Rz. 139b
Ab 1.7.2021 unterliegen nach § 36 RennwLottG (i. d. F. ab 1.7.2021) im Internet angebotene Nachbildungen terrestrischer Automatenspiele (virtuelle Automatenspiele) der Virtuellen Automatensteuer, wenn sie im Geltungsbereich des RennwLottG veranstaltet werden. Dies ist der Fall, wenn 1. der Veranstalter des virtuellen Automatenspiels bei Abschluss des Spielvertrags seinen Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt, Ort der Geschäftsleitung oder Sitz im Geltungsbereich des RennwLottG hat oder 2. der Spieler die zur Entstehung des Spielvertrags erforderlichen Handlungen im Geltungsbereich des RennwLottG vornimmt. Der virtuellen Automatensteuer unterliegen nicht das terrestrische Automatenspiel sowie im Internet angebotene Nachbildungen des terrestrischen Automatenspiels, die nur an bestimmten, ortsgebundenen Eingabegeräten gespielt werden können.
Somit werden grundsätzlich im Inland ansässige Veranstalter zur virtuellen Automatenbesteuerung herangezogen, unabhängig vom Standort des Spielers. Für im Ausland ansässige Veranstalter wird der Veranstaltungsort in den Geltungsbereich des RennwLottG verlagert. Dies erfolgt in der Weise, dass der Ort der Abgabe der Willenserklärung des Spielers als Veranstaltungsort des virtuellen Automatenspiels bestimmt wird. Entscheidend ist hierbei die physische Anwesenheit des Spielers im Inland. Die Besteuerung erfolgt unabhängig davon, ob die Veranstaltung virtuellen Automatenspiels nach dem Glücksspielstaatsvertrag erlaubt ist (vgl. § 40 AO) oder dieses virtuelle Automatenspiel auch im Ausland besteuert wird.
Die Bemessungsgrundlage der virtuellen Automatensteuer ist der geleistete Spieleinsatz abzüglich der virtuellen Automatensteuer. Der geleistete Spieleinsatz umfasst sämtliche Aufwendungen des Spielers zur Teilnahme am virtuellen Automatenspiel nach § 36 RennwLottG (i. d. F. ab 1.7.2021). Die virtuelle Automatensteuer beträgt 5,3 % der Bemessungsgrundlage. Steuerschuldner ist der Veranstalter des virtuellen Automatenspiels. Veranstalter ist, wer die planmäßige Ausführung des gesamten Unternehmens selbst oder durch andere ins Werk setzt und dabei das Spielgeschehen maßgeblich gestaltet. Die virtuelle Automatensteuer entsteht mit der Leistung des Spieleinsatzes.
Rz. 139c
Folge der Besteuerung virtueller Automatenspiele mit der virtuellen Automatensteuer ist – im Gegensatz zu der Umsatzsteuerpflicht bei terrestrischem Automatenspiel (z. B. solchem in Gaststätten oder in Spielhallen) – entsprechend eine Steuerbefreiung solcher Spiele nach § 4 Nr. 9 UStG. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass terrestrisches und virtuelles Automatenspiel nicht miteinander vergleichbar ist. Die Gesetzesbegründung zu dem RennwLottG (i. d. F. ab 1.7.2021) führt insoweit aus, dass sich die Online-Angebote von terrestrischen Angeboten ihrer Natur nach bereits grundlegend unterscheiden, trotz u. a. einer oberflächlichen Ähnlichkeit in der Optik. Online-Angebote seien regelmäßig günstiger zu betreiben und ermöglichen wirtschaftlich effizientere Kalkulationen, weil u. a. das Vorhalten physischer Geräte oder von Lokalitäten entfällt. Weiterhin biete die ständige und ortsungebundene Verfügbarkeit von Online-Angeboten, insbesondere durch mobile Endgeräte, für die Spieler ein permanent verfügbares Erlebnis, dem sich terrestrische Angebote durch ihre Ortsgebundenheit entzögen. Hieraus ergebe sich zugleich ein potenziell erheblich größerer Kundenkreis. Aus diesen Gründen seien diese Online-Angebote auch hinsichtlich ihrer Spielsucht erzeugenden Aspekte anders einzustufen, als die terrestrischen Angebote, z. B. in Spielhallen. Der BFH hat sich in seiner ADV-Entscheidung v. 26.9.2022 dieser Auffassung bzw. Nichtvergleichbarkeit der beiden Spielarten angeschlossen.