Rz. 125

Die Rechnungslegung bei Insolvenz und Liquidation weist eine Reihe von Gemeinsamkeiten auf. Allerdings führt die Liquidation im Gegensatz zur Insolvenz immer zur Zerschlagung.

 

Rz. 126

Von der formalen Liquidation ist die sogenannte stille Liquidation abzugrenzen.[1] Unter Umständen kann die beständige Reduktion der Geschäftstätigkeit zur Vermögenslosigkeit einer Gesellschaft führen (§ 394 FamFG). Die nachgewiesene Vermögenslosigkeit ist ein Auflösungsgrund (§ 262 Abs. 1 Nr. 6 AktG, § 60 Abs. 1 Nr. 7 GmbHG). Bei einer stillen Liquidation mangelt es an einem – auch nur konkludent geschlossenen – Auflösungsbeschluss.[2] Die speziellen Abwicklungsvorschriften wie das Ausschüttungsverbot im Sperrjahr, die öffentliche Bekanntmachung und der Zusatz in den Geschäftsbriefen finden keine Anwendung.[3] Es ist auch keine spezielle Rechnungslegung erforderlich.

[1] Vgl. Winnefeld, Bilanzhandbuch, 5. Aufl. 2015, N Rz. 697; Deubert, in Deubert/Förschle/Störk, Sonderbilanzen, 6. Aufl. 2021, T Rz. 8.
[2] Vgl. BGH,Urteil v. 23.11.1998, II ZR 70/97; Deubert, in Deubert/Förschle/Störk, Sonderbilanzen, 6. Aufl. 2021, T Rz. 8.
[3] Vgl. Winnefeld, Bilanzhandbuch, 5. Aufl. 2015, N Rz. 697.

13.1 Liquidation der Personengesellschaft

13.1.1 Beginn der Liquidation

 

Rz. 127

Für die Personengesellschaft schreibt das Gesetz einen internen Status für den Beginn und die Beendigung der Liquidation vor (§ 154 HGB). Entgegen dem Wortlaut wird die Meinung vertreten, dass die Gesellschafter als „Herren des Liquidationsverfahrens“ auf die Liquidationseröffnungsbilanz verzichten können.[1]

Die Vermögensaufstellung soll den Wert des Vermögens feststellen. Es ist nicht seine Aufgabe, das Geschäftsergebnis zu ermitteln.

Es besteht – im Vergleich zu den Kapitalgesellschaften – keine Verpflichtung im Zeitpunkt der Eröffnung der Liquidation eine externe Liquidations-Eröffnungsbilanz aufzustellen.[2]

 

Rz. 128

Die Bewertung des Vermögens erfolgt zu Nettoveräußerungswerten – d. h. ohne Bindung an die historischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten.[3] Von großem Einfluss auf die Neubewertung ist die Frage, ob die Vermögensgegenstände einzeln oder ganze Betriebsteile veräußert werden.[4]

[1] Vgl. Deubert, in Deubert/Förschle/Störk, Sonderbilanzen, 6. Aufl. 2021, S Rz. 136, m. w. N.
[2] Vgl. Schmidt, Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch, 4. Aufl. 2016, § 154 Rz. 18.
[3] Vgl. Deubert, in Deubert/Förschle/Störk, Sonderbilanzen, 6. Aufl. 2021, S Rz. 142.
[4] Vgl. Deubert, in Deubert/Förschle/Störk, Sonderbilanzen, 6. Aufl. 2021, S Rz. 143.

13.1.2 Beendigung der Liquidation

 

Rz. 129

Formell besteht bei Beendigung der Liquidation eine Pflicht, einen internen Status und eine externe Schlussbilanz zu erstellen. Die externe Schlussbilanz beendet die Kette der laufenden Bilanzen. Sie baut auf der Finanzbuchführung auf und ist eine Sonderbilanz.

13.2 Liquidation der Kapitalgesellschaft

13.2.1 Beginn der Liquidation

 

Rz. 130

Zu Beginn der Liquidation haben die Liquidatoren bzw. Abwickler eine externe (Liquidations-) Eröffnungsbilanz aufzustellen (§ 71 Abs. 1 GmbHG, § 270 Abs. 1 AktG).

Aus der Erstellung einer (Liquidations-) Eröffnungsbilanz ergibt sich die Notwendigkeit, auf den Tag vor Beginn der Liquidation eine Schlussbilanz des werbenden Unternehmens zu erstellen.[1] Der Zeitraum zwischen dem letzten abgelaufenen Geschäftsjahr und der Schlussbilanz bildet das letzte (Rumpf-) Wirtschaftsjahr der werbenden Gesellschaft.

Weil die (Liquidations-) Eröffnungsbilanz auf der Finanzbuchführung basiert und Teil einer Reihe von laufenden Bilanzen ist, handelt es sich nicht um Sonderbilanzen, sondern um eine Sonderbilanz im weiteren Sinne.

 

Rz. 131

Auf die Eröffnungsbilanz sind die Vorschriften des Jahresabschlusses anzuwenden. Jedoch ist Anlagevermögen, das nicht mehr betriebsnotwendig ist oder das veräußert werden soll, wie Umlaufvermögen zu bewerten (§ 71 Abs. 2 Sätze 2, 3 GmbHG, § 270 Abs. 2 Sätze 2,3 AktG). Es beginnt ein neues Geschäftsjahr.[2]

[1] Vgl. Müller, in Münchener Kommentar GmbHG, 3. Aufl. 2018, § 71 Rz. 11.
[2] Vgl. Müller, in Münchener Kommentar GmbHG, 3. Aufl. 2018, § 71 Rz. 43.

13.2.2 Beendigung der Liquidation

 

Rz. 132

Im Vergleich zu Personengesellschaften wird bei den Kapitalgesellschaften nur eine Schlussrechnung (interner Status) zur Beendigung der Liquidation verlangt (§ 74 GmbHG, § 273 AktG). Der Liquidator soll anhand dieser Schlussrechnung Rechenschaft ablegen.[1] Es ist eine Einnahmen- und Ausgabenrechnung zu erstellen, aus der sich die Aufteilung des Reinvermögens unter den Gesellschaftern ergibt. Die in der Schlussrechnung dokumentierte Vermögenslosigkeit der Gesellschaft ist eine Voraussetzung für die Löschung der Gesellschaft im Handelsregister.[2]

 

Rz. 133

Jedoch ist auch eine (Liquidations-) Schlussbilanz zu erstellen. Sie ist zwar nicht ausdrücklich im Gesetz vorgeschrieben,[3] sie bildet aber den Schluss des letzten (Rumpf-) Geschäftsjahres.[4] Der Stichtag für die Schlussbilanz richtet sich nach dem Reifegrad des Liquidationsverfahrens ab[5] und ist der Zeitpunkt, ab dem die Voraussetzungen für die Verteilung an die Gesellschafter vorliegen.[6]

Sie ist eine Sonderbilanz. Mit den vorangegangenen Bilanzen besteht ein Bilanzzusammenhang und sie ist mit der Fin...

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