Dipl.-Finanzwirt Christian Ollick
Leitsatz
Schwimmende Konferenzanlagen sind keine Gebäude, da sie weder durch ein Fundament fest mit dem Grund und Boden verbunden sind, noch mit ihrem Eigengewicht auf dem Grund und Boden ruhen. Aus dem Urteil des FG Hamburg folgt, dass für solche Floating-Anlagen keine Grundsteuer anfällt.
Sachverhalt
Die Eigentümerin eines schwimmenden Konferenz- und Eventzentrums wehrt sich gegen einen Einheitswertbescheid ihres Finanzamts, in dem die Anlage als Gebäude auf fremdem Grund und Boden behandelt wird. Die sog. Floating-Anlage bestand aus drei Schwimmkörpern mit den Bereichen "Terrasse", "Lounge" und "Conference" und lag auf dem Hamburger Mittelkanal.
Entscheidung
Die schwimmende Anlage ist kein Gebäude auf fremdem Grund und Boden, da es an einer festen Verbindung mit dem Grund und Boden fehlt. Unerheblich ist, inwieweit die Anlage mit Ankern, Ketten, Leinen und Pfahlschlössern auf dem Gewässer befestigt ist. Weder ein Anker noch eine vertikal bewegliche Befestigung stellt eine bewertungsrechtlich relevante feste Verbindung mit der Bodenfläche her. Dasselbe gilt für bewegliche Versorgungsleitungen zum Ufer. Selbst wenn ein Schwimmkörper ortsfest gemacht wird, bleibt er weiterhin vertikal mobil, um Wasserstandsschwankungen auszugleichen. Er kann trotz der Ortsfestigkeit jederzeit an einen anderen Ort geschleppt werden. Seine Beweglichkeit bleibt auch dann erhalten, wenn die Anlage aufgrund umgebender (niedriger) Kanalbrücken nur eingeschränkt weggeschleppt werden kann. Am Beispiel des Schiffs "Rickmer Rickmers" stellt das FG zudem klar, dass auch eine jahrelange stationäre Nutzung die Eigenschaft als Schwimmkörper oder Schiff unberührt lässt. Wie die Richter bei einer Ortsbesichtigung feststellten, mangelt es zudem an Standfestigkeit, da die Anlage bereits bei kleinen vorbeifahrenden Booten zu Schwanken beginnt.
Hinweis
Das Urteil gilt als erster Musterprozess zu dieser Thematik und führt dazu, dass für schwimmende Anlagen keine Grundsteuer anfällt. Neben schwimmenden Konferenz- und Gastronomieanlagen ist die Entscheidung auch für Hausboote (Floating Homes) und Wohnschiffe von Bedeutung.
Die Revision ist beim BFH unter dem Aktenzeichen II R 27/10 anhängig. Aufgrund der grundsteuerlichen Auswirkung ist das Urteil für die Praxis von großer Bedeutung.
Link zur Entscheidung
FG Hamburg, Urteil vom 20.04.2010, 3 K 18/10