Prof. Dr. Mark Knüppel, Thomas Schwalm
8.1 Pflicht zur Veröffentlichung von Pro-forma-Finanzinformationen
Rz. 75
Die Prospekt-VO normiert die Anforderungen an den Wertpapierprospekt bei einem öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder deren Zulassung zum Handel an einem regulierten Markt. Detailliert werden diese Anforderungen durch VO EU 2019/980. Der IDW nimmt sich den Pro-Forma-Finanzinformationen in seinem RH HFA 1.004 an.
Rz. 76
Gemäß Art. 7 Abs. 6 lit. b) Nr. i) und Art. 12 Abs. 3 lit. e) der Prospekt-VO gehören gegebenenfalls die Pro-forma-Finanzinformationen zu den zu veröffentlichenden Basisinformationen des Emittenten.
Rz. 77
Nach der VO EU 2019/980 sind Pro-forma-Finanzinformationen für den Fall einer bedeutenden Brutto-Veränderung infolge einer Transaktion oder einer bedeutenden finanziellen Verpflichtung zu erstellen. Eine bedeutende Bruttoveränderung ist definiert als eine Schwankung infolge einer Transaktion von einem oder mehreren Indikatoren für den Umfang der Geschäftstätigkeit des Emittenten um mehr als 25 % (Art. 1 lit. e) VO EU 2019/980). Eine bedeutende finanzielle Verpflichtung liegt bei einer verbindlichen Vereinbarung über eine Transaktion vor, die bei einem oder mehreren Indikatoren für den Umfang der Geschäftstätigkeit des Emittenten zu einer Schwankung von mehr als 25 % führt (Art. 18 Abs. 4 VO EU 2019/980).
Rz. 78
Unter Transaktionen sind insbesondere Zu- oder Abgänge von Tochterunternehmen, Teilkonzernen oder Unternehmensteilen zu verstehen. Als Indikatoren für den Umfang der Geschäftstätigkeit kommen vordergründig die Bilanzsumme, die Umsatzerlöse und das Jahresergebnis zum Einsatz. Jedoch können – unternehmensabhängig – andere Indikatoren in die Betrachtung einbezogen werden.
Rz. 79
Die Pro-forma-Finanzinformationen sollen den (potenziellen) Anlegern die wesentlichen Auswirkungen der Transaktion(en) veranschaulichen. Die ursprünglichen Abschlüsse sind dazu nicht geeignet, weil sie die Transaktion nicht umfassen. Zur Veranschaulichung der Auswirkungen ziehen die Pro-forma-Finanzinformationen den Vergleich zwischen den ursprünglichen Abschlüssen und einem hypothetischen Abschluss, der sich ergeben hätte, wenn die Transaktion bereits zu einem früheren Zeitpunkt durchgeführt worden wäre (Anlage 20 Punkt 1.1 lit. a) Nr. iv) Sub-Nr. i) VO EU 2019/980).
Rz. 80
Die Pro-forma-Finanzinformationen sind nur für den letzten abgeschlossenen Berichtszeitraum und/oder für den letzten veröffentlichten bzw. im Prospekt aufgenommenen Zwischenberichtszeitraum erforderlich (Anlage 20 Punkt 2.2 VO EU 2019/980).
8.2 Besonderheiten bezüglich der Rechnungslegung bei Pro-forma-Finanzinformationen
Rz. 81
Pro-forma-Finanzinformationen bestehen aus einer Pro-forma-Gewinn und Verlustrechnung, Pro-forma-Bilanz sowie Pro-forma-Erläuterungen, die gegebenenfalls um eine Pro-forma-Kapitalflussrechnung zu erweitern sind.
Die Pro-forma-Finanzinformationen werden in Spaltenform dargestellt.
Rz. 82
Bei der Aufstellung der Pro-forma-Abschlüsse ist zu beachten, dass die Einzelabschlüsse nicht einfach übernommen werden können. Der Wertaufhellungszeitraum reicht bis zur Aufstellung des Pro-forma-Abschlusses. Die alten Abschlüsse sind entsprechend anzupassen.
Außerdem müssen die historischen Zahlen auf den gleichen Rechnungslegungsgrundsätzen beruhen. Unterschiedlich ausgeübte Wahlrechte sind also vor der Erstellung des Pro-forma-Abschlusses in einer Überleitungsrechnung anzupassen. Die Anpassungen der Rechnungslegungsmethode sind in einer gesonderten Spalte auszuweisen.
Rz. 83
Neben den Anpassungen der Rechnungslegungsmethode sind Pro-forma-Berichtigungen durchzuführen. Diese müssen klar ausgewiesen und erläutert sowie mit Tatsachen unterlegt werden. Auch für die Pro-forma-Berichtigungen ist eine eigene Spalte vorgesehen.
Rz. 84
Eine solche Pro-forma-Berichtigung kommt im Rahmen der Kapitalkonsolidierung bei der fiktiv vorverlegten Erstkonsolidierung in Betracht. Ist der die Pro-forma-Finanzinformation auslösende Sachverhalt der Erwerb einer Beteiligung, ist der Beteiligungsbuchwert mit den geschätzten oder tatsächlichen Anschaffungskosten einzubuchen. Jedoch sind die Anschaffungskosten um Eigenkapitalveränderungen zwischen dem Stichtag der Pro-forma Bilanz und dem Zugangszeitpunkt zu korrigieren, indem das Eigenkapital bei Erstkonsolidierung angepasst wird. Alternativ kann angenommen werden, dass keine Änderungen in diesem Zeitraum eingetreten sind. Die Gegenbuchung erfolgt gemäß der tatsächlichen Kaufpreisfinanzierung.
Rz. 85
Neben den Eigenkapitalveränderungen sind aber auch fiktive Abschreibungen während des Pro-forma-Zeitraums für im Rahmen der tatsächlichen Erstkonsolidierung aufgedeckte stille Reserven zu berücksichtigen. Diese fiktiven Abschreibungen für den Pro-forma -Zeitraum erhöhen die Buchwerte der den stillen Reserven innewohnenden Vermögensgegenstände bei der fiktiven Erstkonsolidierung. Durch diese Erhöhun...