Rz. 49
§ 4 Nr. 28 UStG gilt nicht für die Lieferung von Gegenständen, für die der Unternehmer aus anderen Gründen als nach § 15 Abs. 1a UStG oder § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG keinen Vorsteuerabzug hatte, z. B. bei von Privatpersonen erworbenen Gegenständen, die dem Unternehmen zugeordnet und später veräußert werden. Der EuGH hatte im Urteil v. 5.12.1989 dargelegt, dass das Unionsrecht nicht verletzt ist, wenn der Verkäufer eines gebrauchten Gegenstands, den dieser von einer Privatperson zum Zweck des Wiederverkaufs erworben hat, die im Ankaufspreis des Gegenstands enthaltene MwSt nicht abziehen kann. Solange eine unionsrechtliche Regelung nicht bestand, waren die Mitgliedstaaten gem. Art. 32 S. 2 der 6. EG-Richtlinie zwar berechtigt, Sonderregelungen für die Besteuerung von Gebrauchtgegenständen beizubehalten; eine Pflicht zur Einführung einer derartigen Sonderregelung bestand aber nicht. Mit der Einführung der Differenzbesteuerung hat sich das Problem einer etwaigen Doppelbesteuerung jedoch entschärft. Zur unionsrechtlichen Nichtanwendung von § 4 Nr. 28 UStG bei fehlender Vorsteuerabzugsberechtigung wegen des Erwerbs des (später veräußerten) Gegenstands von einer Privatperson vgl. auch EuGH v. 8.12.2005.
§ 4 Nr. 28 UStG gilt auch nicht für Lieferungen von Gegenständen, die vorher ausschließlich für Zwecke einer hoheitlichen Tätigkeit einer Einrichtung des öffentlichen Rechts genutzt wurden, auch wenn der Veräußerer deshalb bei Anschaffung des Gegenstands kein Recht auf Vorsteuerabzug hatte.
Der BFH scheint aber mittlerweile dahin zu tendieren, dass § 4 Nr. 28 UStG (wenn die weiteren Voraussetzungen vorliegen) unabhängig von der Unternehmerstellung des Veräußerers im Zeitpunkt des Erwerbs der veräußerten Gegenstände anwendbar ist.
Unionsrechtlich dürfte eine solch weite Auslegung von § 4 Nr. 28 UStG kaum haltbar sein. Das Unionsrecht schränkt die Steuerbefreiung auf Lieferungen ein, die ausschließlich für eine steuerfreie (d. h. unternehmerische) Tätigkeit bestimmt waren und deshalb der Vorsteuerabzug im Erwerbszeitpunkt nicht in Betracht kam.
Rz. 50
Zur Steuerbarkeit der Lieferung von Gegenständen, für die der Unternehmer aus anderen Gründen als nach § 15 Abs. 1a UStG oder § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG keinen Vorsteuerabzug hatte, vgl. EuGH v. 8.3.2001. Danach kann der Unternehmer ein Investitionsgut, das er sowohl für unternehmerische als auch für private Zwecke erwirbt, in vollem Umfang in seinem Privatvermögen belassen und dadurch vollständig dem Mehrwertsteuersystem entziehen. Die Veräußerung eines Investitionsguts, das der Unternehmer in vollem Umfang seinem Unternehmensvermögen zugeführt hat und das er sowohl unternehmerisch als auch privat nutzt, ist jedoch steuerbar. Hat der Unternehmer nur den unternehmerisch genutzten Teil des Gegenstands seinem Unternehmensvermögen zugeführt, unterliegt nur die Veräußerung dieses Teils der USt. Der Umstand, dass der Unternehmer den Gegenstand gebraucht von einer Privatperson erworben hat und daher nicht die auf dem Gegenstand lastende restliche Vorsteuer abziehen konnte, ist insoweit ohne Bedeutung. Entnimmt der Unternehmer den Gegenstand vor der Veräußerung ins Privatvermögen, ist die Entnahme (mangels Vorsteuerabzugs bei Erwerb) nicht steuerbar. Eine die Steuerpflicht auslösende Veräußerung aus privater Hand erworbener Gegenstände kann somit durch eine vorherige Entnahme umgangen werden.