Rz. 9

Gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG entspricht der steuerliche Gewinn dem "… Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen." Ein solcher unvollständiger Betriebsvermögensvergleich erfordert die Aufstellung von (originären) Steuerbilanzen zur Ermittlung des steuerlichen Vermögens und des steuerlichen Gewinns.[1] Als Adressaten fungieren besonders Land- und Forstwirte, die gesetzlich buchführungspflichtig sind (aufgrund § 140 AO oder § 141 Abs. 1 AO), sowie Land- und Forstwirte, die nicht Bücher führen müssen, dies jedoch freiwillig tun und hierfür einen Antrag i. S. v. § 13a Abs. 2 EStG stellen (R 4.1 Abs. 1 EStR 2012). Auch Selbstständige i. S. v. § 18 EStG, die nie handelsrechtlich und steuerlich buchführungspflichtig sein können, jedoch freiwillig Bucher führen, haben einen unvollständigen Betriebsvermögensvergleich zu erstellen.

 

Rz. 10

Die steuerliche Gewinnermittlung gem. § 5 Abs. 1 EStG basiert auf derselben Gewinnermittlungsvorschrift wie der unvollständige Betriebsvermögensvergleich, jedoch mit der Besonderheit, dass das Betriebsvermögen prinzipiell "nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist". Dieser Grundsatz der materiellen Maßgeblichkeit erfordert die Erstellung einer aus der Handelsbilanz abgeleiteten Steuerbilanz. Einen solchen vollständigen Betriebsvermögensvergleich haben Gewerbetreibende durchzuführen, die gesetzlich buchführungspflichtig sind (aufgrund § 140 AO oder § 141 Abs. 1 AO) sowie nicht buchführungspflichtige Gewerbetreibende, die freiwillig Bücher führen.[2]

 

Rz. 11

Steuerpolitik, jedoch keine Steuerbilanzpolitik, kann mangels Erstellung einer Bilanz bei Wahl der Einnahmen-Überschussrechnung i. S. v. § 4 Abs. 3 EStG betrieben werden.[3] Als Adressaten kommen vornehmlich Selbstständige i. S. v. § 18 EStG in Betracht, die nicht freiwillig Bücher führen, aber auch sog. Kleingewerbetreibende, die nicht gesetzlich buchführungspflichtig sind und auch nicht freiwillig Bücher führen (R 4.1 Abs. 2 Satz 5 EStR 2012) bzw. die Befreiungsmöglichkeit des § 241a HGB in Anspruch nehmen und simultan § 141 Abs. 1 AO nicht erfüllen.[4] Letztlich sind Land- und Forstwirte betroffen, die nicht buchführungspflichtig sind und auch nicht freiwillig Bücher führen und hierfür einen Antrag i. S. v. § 13a Abs. 2 EStG stellen (R 4.5 Abs. 1 Sätze 1, 3 EStR 2012).

[1] Trotz der augenscheinlichen Loslösung vom HGB sind dennoch wichtige GoB zu beachten (§ 141 Abs. 1 Satz 2 AO).
[2] Vgl. auch R 4.1 Abs. 2 Satz 1 EStR 2012.
[3] Auch hier bestehen gewisse Gestaltungspotenziale, so z. B. bei der Wahl des Anschaffungszeitpunkts bestimmter Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens (Umkehrschluss zu § 4 Abs. 3 Satz 4 EStG).
[4] Vgl. ausführlich zum Zusammenspiel zwischen § 241a HGB und § 141 Abs. 1 AO Richter, FR 2009, S. 804 ff.

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