Zusammenfassung
Der Solidaritätszuschlag ist formell gesehen eine selbstständige Steuerart. Materiell gesehen handelt es sich jedoch um einen Zuschlag zur Einkommensteuer i. H. v. 5,5 %.
Am 12.12.2019 wurde das Gesetz zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 verkündet (BGBl 2019 I Nr. 46). Dadurch wurde die Freigrenze beim Solidaritätszuschlag mit Wirkung ab dem Veranlagungsjahr 2021 deutlich angehoben. Eine weitere Anhebung folgte für die Jahre 2023 und 2024. Auch für die Jahre 2025 und 2026 soll die Freigrenze weiter steigen. Bereits durch die Anhebung ab dem Veranlagungsjahr 2021 fällt für die meisten Steuerzahler kein Solidaritätszuschlag mehr an.
Rechtsgrundlage ist das Solidaritätszuschlaggesetz (SolZG), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Umsetzung der EU-Amtshilferichtlinie und weiteren Maßnahmen v. 22.12.2016, BStBl 2017 I S. 5 und das am 12.12.2019 verkündete Gesetz zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995, BGBl 2019 I Nr. 46. Ergänzende Änderungen gab es durch das Inflationsausgleichsgesetz (InflAusG) v. 8.12.2022, BGBl 2022 I Nr. 49 und sind durch das Steuerfortentwicklungsgesetz (vormals 2. Jahressteuergesetz 2024) i. d. F. des Regierungsentwurfs v. 9.9.2024, BT-Drucks. 20/12778, geplant.
1 Rechtscharakter
Seiner Rechtsnatur nach stellt der Solidaritätszuschlag eine selbstständige Steuer dar, die lediglich an die Einkommensteuer anknüpft. Der Einkommensteuerbescheid ist Grundlagenbescheid für den Bescheid über den Solidaritätszuschlag. Deshalb ist es im Regelfall nicht erforderlich, gegen den Bescheid über Solidaritätszuschlag gesondert Einspruch einzulegen. Anders sieht es jedoch aus, wenn dem Finanzamt gerade bei der Berechnung des Zuschlags ein Fehler unterlaufen ist, z. B. weil zustehendes Kindergeld und anzusetzende Kinderfreibeträge nicht berücksichtigt wurden. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn der Steuerpflichtige einen Bescheid über Kindergeld mit Einspruch oder Klage angreift. Dann ist regelmäßig ein zusätzlicher Einspruch gegen den Bescheid über Solidaritätszuschlag erforderlich. Die nachträgliche Festsetzung von (höherem) Kindergeld führt nämlich nicht dazu, dass ein bestandskräftiger Bescheid über Solidaritätszuschlag zugunsten des Steuerpflichtigen geändert wird.
Materiell gesehen erhöht der Solidaritätszuschlag im Ergebnis die Steuersätze bei der Einkommensteuer. Damit wächst der einkommensteuerliche Grenzsteuersatz um 5,5 %, in der Spitze von 42 % auf 44,31 % bzw., wenn – ab einem zu versteuernden Einkommen von derzeit 277.826 EUR bzw. in Fällen der Zusammenveranlagung von 555.652 EUR – die sog. "Reichensteuer" zu zahlen ist, von 45 % auf 47,48 % (für das Veranlagungsjahr 2024).
Für die Berechnung des Solidaritätszuschlags wird die Einkommensteuer um Freibeträge für Kinder (Kinderfreibetrag und zusätzlicher Freibetrag für den Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf) gemindert, auch wenn diese Freibeträge bei der Berechnung der Einkommensteuer nicht abgezogen werden, weil das Kindergeld günstiger ist. Das verringert zwar die absolute Belastung durch den Solidaritätszuschlag. Auf die Berechnung der Grenzsteuersätze hat es dagegen keinen Einfluss.
2 Bemessungsgrundlage
Bemessungsgrundlage ist grundsätzlich die festgesetzte Einkommensteuer.
Werden bei der Berechnung der Einkommensteuer aufgrund der sog. Günstigerprüfung keine Freibeträge für Kinder abgezogen, bemisst sich der Solidaritätszuschlag nicht nach der tatsächlich festgesetzten Einkommensteuer. Vielmehr ist als Bemessungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag eine fiktive Einkommensteuer zu errechnen. Dazu ist das zu versteuernde Einkommen um Freibeträge für Kinder zu mindern, auch wenn diese Freibeträge tatsächlich bei der Ermittlung der Einkommensteuer nicht angesetzt wurden. Im Einzelfall handelt es sich um den halben oder vollen Kinderfreibetrag sowie um den einheitlichen Freibetrag für Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf (für 2024: zusammen 9.312 EUR; geplant ist eine weitere rückwirkende Erhöhung des Kinderfreibetrags für das Jahr 2024 um 228 EUR).
Freibeträge für Kinder
Für einen verheirateten Arbeitnehmer errechnet sich 2024 ein zu versteuerndes Einkommen von 150.000 EUR. Dabei wurden für die beiden ehelichen Kinder keine Freibeträge abgezogen, weil das Kindergeld günstiger ist. Für die Berechnung des Solidaritätszuschlags ist das zu versteuernde Einkommen um 2 Kinderfreibeträge und 2 Freibeträge für Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf zu kürzen. Der Solidaritätszuschlag berechnet sich aus der fiktiven Einkommensteuer, die für das so gekürzte zu versteuernde Einkommen zu zahlen wäre. Auch die Milderungszone knüpft ggf. an den Betrag dieser fiktiven Einkommensteuer an.
Bei der Berechnung der Lohnsteuer bleiben Freibeträge für Kinder in jedem Fall außer Ansatz. Die dem Arbeitnehmer zustehenden Freibeträge für Kinder, die sich aus den Lohnsteuerabzugsmerkmalen ergeben...