Leitsatz
1. Preisgelder, die ein Reiter im Falle einer erfolgreichen Teilnahme an einem Turnier (vom Veranstalter oder vom Eigentümer des Pferdes) erhält, sind kein Entgelt für eine steuerbare Leistung des Reiters.
2. Die Gewährung unentgeltlicher sonstiger Leistungen aus unternehmerischen Gründen ist nicht steuerbar.
3. Aufwendungen für die Vorbereitung und Teilnahme von Pferden an Turnieren stehen bei einem Unternehmer, der einen Turnier- und Ausbildungsstall betreibt, in einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit seiner gesamten wirtschaftlichen Tätigkeit, wenn die Pferde tatsächlich für den Verkauf bestimmt sind oder die Teilnahme an Turnieren objektiv ein Mittel zur Förderung der wirtschaftlichen Tätigkeit seines Unternehmens ist.
4. Die Mindestbemessungsgrundlage des § 10 Abs. 5 UStG ist nur auf solche entgeltliche Leistungen anzuwenden, die auch bei unentgeltlicher Erbringung steuerbar wären.
5. Die vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts erster Instanz ist vom Revisionsgericht nicht von Amts wegen zu prüfen.
Normenkette
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, § 3 Abs. 9a Nr. 2, § 10 Abs. 1 Satz 2, Abs. 5, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG, Art. 2 Abs. 1 Buchst. c, Art. 26 Abs. 1 Buchst. a, Art. 73, Art. 395 Abs. 1 EGRL 112/2006 (= MwStSystRL), § 119 Nr. 1, § 120 Abs. 3 Nr. 2 FGO
Sachverhalt
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betrieb im Streitjahr (2009) einen Turnier- und Ausbildungsstall für Pferde. Dabei nahm er überwiegend mit fremden Pferden, aber auch mit Pferden, deren Miteigentümer er war (A, B und ggf. C), im In- und Ausland an Reitturnieren teil und erhielt im Falle der erfolgreichen Turnierteilnahme Preisgelder.
Bei einer Turnierteilnahme mit fremden Pferden schloss der Kläger Überlassungsvereinbarungen mit den jeweiligen Eigentümern ab, die u.a. die Turniervorbereitung der Pferde beinhaltete. Dafür erhielt der Kläger u.a. die Hälfte der gewonnenen Geldpreise. Die Preisgelder wurden vom jeweiligen Turnierveranstalter in voller Höhe an den Kläger ausgezahlt; dieser leitete nach Abzug seines Anteils den verbleibenden Betrag an den jeweiligen Eigentümer weiter.
Daneben schloss der Kläger mit den Pferdeeigentümern gesonderte Pferdeeinstellungs- und Versorgungsverträge. Für diese Pensionsleistungen erhielt der Kläger monatlich ein gesondertes fixes Entgelt.
Zu den eigenen Pferden hat das FG (lediglich) festgestellt, dass der Kläger und MX je zur Hälfte Eigentümer des Pferdes A sind. Im Pferdekaufvertrag wurde u.a. vereinbart, dass das Gewinngeld jeweils zu 50 % an MX zu zahlen ist. Der Kläger übernahm die Verpflichtung, das Pferd zu trainieren und bei Turnieren zu reiten. Der Kläger erhielt daneben von der Familie X Zahlungen für das Einstellen des Pferdes A.
Der Kläger sah zunächst die ihm verbliebenen Anteile an den Preisgeldern, soweit sie auf ausländische Turniere entfielen, als Entgelt für im Inland nicht steuerbare Umsätze an. Die Preisgelder für inländische Turniere behandelte er als Entgelte für nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG ermäßigt besteuerte Umsätze.
Das FA nahm an, die Preisgelder seien Entgelte für im Inland steuerbare und zum Regelsteuersatz steuerpflichtige Umsätze. Dies gelte auch für das Pferd A, B und C. Es ging zunächst weiter davon aus, dass der Kläger eine unentgeltliche Wertabgabe ausgeführt habe. Im Laufe des Klageverfahrens hat das FA mitgeteilt, dass der Kläger bezüglich A, B und C eine einheitliche steuerbare und steuerpflichtige Leistung an die jeweilige Eigentümer-GbR erbracht habe, auf die die Mindestbemessungsgrundlage des § 10 Abs. 5 UStG anzuwenden sei.
Der 2. Senat des FG Mecklenburg-Vorpommern (FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 17.5.2018, 2 K 6/13, Haufe-Index 12066895, EFG 2018, 1835) gab der Klage statt. An dem Urteil hat der damalige Präsident des FG mitgewirkt.
Im Revisionsverfahren rügte das FA erst am 26.4.2019 die nicht vorschriftsgemäße Besetzung des FG als Verfahrensfehler.
Entscheidung
Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück. Soweit das FA erst nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist eine Besetzungsrüge erhoben hatte, war diese unzulässig.
Hinweis
1. Ein Geldbetrag o.Ä. wird nur dann als Entgelt für eine Leistung gezahlt, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Leistung und der empfangenen Gegenleistung besteht.
Der EuGH hat dazu in der Rechtssache Baštová(Urteil vom 10.11.2016, C‐432/15, EU:C:2016:855) entschieden, die Teilnahme eines Pferds an einem Pferderennen sei keine gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung, wenn für sie kein Antrittsgeld o.Ä. gezahlt wird und nur die Eigentümer der Pferde mit einer erfolgreichen Platzierung in dem Rennen ein – sei es auch ein im Voraus festgelegtes – Preisgeld erhalten. Für den Reiter, der Teile dieses Preisgelds vom Eigentümer weitergeleitet erhält (oder im abgekürzten Zahlungsweg vorab einbehält), gilt insoweit nichts anderes.
2. Erbringt der Reiter damit im Rahmen der Turniervorbereitung und -teilnahme eine "unentgeltliche" Leistung, weil das Preisgeld kein Entgelt ist, liegt trotzdem keine steuerbare u...