Rz. 4
§ 4 Nr. 29 UStG wurde durch Art. 12 Nr. 5 Buchst. h des Gesetzes v. 12.12.2019 erstmals in das UStG eingefügt, und zwar mWv 1.1.2020.
Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. d UStG wurde zum 1.1.2020 aufgehoben. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. d UStG wird ab 1.1.2020 für die nach dieser Vorschrift begünstigten Umsätze nach den Voraussetzungen von § 4 Nr. 29 UStG fortgeführt.
§ 4 Nr. 29 UStG steht in einem gewissen Konkurrenzzusammenhang mit § 2b Abs. 3 UStG.
Rz. 5
Eine vergleichbare Vorschrift hatte es vorher (beschränkt auf Kooperationsleistungen im Gesundheitssektor) nur in Form von § 4 Nr. 14 Buchst. d UStG i. d. F. bis 31.12.2019 (steuerfrei waren danach sonstige Leistungen von Gemeinschaften, deren Mitglieder Angehörige der in § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG bezeichneten Berufe oder Einrichtungen i. S. d. § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG sind, gegenüber ihren Mitgliedern, soweit diese Leistungen für unmittelbare Zwecke der Ausübung der Tätigkeiten nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG oder § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG verwendet werden und die Gemeinschaft von ihren Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten fordert) und davor in Form von § 4 Nr. 14 S. 2 UStG i. d. F. bis 31.12.2008 (steuerfrei waren danach auch die sonstigen Leistungen von Gemeinschaften, deren Mitglieder Angehörige der in § 4 Nr. 14 S. 1 UStG bezeichneten Berufe sind, gegenüber ihren Mitgliedern, soweit diese Leistungen unmittelbar zur Ausführung der nach § 4 Nr. 14 S 1 UStG steuerfreien Umsätze verwendet werden) gegeben.
Rz. 6
Der Bundesrat hatte bereits 2009 in seiner Stellungnahme zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung der Finanzmarktstabilisierung und 2010 in seiner Stellungnahme zu dem Entwurf des JStG 2010 die Einführung einer Umsatzsteuerbefreiung für Leistungen von Personenzusammenschlüssen an ihre Mitglieder im Bereich des Banken- und Versicherungswesens für unmittelbare Zwecke ihrer steuerfreien Finanz- und Versicherungsumsätze (sog. Kreditfabriken, § 4 Nr. 29 UStG) gefordert. Die Bundesregierung hatte seinerzeit in ihrer Gegenäußerung im Gesetzgebungsverfahren zum JStG 2010 lediglich zugesagt, den Vorschlag zu prüfen. Zwar war die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 29 UStG im Vermittlungsverfahren für das JStG 2010 wieder aufgenommen worden. Danach sollten ab 1.1.2011 folgende Leistungen steuerfrei sein: sonstige Leistungen von Gemeinschaften, deren Mitglieder überwiegend steuerfreie Leistungen der in § 4 Nr. 8 UStG und / oder § 4 Nr. 10 UStG bezeichneten Art erbringen, gegenüber ihren Mitgliedern, soweit diese sonstigen Leistungen für unmittelbare Zwecke der Ausführung von steuerfreien Leistungen der in § 4 Nr. 8 UStG und / oder § 4 Nr. 10 UStG bezeichneten Art verwendet werden und die Gemeinschaft von ihren Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten fordert. Letztlich wurde die Steuerbefreiung aber doch nicht in das JStG 2010 aufgenommen.
Rz. 7
Die Einfügung von § 4 Nr. 29 UStG zum 1.1.2020 folgte der EuGH-Rechtsprechung, mit der Deutschland auf Klage der EU-Kommission wegen Verstoßes gegen Art. 132 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL verurteilt worden war. Der EuGH hatte festgestellt, dass Deutschland dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Art. 132 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL verstoßen hatte, dass es die Mehrwertsteuerbefreiung auf Personenzusammenschlüsse beschränkt, deren Mitglieder eine begrenzte Anzahl von Berufen ausüben. Gleichzeitig hatte der EuGH entschieden, dass sich die Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL nur auf Personenzusammenschlüsse bezieht, deren Mitglieder die in Art. 132 Abs. 1 MwStSystRL aufgeführten, dem Gemeinwohl dienenden Tätigkeiten ausüben und dass die Steuerbefreiung nicht auf Personenzusammenschlüsse im Bereich der Versicherungen und Finanzdienstleistungen anwendbar ist. Die Einfügung des § 4 Nr. 29 UStG zum 1.1.2020 in das Gesetz trägt diesen Vorgaben des EuGH Rechnung.
Rz. 8
Vorher war Deutschland der Auffassung gewesen, die Beschränkung im deutschen Recht auf sog. Apparate-Gemeinschaften nach § 4 Nr. 14 Buchst. d UStG i. d. F. bis 31.12.2019 bzw. nach § 4 Nr. 14 S. 2 UStG i. d. F. bis 31.12.2008 sei dadurch gerechtfertigt, dass es dem deutschen Gesetzgeber zustehe, zu prüfen, welche Berufsgruppen in den Genuss der Befreiung für Personenzusammenschlüsse kommen sollen, ohne dass es zu einer Wettbewerbsverzerrung komme. Eine Prüfung durch den deutschen Gesetzgeber habe ergeben, dass allein für den Bereich des Gesundheitswesens eine Befreiung gerechtfertigt sei.
Rz. 9
Allerdings hatte der BFH in der Vergangenheit dem Gesetzgeber indirekt bereits nahegelegt, entgegen dem Wortlaut des § 4 UStG die Befreiung aufgrund unmittelbarer Anwendbarkeit des Unionsrechts auch auf Zusammenschlüsse anderer, nicht von § 4 erfasster Berufssparten zu erstrecken. Der BFH war der Auffassung, dass auch Zusammenschlüsse von Einrichtungen im Bereich der Sozialfürsorge, wie von ...