Rz. 59

Da § 15 Abs. 1 UmwStG auf § 11 UmwStG verweist, besteht auch im Falle der Spaltung grundsätzlich das Bewertungswahlrecht, die übergehenden Wirtschaftsgüter zum Buchwert, Zwischenwert oder gemeinen Wert anzusetzen. § 15 UmwStG schränkt das Bewertungswahlrecht jedoch weiter ein. Neben den Voraussetzungen, die gem. § 11 Abs. 2 UmwStG für eine Buchwertfortführung zu erfüllen sind, werden in § 15 Abs. 1 und Abs. 2 UmwStG weitere Voraussetzungen an eine steuerneutrale Spaltung geknüpft:

 

Rz. 60

Liegen keine Teilbetriebe vor oder ist eine dieser Missbrauchsvermeidungsklauseln erfüllt, so ist § 11 Abs. 2 UmwStG nicht anwendbar. Die übertragende Kapitalgesellschaft hat dann kein Wahlrecht, die übergehenden Wirtschaftsgüter zu Buch-, Zwischenwerten oder den gemeinen Werten anzusetzen. Vielmehr sind die übergehenden Wirtschaftsgüter nach § 11 Abs. 1 UmwStG zwingend mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Die in den übergehenden Wirtschaftsgütern enthaltenen stillen Reserven sind damit aufzulösen und zu versteuern.

 

Rz. 61

Die Missbrauchsvermeidungsklauseln des § 15 Abs. 2 UmwStG haben keine Auswirkung auf die Möglichkeit der Anteilseigner der übertragenden Gesellschaft, ihre Anteile an der übertragenden Gesellschaft gem. § 13 Abs. 2 UmwStG steuerneutral in Anteile an der übernehmenden Gesellschaft umzutauschen. Dies gilt allerdings nicht für die Teilbetriebsvoraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 2 UmwStG. Liegen keine Teilbetriebe vor, können auch die Gesellschafter das Wahlrecht gem. § 13 Abs. 2 UmwStG nicht in Anspruch nehmen.[1]

4.2.1.1 Teilbetriebserfordernis

 

Rz. 62

Die Bewertungswahlrechte gem. § 11 Abs. 2 UmwStG und § 13 Abs. 2 UmwStG, die eine steuerneutrale Verschmelzung ermöglichen, sind somit nur dann entsprechend anwendbar, wenn es sich bei dem übertragenden Vermögensteil um einen Teilbetrieb handelt. Dabei muss auf jede aufnehmende Gesellschaft mindestens ein Teilbetrieb übertragen werden. Zur Erfüllung der Teilbetriebsvoraussetzung reicht es nicht aus, wenn ein Teilbetrieb auf mehrere übernehmende Gesellschaften aufgeteilt wird.[1] Unproblematisch für die Erfüllung der Teilbetriebsvoraussetzung ist dagegen die Übertragung von mehreren Teilbetrieben auf eine übernehmende Gesellschaft.

 

Rz. 63

Für den Fall einer Abspaltung bzw. Teilübertragung fordert § 15 Abs. 1 Satz 2 UmwStG außerdem, dass auch bei der übertragenden Kapitalgesellschaft ein Teilbetrieb oder mehrere Teilbetriebe verbleiben (sog. doppeltes Teilbetriebserfordernis).[2]

 

Rz. 64

Die Verwendung der Mehrzahl betreffend den/die übernehmenden Rechtsträger(n) (Übernehmerinnen) in Satz 2 könnte so interpretiert werden, dass die Einschränkung des § 15 Abs. 1 Satz 2 UmwStG nicht für den Fall der Übertragung auf lediglich einen übernehmenden Rechtsträger gilt, was nicht i. S. d. Gesetzgebers und daher nach h. M. als Fehlformulierung einzustufen ist.[3]

 

Rz. 65

Die Teilbetriebsvoraussetzung ist auch erfüllt, wenn Mitunternehmeranteile oder 100 %ige Anteile an Kapitalgesellschaften übertragen werden bzw. das verbleibende Vermögen konstituieren (Teilbetriebsfiktion).

 

Rz. 66

Begriff (echter) Teilbetrieb

Unter einem Teilbetrieb[4] ist national nach ständiger Rechtsprechung des BFH ein organisch geschlossener, mit einer gewissen Selbstständigkeit ausgestatteter Teil des Gesamtbetriebs zu verstehen, der für sich allein funktions- bzw. lebensfähig ist.[5]

Wesentliche Kriterien bzw. Indizien für das Vorliegen eines Teilbetriebs sind:[6]

  • ein eigener Kundenkreis und eigene Einkaufsbeziehungen;
  • Örtliche Trennung der Teilbetriebe;
  • Verwendung eigener Betriebsmittel;
  • Verwendung eigenen Personals;
  • gesonderte Buchführung oder wenigstens Kostenrechnungen.

     
    Praxis-Beispiel

    Anwendbarkeit der §§ 11–13 UmwStG bei Abspaltung auf andere Körperschaften zur Neugründung[7]

    An der HSU-GmbH, die ein Stammkapital von 50.000 EUR hat, sind die natürlichen Personen D (60 %) und S (40 %) beteiligt. Die Aktiva der HSU-GmbH umfassen u. a. ein Grundstück mit einem gemeinen Wert von 200.000 EUR. Der gemeine Wert der HSU-GmbH umfasst insgesamt 500.000 EUR. Entsprechend der Anteilsaufteilung entfallen davon 300.000 EUR (60 %) auf D und 200.000 EUR (40 %) auf S. Durch Abspaltung zur Neugründung soll das Grundstück nun auf die Lorelei-GmbH, die ein Stammkapital von 25.000 EUR hat, übertragen werden. Die im Gegenzug für die Übertragung durch die Lorelei-GmbH gewährten Anteile soll ausschließlich S erhalten. Entsprechend wird das Stammkapital der HSU-GmbH von 50.000 EUR auf 30.000 EUR herabgesetzt. Die Anteilsaufteilung vor und nach Abspaltung gestaltet sich entsprechend dem Sachverhalt wie folgt:

    Abb. 7: Anteilsaufteilung

    Da das Ansatzwahlrecht des § 11 Abs. 2 UmwStG sowie das des § 13 Abs. 2 UmwStG im Falle einer Spaltung nach § 15 Abs. 1 Satz 2 UmwStG nur greifen, sofern ein Teilbetrieb übertragen wird und im F...

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