BMF, Schreiben v. 25.10.1990, IV B 3 - S 2225 a - 115/90, BStBl 1990 I S. 626
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder nehme ich zur Anwendung des § 10 e EStG wie folgt Stellung:
I. Steuerbegünstigung der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung im eigenen Haus nach § 10 e Abs. 1 bis 5 EStG
Zeitpunkt der Herstellung und Anschaffung
(1) Der achtjährige Abzugszeitraum beginnt mit dem Jahr der Fertigstellung oder Anschaffung der Wohnung im eigenen Haus oder der eigenen Eigentumswohnung (Wohnung) bzw. mit dem Jahr der Fertigstellung des Ausbaus oder der Erweiterung der Wohnung. Eine Wohnung ist in der Regel auch dann im Sinne des § 10 e EStG angeschafft, wenn sie durch Baumaßnahmen des Nutzungsberechtigten auf fremdem Grund und Boden entstanden ist und dieser das Eigentum an dem Objekt gegen Aufgabe eines Aufwendungsersatzanspruchs erwirbt (vgl. Absätze 6 und 15). Erwirbt der Nutzungsberechtigte das Eigentum z.B. als Erbe, stellt der Eigentumserwerb keine Anschaffung dar. Wird ein im Miteigentum stehendes Gebäude in Eigentumswohnungen umgewandelt, an denen die bisherigen Miteigentümer jeweils Alleineigentum erwerben, liegt ebenfalls keine Anschaffung im Sinne des § 10 e EStG vor. Der Zeitpunkt der Herstellung oder Anschaffung des Gebäudes, an dem die Miteigentumsanteile bestanden haben, bleibt insoweit für die Anwendung des § 10 e EStG maßgebend.
(2) Eine Wohnung ist hergestellt oder der Ausbau oder die Erweiterung ist fertiggestellt, sobald die Wohnung oder der Ausbau oder die Erweiterung nach Abschluß der wesentlichen Bauarbeiten bewohnbar ist (vgl. BFH-Urteile vom 11.3.1975, BStBl 1975 II S. 659, und vom 23.1.1980, BStBl 1980 II S. 365). Eine Wohnung ist angeschafft, wenn der Erwerber das wirtschaftliche Eigentum an dem Objekt erlangt; das ist regelmäßig der Zeitpunkt, zu dem Besitz, Nutzungen, Lasten und Gefahr auf ihn übergehen. Der Zeitpunkt des Antrags auf Baugenehmigung oder in Anschaffungsfällen der Zeitpunkt des Abschlusses des notariellen Kaufvertrags ist unerheblich.
Baurechtliche Voraussetzungen
(3) Eine Wohnung, ein Ausbau und eine Erweiterung sind nicht begünstigt, wenn sie entgegen den baurechtlichen Vorschriften ohne Baugenehmigung errichtet worden sind. Ist für das Objekt keine Baugenehmigung vorgeschrieben, ist davon auszugehen, daß es den baurechtlichen Vorschriften entspricht.
Vorrang des Betriebsausgaben und Werbungskostenabzugs
(4) Die Inanspruchnahme des § 10 e Abs. 1 bis 5 EStG scheidet wegen des Vorrangs des Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzugs aus, solange der Steuerpflichtige mit dem zu eigenen Wohnzwecken genutzten Objekt der Nutzungswertbesteuerung unterliegt (z. B. im Rahmen der Übergangsregelung nach § 52 Abs. 15 Satz 3 oder Abs. 21 Satz 2 EStG). Der Vorrang besteht auch, wenn Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten oder Betriebsausgaben geltend gemacht werden (vgl. BMF-Schreiben vom 10.5.1989, BStBl 1989 I S. 165, und die entsprechenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder).
Bürgerlich-rechtliches und wirtschaftliches Eigentum
(5) Anspruchsberechtigt ist der bürgerlich-rechtliche Eigentümer oder der wirtschaftliche Eigentümer (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO), der die Herstellungs- oder die Anschaffungskosten getragen hat, und dessen Erbe. Andere unentgeltliche Erwerber sind nicht anspruchsberechtigt. Bürgerlich-rechtliches Eigentum am Gebäude kann auch nach § 95 Abs. 1 BGB erlangt werden, z.B. bei Herstellung eines Gebäudes in Ausübung eines dinglichen Rechts (beispielsweise eines Nießbrauchs) an einem unbebauten Grundstück.
(6) Wirtschaftliches Eigentum wird durch dinglich oder schuldrechtlich begründete Nutzungsrechte an der Wohnung in der Regel nicht vermittelt. Dies gilt auch, wenn die Wohnung aufgrund eines vorbehaltenen Nießbrauchs genutzt wird (BFH-Urteile vom 5.5.1983, BStBl 1983 II S. 631 und vom 8.12.1983, BStBl 1984 II S. 202) oder das Nutzungsrecht durch Baumaßnahmen des Nutzungsberechtigten auf fremdem Grund und Boden entstanden ist (BMF-Schreiben vom 4.6.1986, BStBl 1986 I S. 318) und die entsprechenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder).
(7) Der Dauerwohnberechtigte im Sinne der §§ 31 ff.FVG Wohnungseigentumsgesetz ist nur dann als wirtschaftlicher Eigentümer der Wohnung anzusehen, wenn seine Rechte und Pflichten bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise den Rechten und Pflichten eines Eigentümers der Wohnung entsprechen und wenn er aufgrund des Dauerwohnrechtsvertrags bei Beendigung des Dauerwohnrechts eine angemessene Entschädigung erhält. Ob dies zutrifft, richtet sich nach den Verhältnissen des Einzelfalls (BFH-Urteile vom 11.9.1964, BStBl 1965 III S. 8, und vom 22.10.1985, BStBl 1986 II S. 258).
(8) Die Abzugsbeträge nach § 10 e EStG kommen in Betracht bei einer im Inland belegenen eigenen Wohnung, die der Steuerpflichtige zu eigenen Wohnzwecken nutzt. Zu der begünstigten Wohnung gehören auch
- die zur räumlichen Ausstattung der Wohnung gehörend...