Leitsatz
1. Einen Anspruch auf Erstattung von Abzugsteuer (Kapitalertragsteuer/Solidaritätszuschlag) gemäß § 50d Abs. 1 Satz 2 EStG hat ein US-amerikanischer Pensionsfonds i.S. des Art. 10 Abs. 3 Buchst. b DBA‐USA 1998/2008 nur dann, wenn er nach Maßgabe nationalen Steuerrechts Gläubiger der Kapitalerträge ist und die Abzugsteuer "einbehalten und abgeführt" worden ist. Gläubiger der Kapitalerträge ist die Person, die die Einkünfte aus Kapitalvermögen (als Dividenden i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG oder als Dividendenkompensationszahlungen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG) erzielt (§ 20 Abs. 5 EStG). Dies ist die Person, der die Anteile an dem Kapitalvermögen im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG) oder des Zuflusses der Dividendenkompensationszahlung (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG) nach § 39 Abs. 1 AO zivilrechtlich oder – wenn ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über die Anteile hat – nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO wirtschaftlich zuzurechnen sind.
2. Wirtschaftliches Eigentum über die Anteile wird bei sog. Cum/Ex-Geschäften nicht erworben, wenn der Erwerb der Aktien Teil eines modellhaft aufgelegten Gesamtvertragskonzepts ist, nach welchem der zivilrechtliche Erwerber die wesentlichen mit einem Aktienerwerb verbundenen Rechte weder ausüben kann noch nach der gestalterischen Konzeption soll, er vielmehr nur die Funktion hat, seine (aufgrund Abkommensrechts gestaltungsermöglichende) Rechtsform in den Geschäftsablauf einzubringen und angesichts der umfassenden Kontrolle jedes Geschäftsdetails durch Dritte lediglich als "passiver Teilnehmer" ("Transaktionsvehikel") im Geschäftsablauf anzusehen ist. Ob sich die maßgebenden Transaktionen "außerbörslich" (Erwerb von sog. Single Stock Futures mit nachfolgender Abwicklung über die Eurex Clearing AG) oder "börslich" (im Rahmen sog. Schlussauktionen) abgespielt haben, ist insoweit ohne Bedeutung.
Normenkette
§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 1 und 4, Abs. 5, § 50d Abs. 1 Satz 2 EStG, § 39 AO, Art. 10 Abs. 3 Buchst. b, Art. 29 DBA‐USA 1989/2008
Sachverhalt
Der Kläger, ein US-amerikanischer Pensionsfonds, wurde zeitgleich mit zwei weiteren US-amerikanischen Pensionsfonds Anfang 2011 gegründet. Die Fonds sind zu je einem Drittel Limited Partner einer ebenfalls Anfang 2011 nach dem Recht von Gibraltar gegründeten Personengesellschaft, der B Limited Partnership (B); die Einlage des Klägers betrug ... US-Dollar. Der Kläger war (wie ebenfalls die beiden weiteren Limited Partner) von der Geschäftsführung der B – die der unbeschränkt haftenden Beteiligten ("General Partner"), der U Limited (U), oblag – ausgeschlossen. Die für Ertragsteuerzwecke als transparent qualifizierte B führte die den jeweiligen KapESt-Erstattungsanträgen zugrunde liegenden Aktientransaktionen durch.
U beauftragte die C UK Ltd. (C) als Investment-Manager (die geschäftsführenden Gesellschafter der C waren zugleich die Geschäftsführer der U) mit der Koordinierung der (An- und Verkaufs-)Geschäfte der B. Zu den für den Erwerb von Aktien eingeschalteten externen Dienstleistern gehörten darüber hinaus verschiedene sog. Interdealerbroker (als Executing-Broker) und die australische D-Bank als Clearing-Broker für Finanzinstrumente. Die Aufgabe der C bestand darin, im Auftrag von B die (außerbörslichen) Kaufaufträge bei Interdealerbrokern (als speziell dafür zugelassenen und überwachten Finanzintermediären mit direktem Zugang zur elektronischen Handelsplattform der Börsen XETRA oder EUREX) zu platzieren. Die D-Bank als sog. General-Clearing-Mitglied ging sodann mit der Eurex Clearing AG als sog. zentralen Kontrahenten (Central Counter Part) ein Deckungsgeschäft ein; mit dem Abschluss dieses Geschäfts kam es zu einer sog. abstrakten Novation, wobei einerseits unmittelbar ein Vertragsverhältnis zwischen B und der Eurex Clearing AG zustande kam und andererseits die ursprünglichen Vertragsverhältnisse erloschen ("International Uniform Brokerage Execution Services [Give-up]-Agreement"). Die rechtlichen Geschäftsbeziehungen zwischen C und B, den Interdealerbrokern und der D-Bank sind in dem zwischen diesen Parteien abgeschlossenen "Give-up-Agreement" festgelegt, das den An- und Verkauf der Finanzinstrumente sowie die Abwicklung des Wertpapiererwerbs regelt.
Alle Aktien wurden vor oder am Dividendenstichtag mit Dividendenberechtigung ("cum") gekauft, aber erst nach dem Dividendenstichtag ohne Dividende ("ex") – verbunden mit einer sog. Dividendenkompensationszahlung – geliefert. Im Streitfall ging es überwiegend um sog. Single-Stock-Future-Kontrakte, die außerbörslich bilateral geschlossen (sog. OTC [over the counter]-Geschäft) und anschließend über eine sog. "Trade-entry-Funktionalität" in das System der EUREX eingegeben wurden; eine Koordination erfolgte durch die D-Bank als sog. Prime-Broker. Es handelt sich dabei um Kaufverträge zur Lieferung und Bezahlung bestimmter Aktien deutscher Aktiengesellschaften zu einem in der Zukunft liegenden Zeitpunkt; nach d...