Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Überblick
Der BFH hatte entschieden, dass die stundenweise Überlassung von Zimmern in Hotels keine Beherbergung darstellt und somit nicht unter die Ausnahme von der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG fällt. Damit erbringt der Betreiber eines "Stundenhotels" eine steuerfreie, den Vorsteuerabzug ausschließende Vermietungsleistung. Die Finanzverwaltung ändert den UStAE entsprechend.
Kommentar
Die rechtliche Problematik
Führt ein Unternehmer Vermietungsleistungen im Inland aus, muss er sich insbesondere mit der Frage der Steuerbefreiung und des maßgeblichen Steuersatzes auseinandersetzen. Steuerfrei ist nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG die Vermietung und die Verpachtung von Grundstücken, von Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und von staatlichen Hoheitsrechten, die Nutzungen von Grund und Boden betreffen. Diese Steuerbefreiung basiert auf Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL.
Nach der Rechtsprechung des BFH ist das wesentliche Merkmal einer steuerfreien Vermietung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG, dem Vertragspartner auf bestimmte Zeit gegen eine Vergütung das Recht einzuräumen, ein Grundstück so in Besitz zu nehmen, als wäre er dessen Eigentümer, und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen.
Die Überlassung von Hotelzimmern stellt unabhängig von der Dauer der Überlassung eine Vermietung in diesem Sinne dar.
Allerdings sind bestimmte Vermietungsleistungen ausdrücklich von der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG ausgeschlossen. Steuerpflichtig ist danach insbesondere die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält. Diese Ausnahme ist auch über Art. 135 Abs. 2 Buchst. a MwStSystRL unionsrechtlich abgesichert. Danach ist insbesondere die Gewährung von Unterkunft im Rahmen des Hotelgewerbes oder in Sektoren mit ähnlicher Zielsetzung, einschließlich der Vermietung in Ferienlagern von der Steuerfreiheit für die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken ausgeschlossen. Soweit eine solche – von der Steuerbefreiung ausgenommene – Vermietungsleistung vorliegt, unterliegt sie dem ermäßigten Steuersatz, wenn der Unternehmer Wohn- und Schlafräume zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält.
Keine Vermietungsleistung würde aber vorliegen, wenn der leistende Unternehmer eine gegenüber einer Vermietung andersartige Leistung erbringen würde. Dies ist gegeben, wenn neben der kurzfristigen Grundstücksüberlassung eine Vielzahl zusätzlicher geschäftlicher Aktivitäten wie Aufsicht, Verwaltung, Unterhaltung sowie die Zurverfügungstellung anderer Anlagen tritt, die der Grundstücksüberlassung ein anderes Gepräge geben. So ist der BFH bei der Zimmervermietung an Prostituierte in einem Bordell von einer insgesamt steuerpflichtigen, dem Regelsteuersatz unterliegen Leistung ausgegangen, da nicht die Grundstücksnutzung, sondern die Möglichkeit, die Prostitution auszuüben, aus der Sicht des Leistungsempfängers im Vordergrund steht.
Erbringt der Vermieter aber neben der Überlassung von Räumen und dem Wechsel von Bettwäsche und Handtüchern keine weiteren Leistungen, liegen nach Auffassung des BFH solche die Vermietung überlagernden Leistungselemente nicht vor. Keine darüber hinaus die Steuerbefreiung ausschließende Vermietung zu Beherbergungszwecken liegt vor, wenn der Hauptzweck nicht in der Überlassung zu Wohn- und Schlafzwecken erfolgt – die "Beherbergung" ist neben der kurzfristigen Überlassung eine weitere wichtige Voraussetzung für die Ausnahme von der Steuerbefreiung.
Nach der Rechtsprechung des BFH liegt keine Beherbergung vor, wenn die äußeren Umstände ergeben, dass der Schwerpunkt der Leistung nicht in der Überlassung zu Wohn- oder Schlafzwecken liegt, sondern in der Einräumung der Möglichkeit, in den Räumen sexuelle Dienstleistungen zu erbringen oder zu konsumieren. Der Vermieter gewährt dann nicht Unterkunft (Beherbergung), sondern stellt Räume zur Verfügung, um dem Mieter zu ermöglichen, darin sexuelle Handlungen vorzunehmen. Dafür sprach in dem zu entscheidenden Fall die halbstündliche oder stündliche Vermietung eines Zimmers in einem Hotel in Bahnhofsnähe und in unmittelbarer Nähe zahlreicher Betriebe der Erotikbranche, wobei es sich um ein Stadtviertel mit existierender Straßenprostitution handelt, wenn die Bezahlung im Voraus erfolgt, die Identität der Gäste nicht notiert wird und an die Hotelgäste Kondome verkauft werden. Unter diesen Umständen ist ein anderer Nutzungszeck als die Erbringung oder der Empfang sexueller Dienstleistungen nicht vorstellbar.
Die Anweisung des Bundesministeriums der Finanzen
Das BMF-Schreiben ergänzt Abschn. 4.12.9 Abs. 1 und Abschn. 12.16 Abs. 3 UStAE.
Die Finanzverwaltung nimmt die Ergebnisse aus der Rechtsprechung des BFH auf und ergänzt den UStAE um die Feststellung, dass die halbstündige oder stundenweise Überlassung von Zimmern in einem "Stundenhotel" keine Beherbergung i. S. d. § 4 Nr. 12 Satz 2 und § 12 Abs. 2 N...