Daniel Käshammer, Dr. Andreas Bolik
Mit dem ATAD-Umsetzungsgesetz v. 25.6.2021 (BGBl 2021 I S. 2035) wurden zum 1.1.2022 u.a. die Vorschriften zur Hinzurechnungsbesteuerung und zur Wegzugsbesteuerung neugefasst. Vor diesem und u.a. auch vor dem Hintergrund der verschärften Hinzurechnungsbesteuerung nach dem Steueroasenabwehrgesetz veröffentlichte die Finanzverwaltung am 19.7.2023 einen Entwurf für die Aktualisierung des BMF-Schreibens zu den Grundsätzen zur Anwendung des Außensteuergesetzes ("AStG-Erlass"). Er soll den bisherigen AStG-Erlass v. 14.5.2004 (BStBl 2004 I S. 3) ersetzen.
Die Vorschrift des § 6 AStG bestimmt für natürliche Personen, dass es u.a. zu einer Veräußerungsgewinnbesteuerung bei Anteilen an Kapitalgesellschaften im Privatvermögen kommt, wenn die unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland infolge der Aufgabe des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts endet. Bei einer nur vorübergehenden Abwesenheit entfällt aber der Steueranspruch aufgrund der sog. Wegzugsbesteuerung.
Der Entwurf enthält u.a. Ausführungen zu den Fragen rund um die sog. "Rückkehrregelung" (Rückkehrabsicht und tatsächliche Rückkehr; s. Kapitel Rückblick Tz. 2.7.8) sowie zur Fälligkeit des Steueranspruchs.
Außerdem enthält der Erlassentwurf umfassende Ausführungen zu den Voraussetzungen des im Zuge der ATAD-Umsetzung neu gefassten Beherrschungskriteriums nach § 7 AStG, insbesondere zu mittelbaren Beteiligungen und der Anwendung der allgemeinen Hinzurechnungsbesteuerung auf beschränkt Steuerpflichtige. Darüber hinaus trifft das BMF Aussagen zur Voraussetzung des Nahestehens durch abgestimmtes Verhalten und das Verhältnis der Hinzurechnungs- und Investmentbesteuerung.
Im Rahmen von § 8 AStG (Einkünfte von Zwischengesellschaften) äußert sich die Finanzverwaltung zu Einzelheiten des gesetzlichen Aktivkatalogs. Einführend wird auf Basis von BFH-Rechtsprechung bestimmt, dass Einzeltätigkeiten mit einem erheblichen wirtschaftlichen Eigengewicht nicht zusammenzufassen, sondern eigenständig unter den Katalog des § 8 Abs. 1 AStG zu subsumieren sind, selbst wenn sie mit anderen Tätigkeiten in einem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Besonders praxisrelevant sind dabei die Mitwirkungstatbestände bei Handel und Dienstleistungen sowie die erstmals normierten Korrespondenzregelungen bei Gewinnausschüttungen und Umwandlungssachverhalten.
Im Rahmen der Ausführungen zum Gegenbeweis nach § 8 Abs. 2 AStG definiert das BMF u.a. die Substanzkriterien, insbesondere den Begriff der sog. wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit sowie die sachliche und personelle Ausstattung, näher. Explizit führt das BMF aus, dass gemäß dem Wortlaut der Gegenbeweis nicht in Drittstaatenfällen anzuwenden ist, außer es handelt sich um Kapitalanlagegesellschaften i.S. des § 13 AStG. Nach der Auffassung des BMF soll § 13 AStG aber nur auf die nicht beherrschten Kapitalanlagegesellschaften Anwendung finden.
Die Ausführungen zur Niedrigsteuergrenze stellen weiterhin auf 25 % ab, hier erfolgte keine Abstimmung auf die im Mindestbesteuerungsrichtlinien-Umsetzungsgesetz erfolgte Absenkung der Niedrigsteuergrenze auf 15 % (vgl. Kapitel Ausblick Tz. 6.3).
Das BMF nimmt umfassend zur in § 10 AStG geregelten Ermittlung, Qualifikation und Besteuerung des Hinzurechnungsbetrags Stellung und äußert sich zudem sehr ausführlich anhand von Beispielen zum neu eingeführten sog. Kürzungsbetrag des § 11 AStG. Mit dem ATAD-Umsetzungsgesetz wurde das bisherige Entlastungssystem in Fällen der sog. nachlaufenden Dividende durch Streichung der Steuerbefreiungsvorschrift des § 3 Nr. 41 EStG und Einführung eines sog. Kürzungsbetrags nach § 11 AStG reformiert. Erhält der Steuerpflichtige aus der Beteiligung an einer ausländischen Gesellschaft, für die Hinzurechnungsbeträge der Einkommen- und Körperschaftsteuer unterlegen haben, Bezüge i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 3 oder Nr. 3a EStG, ist bei der Ermittlung der Summe der Einkünfte nun ein Kürzungsbetrag abzuziehen; dies gilt auch für Veräußerungsgewinne.
Der Erlassentwurf enthält auch wesentliche Änderungen und umfangreiche Ergänzungen zur Anwendung der Vorschriften über die Steueranrechnung (§ 12 AStG), die Beteiligung an Kapitalanlagegesellschaften (§ 13 AStG) und die verfahrensrechtlichen Pflichten des Steuerpflichtigen (Mitwirkungs-, Aufklärungs- und Erklärungspflichten gem. §§ 16 bis 18 AStG). Auch nimmt das BMF detailliert Stellung zur sog. Switch-Over-Klausel des § 20 Abs. 2 AStG, die in bestimmten Fällen einen Wechsel von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode vorsieht und bislang keine ausführliche Erwähnung im Erlass fand.
Der aktualisierte AStG-Erlass soll für die Anwendung des AStG in der ab dem 1.7.2021 geltenden Fassung anwendbar sein. Zum Redaktionsschluss lag der finale Erlass noch nicht vor.