OFD Frankfurt, Verfügung v. 1.4.2005, S 2253 A - 84 - St II 2.02
1. Grundsätze
Einnahmen und Werbungskosten sind den Miteigentümern grundsätzlich im Verhältnis der nach bürgerlichem Recht anzusetzenden Anteile zuzurechnen. Ausnahmen hiervon sind nur möglich, wenn die Miteigentümer abweichende Vereinbarungen getroffen haben, die bürgerlich-rechtlich wirksam sind und für die wirtschaftlich vernünftige Gründe vorliegen, die grundstücksbezogen sind (R 164 Abs. 1 EStR 2003).
2. Eigennutzung durch Miteigentümer
2.1 Werden einem Miteigentümer (oder dessen Ehegatten) Räumlichkeiten von einem oder mehreren Miteigentümern entgeltlich überlassen, so ist das Mietverhältnis steuerlich nicht anzuerkennen, soweit die überlassene Fläche seinem Miteigentumsanteil entspricht (R 164 Abs. 2 EStR 2003). Insoweit bleiben Einnahmen und Werbungskosten bei der Ermittlung der Einkünfte außer Ansatz.
2.2 Übersteigt die überlassene Fläche den Miteigentumsanteil und erfolgt die Überlassung entgeltlich, so ist hinsichtlich des übersteigenden Teils das Mitverhältnis auch steuerlich anzuerkennen (R 164 Abs. 2 EStR 2003). Einnahmen inklusive Umlagen sowie Werbungskosten sind in die Ermittlung der Einkünfte einzubeziehen und einheitlich und gesondert festzustellen. Die Zurechnung dieser Einkünfte erfolgt bei den überlassenden Miteigentümern jeweils im Verhältnis des Miteigentumsanteils zur Summe der Anteile der betroffenen Mitunternehmer.
2.3 Übersteigt die überlassene Fläche den Miteigentumsanteil und erfolgt die Überlassung unentgeltlich, so ist zu prüfen, ob aus privaten Erwägungen insoweit keine Einnahmeerzielungsabsicht besteht. Ist dies der Fall, so ist insoweit auch der Werbungskostenabzug ausgeschlossen (Hessisches FG vom 29.11.2001, 12 K 3645/98).
2.4 Erfolgt parallel zur Eigennutzung von Räumen durch Miteigentümer auch eine Fremdvermietung, so ist nach dem BFH-Urteil vom 18.5.2004, IX R 49/02, BStBl 2004 II S. 929, zunächst zu prüfen, wer die entsprechenden Einkünfte erzielt. Den objektiven Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung verwirklicht, wer die rechtliche oder tatsächliche Macht hat, eines der in § 21 Abs. 1 EStG genannten Wirtschaftsgüter anderen entgeltlich auf Zeit zur Nutzung zu überlassen und Träger der Rechte und Pflichten aus einem Miet- oder Pachtvertrag ist. Bei Miteigentümern muss dementsprechend zunächst geprüft werden, ob diese unbewegliches Vermögen gemeinschaftlich vermieten und somit den objektiven Tatbestand des § 21 Abs. 1 Satz 1 EStG gemeinschaftlich verwirklicht haben oder ob dies nur für einen Teil der Miteigentümer zutrifft.
Festzustellen, wer den Tatbestand der Einkünfteerzielung erfüllt hat, ist vorrangig gegenüber der Frage nach der Zurechnung gemeinschaftlich erzielter Einkünfte. Diese stellt sich nicht mehr, wenn nur ein Miteigentümer allein die Einkünfte erzielt. Erfolgt neben der Eigennutzung durch Miteigentümer eine Fremdvermietung durch die Grundstücksgemeinschaft als solche, liegt hinsichtlich der Fremdvermietung eine Vermietung durch alle Miteigentümer vor. Dies gilt unabhängig von der Eigennutzung durch einzelne Miteigentümer. Die Einkünfte sind dann allen Miteigentümern entsprechend ihren Miteigentumsanteilen zuzurechnen.
Beispiel nach BFH-Urteil vom 18.5.2004, IX R 49/02:
Die Geschwister A und B sind zu je 1/2 Miteigentümer eines Mehrfamilienhauses mit drei gleich großen Wohnungen. Die Anschaffungskosten für das Gebäude in Höhe von 300.000 EUR wurden von A und B entsprechend ihren Miteigentumsanteilen getragen. Die Wohnungen werden wie folgt genutzt:
EG: Vermietung durch die Grundstücksgemeinschaft an B zu eigenen Wohnzwecken,
I. OG: Unentgeltliche Überlassung an die Eltern von A und B zu eigenen Wohnzwecken,
II. OG: Vermietung durch die Grundstücksgemeinschaft an einen fremden Dritten.
Die Miete für das EG und das II. OG beträgt je 500 EUR monatlich, die Werbungskosten ohne AfA belaufen sich auf 9.000 EUR für das gesamte Gebäude.
Lösung:
Die Vermietung der EG-Wohnung an B stellt eine entgeltliche Überlassung einer Wohnung an einen Miteigentümer durch die Gemeinschaft dar. Das Mietverhältnis ist insoweit anzuerkennen, als die entgeltliche Überlassung den ideellen Miteigentumsanteil des B übersteigt, also zu 50 %. Die entsprechenden Einkünfte sind allein dem A zuzurechnen. Die Einnahmen betragen 50 % von 6.000 EUR, die AfA 50 % von 2000 EUR, die übrigen Werbungskosten 50 % von 3.000 EUR, ergibt einen Überschuss für A von 500 EUR.
Die auf die unentgeltlich an die Eltern überlassene Wohnung im I. OG entfallenden Aufwendungen bleiben außer Ansatz, da insoweit keine Einkünfteerzielungsabsicht besteht. Hinsichtlich der Wohnung im II. OG liegt – unabhängig von der Eigennutzung des EG durch B – eine Fremdvermietung durch alle Miteigentümer vor. Die Einkünfte in Höhe von 1.000 EUR sind A und B je zur Hälfte zuzurechnen.
Abwandlung:
B nutzt die Wohnung im EG in vollem Umfang unentgeltlich, die Vermietung der Wohnung im II. OG erfolgt durch A allein.
Lösung:
Für die Wohnungen im EG und im...