Leitsatz

Die Steuerfreiheit von Zuschlägen für Bereitschaftsdienste, die außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit erbracht und gesondert vergütet werden, bemisst sich nach dem Arbeitslohn für die regelmäßige Arbeitszeit und nicht nach dem Bereitschaftsdienstentgelt (entgegen Senatsurteil v. 27.8.2002, VI R 64/96, BStBl II 2002 S. 883).

 

Sachverhalt

Gesetzliche Regelung

Nach § 3b Abs. 1 EStG sind Zuschläge, die für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt werden, steuerfrei, soweit sie die in § 3b Abs. 1 Nr. 1 bis 4 EStG genannten Grenzen des Grundlohns nicht übersteigen.

Sachverhalt: Maßstab für die Berechnung der in § 3b Abs. 1 Nrn. 1 bis 4 EStG genannten prozentualen Höchstgrenzen bei Bereitschaftsdienst

Die Klägerin betreibt eine Förderschule mit angeschlossenem Internat für Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigungen, die von den Mitarbeitern auch in der Nacht betreut werden.

Die wöchentliche regelmäßige Arbeitszeit des Betreuungspersonals betrug im Streitzeitraum (Januar 2014 bis Dezember 2017) bei Vollzeitbeschäftigung durchschnittlich 39 Stunden. Die regelmäßigen monatlichen Dienstbezüge (Grundlohn) setzten sich aus der monatlichen Regelvergütung, der Kinderzulage und den sonstigen Zulagen zusammen. Die Zeit der nächtlichen Beaufsichtigung wurde gemäß den arbeitsvertraglichen Regelungen als Bereitschaftsdienst behandelt.

Nach den arbeitsvertraglichen Regelungen wurde die Bereitschaftsdienstzeit zum Zwecke der Entgeltberechnung faktorisiert und nur zu 25 % als Arbeitszeit entgolten. Daneben erhielten die Mitarbeiter für den Bereitschaftsdienst in den Nachtstunden je tatsächlich geleisteter Stunde einen Zeitzuschlag i.H.v. 15 % des auf eine Stunde umgerechneten individuellen Tabellenentgelts.

Das den Mitarbeitern danach zustehende Bereitschaftsdienstentgelt versteuerte die Klägerin, soweit die faktorisierte Arbeitszeit entgolten wurde, regulär. Den Zeitzuschlag für die Zeit von 0:00 Uhr bis 6:00 Uhr zahlte sie steuerfrei aus.

Das Finanzamt (FA) vertrat die Auffassung, dass die den Beschäftigten gezahlten Zuschläge über den in § 3b Abs. 1 EStG genannten Höchstgrenzen gelegen hätten. Sie seien insoweit zu Unrecht steuerfrei ausgezahlt worden. Als Bemessungsgrundlage für die Steuerfreiheit der Zuschläge und damit als Grundlohn i.S.v. § 3b Abs. 2 Satz 1 EStG sei lediglich das Entgelt für den Bereitschaftsdienst anzusetzen. Dies folge aus dem Senatsurteil vom 27.8.2002, VI R 64/96, BStBl II 2002 S. 883. Nach dieser Entscheidung seien Zuschläge zur Rufbereitschaftsentschädigung wegen der geringeren Beeinträchtigungen des Arbeitnehmers bei der Ableistung von Rufbereitschaften gegenüber den Erschwernissen bei einer vollen Arbeitserbringung in den begünstigten Zeiten nur insoweit steuerfrei, als sie die in § 3b Abs. 1 EStG vorgesehenen und an der Rufbereitschaftsentschädigung gemessenen Prozentsätze nicht überstiegen. Auf Grundlage dieser Rechtsauffassung erließ das FA einen Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer und sonstige Lohnsteuerbeträge für den Streitzeitraum. Das Finanzgericht (FG) folgte dieser Auffassung nicht und gab der erhobenen Klage statt.

 

Entscheidung

BFH bestätigt die Auffassung des FG

Der BFH hat die Revision des FA als unbegründet zurückgewiesen und die Auffassung des FG bestätigt.

Grundlohn

Grundlohn ist der laufende Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum zusteht; er ist in einen Stundenlohn umzurechnen und mit höchstens 50 EUR anzusetzen (§ 3b Abs. 2 Satz 1 EStG). Grundlohn steht dem Arbeitnehmer zu, wenn er diesem bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung geschuldet wird.

Der Grundlohn ist von den sonstigen Bezügen abzugrenzen. Laufender Arbeitslohn ist danach das dem Arbeitnehmer regelmäßig zustehende Arbeitsentgelt und damit das Monatsgehalt, der Wochen- oder Tageslohn, Überstundenvergütungen, laufende Zulagen oder Zuschläge und geldwerte Vorteile aus regelmäßigen Sachbezügen.

Zuschläge neben dem Grundlohn

Voraussetzung für die Steuerbefreiung nach § 3b EStG ist weiter, dass die Zuschläge neben dem Grundlohn geleistet werden; sie dürfen nicht Teil einer einheitlichen Entlohnung für die gesamte geleistete Tätigkeit sein. Hierfür ist regelmäßig erforderlich, dass in dem Arbeitsvertrag zwischen der Grundvergütung und den Erschwerniszuschlägen unterschieden und ein Bezug zwischen der zu leistenden Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit und der Lohnhöhe hergestellt ist. Es muss sich bei den Zuschlägen objektiv um ein zusätzlich (zum Grundlohn) geschuldetes Arbeitsentgelt für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit handeln. Daher kommt es nicht darauf an, ob die zuschlagsbewehrte Tätigkeit neben den Erschwerniszuschlägen bereits durch den Grundlohn abgegolten oder zusätzlich durch besondere Bereitschaftsdienstentgelte vergütet wird.

Zahlung muss zweckbestimmt erfolgen

Darüber hinaus mu...

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