Rz. 177

Mit dem EuGH-Urteil v. 5.5.1994[1] zur Bemessungsgrundlage von Umsätzen aus Geldspielgeräten mit Gewinnmöglichkeit war eine jahrelange Auseinandersetzung um die rechtliche Bewertung beendet worden. Die Finanzverwaltung hatte mit dem BFH die Auffassung vertreten, dass Entgelt für die Überlassung des Geldspielgeräts und für die Einräumung der Gewinnmöglichkeit der zum jeweiligen Spiel berechtigende Geldumsatz abzüglich der USt ist, und dass Gewinne das Entgelt nicht mindern.[2] Der EuGH hat dagegen entschieden, dass Bemessungsgrundlage für die Umsätze des Betreibers von Geldspielgeräten mit Gewinnmöglichkeit nur der Teil der Einsätze ist, über den der Betreiber verfügen kann (Kasseninhalt). Somit gehört bei Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit nur der Teil der Einsätze zum Entgelt, nach dem der Umsatz bemessen wird, über den der Betreiber effektiv verfügen kann. Der gesetzlich festgelegte Teil der Gesamtheit der Spieleinsätze, der dem an die Spieler ausgezahlten Gewinnen entspricht, gehört nicht zur Bemessungsgrundlage. Von dem Teil der Einnahmen, der in die Kasse der Spielgeräte gelangt, ist nur die USt selbst in Abzug zu bringen. Dies ergibt sich aus der Legaldefinition des Entgelts, die nicht vorsieht, dass die Bruttoeinnahmen um andere Steuern und Abgaben zu mindern sind als um die USt. Daher kann die Vergnügungsteuer beim Betrieb von Glücksspielgeräten nicht aus der Bemessungsgrundlage der USt herausgerechnet werden.[3]

 

Rz. 178

In der Folgezeit hat sich die Rechtsprechung zu anderen Sachverhalten hinsichtlich der Bemessungsgrundlage wie folgt geäußert:

Roulettespiel: Der BFH hat mit Urteil v. 30.1.1997[4] entschieden, dass bei einem (illegal betriebenen) Roulettespiel das umsatzsteuerpflichtige Entgelt nur in dem Anteil der Spieleinsätze besteht, der nicht wieder an die Spieler ausgeschüttet wird. Er hat dies im Wesentlichen mit dem EuGH-Urteil zu Geldspielautomaten v. 5.5.1994[5] begründet. Der BFH weist darauf hin, dass eine Beschränkung der vom EuGH für die Bestimmung der Besteuerungsgrundlage aufgestellten Grundsätze auf Umsätze mittels Geldspielautomaten nicht gerechtfertigt ist. Die Ausführungen des EuGH zur Besteuerungsgrundlage würden vielmehr über die Besonderheiten von Geldspielautomatenumsätzen hinausgehen, weil er sie aus einer in Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-Richtlinie enthaltenen allgemeinen Regel entwickelt habe.

Backgammonspiele: Auch im Urteil v. 20.1.1997[6] zur Bemessungsgrundlage beim Glücksspiel Backgammon stützt sich der BFH auf das EuGH-Urteil zu Geldspielautomaten. Es stehe von vornherein zwingend fest, dass das von den Spielern an den Veranstalter entrichtete Startgeld unter ihnen "ausgespielt" wird und dem Veranstalter nicht als Gegenleistung verbleibt. Zwar sei dies nicht gesetzlich festgelegt und werde nicht durch einen Mechanismus wie in einem Geldspielautomaten gewährleistet. Weil das Umsatzsteuerrecht in Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-Richtlinie aber auf verwirklichte Sachverhalte abstellt und die verpflichtenden Bestimmungen nur Beweisanzeichen für den wirklichen Geschehensablauf sind, sei unerheblich, ob der Unternehmer durch Gesetz oder durch Vertrag verpflichtet wird, einen Teil der von den Empfängern seiner Dienstleistung aufgewendeten Einnahmen diesen wieder zuzuwenden.

Berufskartenspieler: Nur der Spielgewinn soll die Besteuerungsgrundlage sein.[7]

Ratewettbewerb: Die Besteuerungsgrundlage richtet sich nach dem, was der Teilnehmer aufwendet. Wenn unabdingbare Voraussetzungen für die Teilnahme an dem Ratespiel die Entrichtung einer Teilnahmegebühr ist und sich die Wahrscheinlichkeit eines Gewinns nach deren Höhe richtet (je höher die Teilnehmergebühr, desto höher eine Gewinnwahrscheinlichkeit), ist der erforderliche innere Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung gegeben.[8]

Online-Glücksspiele: Nach (bis 30.6.2021) geltender Verwaltungsauffassung ist bei Umsätzen von Online-Glücksspielanbietern, bei denen diese kein wirtschaftliches Spielrisiko tragen und nur für die Spieldurchführung verantwortlich sind (z. B. Poker), die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage nach der vom Spieler zu leistenden Spielgebühr zu bemessen. Zur Einbeziehung von Online-Poker in die Online-Pokersteuer ab 1.7.2021 mit entspr. Folge der Anwendbarkeit der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG vgl. Rz. 139d ff. Bei Umsätzen von Online-Glücksspielanbietern, bei denen diese ein wirtschaftliches Spielrisiko tragen und selbst am Spiel teilnehmen (z. B. Roulette), ist der Bruttospielertrag als umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage heranzuziehen.

 

Rz. 179

Bemessungsgrundlage für Umsätze aus der Veranstaltung eines Wettbewerbs ist der Gesamtbetrag der vom Veranstalter eingenommenen Teilnahmegebühren, wenn der Veranstalter über diese Beträge frei verfügen kann.[9] Wettumsätze eines Renntaubenzuchtvereins mit der Veranstaltung von Brieftaubenwettflügen sind daher mit den vollen Wetteinsätzen (ohne Abzug der wieder ausgeschütteten Gewinne) zu versteuern.

 

Rz. 18...

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