schwester des B.
Rz. 351
Erste Voraussetzung für die Verlegung des Leistungsorts zum Sitz des Empfängers der Leistung ist dabei, dass die Beratungsleistung die Hauptleistung und nicht nur eine unselbstständige Nebenleistung – z. B. eine Werklieferung – darstellt. Die Vorschrift erfasst dabei nicht nur die Freiberufler des deutschen Steuerrechts, sondern u. U. auch Gewerbetreibende, sofern diese die genannten Beratungsleistungen erbringen. Es kommt auch nicht auf die Rechtsform des Unternehmens an, welches die Leistung erbringt; dies folgt aus dem Gleichheitssatz.
Rz. 352
Die unionsrechtliche Grundlage in Art. 59 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL nennt etwas abweichend von § 3a Abs. 4 S. 2 Nr. 3 UStG Leistungen von Beratern, Ingenieuren, Studienbüros (was es im deutschen Recht nicht gibt), Anwälten, Buchprüfern und sonstige ähnliche Leistungen sowie die Datenverarbeitung und die Überlassung von Informationen. Bei Auslegungsfragen, die vom EuGH zu beurteilen sind, können diese Unterschiede zum nationalen Recht durchaus von ausschlaggebender Bedeutung sein.
Rz. 353
Nach der Rechtsprechung des BFH ist dabei die berufstypische Tätigkeit maßgebend. Der EuGH spricht in einer inhaltlich sehr ähnlichen Form davon, dass die jeweilige Leistung hauptsächlich und gewöhnlich im Rahmen der aufgeführten Berufe erbracht werden muss. Es ist allerdings nicht erforderlich, dass es sich hierbei um Beratungsleistungen i. e. S. handelt.
Rz. 354
Nicht berufstypisch sind solche Tätigkeiten, die zwar häufig von den in § 3a Abs. 4 S. 2 Nr. 3 UStG aufgezählten Berufsgruppen ausgeführt werden, die aber auch von anderen Unternehmern erbracht werden können, wie z. B. die Vermögensverwaltung, die Testamentsvollstreckung, die Schadensregulierung bei Kraftfahrzeugschäden ausländischer Versicherungsnehmer sowie die Geschäftsführung von Unternehmensverbänden. Gleiches gilt nach der Rechtsprechung des EuGH auch für die Tätigkeit eines Schiedsrichters nach der deutschen Regelung der §§ 1025ff. ZPO. Zu beachten ist allerdings, dass im Gefolge derartiger nicht berufstypischer Leistungen solche Leistungen erbracht werden können, die den berufstypischen Tätigkeiten entsprechen und insoweit den Anwendungsbereich des § 3a Abs. 4 S. 2 Nr. 3 UStG eröffnen können. Dies setzt aber voraus, dass sich diese Leistungen voneinander abgrenzen lassen.
Rz. 355–356 einstweilen frei