Leitsatz
Konkrete Maßnahmen der Steuerfahndung im Rahmen ihres Aufgabenbereiche (§ 208 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 3 AO) und mit der ihr nach dem Gesetz zustehenden Befugnis sind rechtmäßig.
Sachverhalt
Bei Durchsuchungen der Banken A und B durch die Steuerfahndungsstellen B und D in den Jahren 1999 und 2001 stellten die Fahnder u. a. auch den Kläger betreffende Belege über Geldtransfers zwischen Bank A und einer Bank C und umgekehrt fest. Ein Abgleich der Referenznummern der Belege und der Kontonummern ergab, dass der Kläger eine Festgeldanlage von 80.000 DM (7,75 % p.a. Zinssatz) und eine Neuanlage von 125.000 DM (8 % p.a Zinssatz) bei einer der Bank C zugehörigen Gesellschaft tätigte. Anonym wurden bereits 1993 darüber effektive Stücke von Wertpapieren zur Gesellschaft A-a der Bank C übertragen. Nach Ansicht der Steuerfahndung bestand der hinreichende Verdacht, dass der Kläger 1993 bis 1995 Steuern hinterzogen hat. Insofern habe sie auch die Befugnis zur Weiterleitung des Kontrollmaterials (§ 208 Abs. 2 S. 2 i. V. m. § 194 Abs. 3 AO). Die Durchsuchungsbeschlüsse gegen Bank A und Bank C, die u. a. unbekannte Kapitalanleger wegen des Verdachts der Einkommensteuerhinterziehung betrafen, seien von den Banken auch nicht angegriffen worden. Der Kläger meint hingegen, dass das ihn betreffende Kontrollmaterial bei einer unzulässigen Rasterfahndung erlangt worden sei und damit dem Verwertungsverbot unterliege. Auch sei die Erhebung der ordnungsgemäß bekundeten Buchungen bei der Durchsuchung der Bank A im Jahr 1999 nicht erforderlich gewesen, um die 2001 bei Bank C festgestellten anonymen Transfers unter der Referenznummer zuordnen zu können.
Entscheidung
Das FG folge der Auffassung des Klägers nicht. Die Ergebnisse der durchgeführten Fahndungsprüfung durfte das Finanzamt bei der Steuerfestsetzung zugrunde legen. Das bei Bankenprüfungen (rechtmäßig) gewonnene Kontrollmaterial war hinreichender Anlass zur Durchführung der Fahndungsprüfung beim Kläger und durfte somit verwertet werden. Hinweise auf nicht anonymisierte Geldtransfers ins Ausland, mit deren Hilfe Bankkunden bei anonymen Geschäften identifiziert werden können, begründen einen hinreichenden Anfangsverdacht für eine Steuerhinterziehung bzw. für eine Beihilfe zu dieser. Entgegen der Auffassung des Klägers, der mit seiner bewusst unvollständigen Erklärung seiner Kapitaleinkünfte den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO erfüllt hat, kommt es bei dem steuerrechtlichen Festsetzungs-Verjährungszeitraum von 10 Jahren nicht auf die Strafbarkeit an. Der Steuerfahndung steht es zu, neben ihrer Tätigkeit im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (§ 208 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO) zugleich auch unbekannte Steuerfälle aufzudecken und zu ermitteln und somit im Steuerverfahren tätig zu werden (§ 208 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AO). Hier bedarf es keines strafrechtlichen Anfangsverdachts. Der BFH hat die Zulässigkeit der Doppelfunktion der Steuerfahndung in seiner Rechtsprechung anerkannt. (z. B. BFH, Urteil v. 29.6.2005, II R3 / 04). Ein Verwertungsverbot im Besteuerungsverfahren besteht auch dann nicht, wenn die Tatsachen unter Verletzung des Verfahrensrechts ermittelt wurden.
Hinweis
Erfahrungsgemäß werden im Rahmen der zusätzlichen Ermittlungsbefugnis der Steuerfahndung im Besteuerungsverfahren von ihr viele unbekannte Steuerfälle aufgedeckt, deren Anhaltspunkte sich oft aus Kontrollmitteilungen ergeben. In diesem Fall wurden die Erkenntnisse bei Ermittlungen gegen Dritte (Bankmitarbeiter) wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung gewonnen. Insofern schützt das Bankgeheimnis (§ 30 a Abs. 3 AO) nicht (hierzu auch BFH, Urteil v. 9.12.2008, VII R 47/07).
Link zur Entscheidung
FG Nürnberg, Urteil vom 15.01.2009, VI 237/2006