Prof. Dr. Peter Bilsdorfer
Steuerhinterziehung wird mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren, in schweren Fällen bis zu 10 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Da Freiheitsstrafen unter 6 Monaten grundsätzlich nicht verhängt werden, kommt der Geldstrafe besondere Bedeutung zu. Der BGH hatte schon im Jahr 2008 eine Anpassung der Strafen bei Steuerhinterziehung zu der strengeren Strafpraxis bei Betrug verlangt. Soweit feststellbar kommen die Untergerichte dieser Forderung nach. Bisweilen übertreiben sie auch im Sinne einer Überbewertung.
Die Strafverfolgungsbehörden arbeiten im Speziellen bei Steuerstraftaten mit sog. Strafmaßtabellen. Gegen diese werden von einigen Seiten Bedenken geäußert, insbeondere wegen der starren Handhabung und wegen übergroßer regionaler Unterschiede. Die Tabellen fußen auf dem Tagessatzsystem. Hintergrund dieser Regelung ist das Bestreben, die Strafen an den unterschiedlichen wirtschaftlichen Verhältnissen der Täter zu messen. Dabei entspricht die Höhe eines Tagessatzes dem Nettoeinkommen, das dem Täter an jedem Tag zusteht. Der Betrag kann im Einzelfall (nur) zwischen 1 und 30.000 EUR festgesetzt werden. Das verfügbare monatliche Einkommen wird zur Berechnung durch 30 geteilt. Die endgültige Strafe errechnet sich durch Multiplikation der Zahl der Tagessätze mit der im Einzelfall ermittelten Tagessatzhöhe.
Unterhaltsverpflichtungen mindern Einkommen
Bei der Ermittlung des Einkommens werden von dem Gehalt oder sonstigen Einkommen (z. B. Kapitaleinkünfte) die Belastungen abgezogen, die dem Beschuldigten für Unterhaltsverpflichtungen entstehen, also etwa für den Unterhalt des Ehepartners und eventueller Unterhaltsberechtigter. Andere Belastungen (z. B. für Darlehen) werden normalerweise nicht berücksichtigt.
Berechnung der Tagessatzhöhe
Der Steuerpflichtige D wird wegen Steuerhinterziehung verurteilt. Er verdient 4.000 EUR netto. Nach Abzug von Unterhaltsverpflichtungen verbleiben D monatlich 2.400 EUR. Hieraus errechnet sich ein Tagessatz von 80 EUR (= 2.400 EUR/30 Tage). Hält das Gericht die Verhängung einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen für angemessen, muss D insgesamt eine Geldstrafe von 1.600 EUR entrichten.
Ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung mit einer erhöhten Straferwartung liegt i. d. R. vor, wenn der Täter
- in großem Ausmaß (bei einer Verkürzung von über 50.000 EUR) Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
- seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger missbraucht,
- die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
- unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
- als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Steuerstraftaten zusammengeschlossen hat, Umsatz- und Verbrauchsteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchsteuervorteile erlangt,
- eine Drittstaat-Gesellschaft i. S. d. § 138 Abs. 3 AO, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen i. S. d. § 1 Abs. 2 AStG unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.
Bei der bandenmäßigen Begehung ergibt sich die besondere Gefährlichkeit schon aus der Tatsache, dass sich eine Tätergruppe bildet. Nach Auffassung des Großen Senats für Strafsachen beim BGH setzt der Begriff Bande den Zusammenschluss von mindestens 3 Personen voraus. Diese müssen sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer Straftaten des betreffenden Delikttyps zu begehen. Der Tatbestand des Bandendiebstahls – und damit auch der Sachverhalt der bandenmäßigen Steuerhinterziehung – setzt nicht voraus, dass wenigstens 2 Bandenmitglieder die Tat örtlich und zeitlich zusammen begehen. Es reicht vielmehr aus, wenn ein Bandenmitglied als Täter und ein anderes Bandenmitglied bei der Tatbegehung in irgendeiner Weise zusammenwirken. Auch kann ein einzelnes Tatbestandsmerkmal sogar durch einen bandenfremden Täter erfüllt werden.
Im Steuerstrafverfahren werden ansonsten vor allem Geldstrafen regelmäßig durch Strafbefehl verhängt. Seit einiger Zeit ist es allerdings auch möglich, unter bestimmten Umständen Freiheitsstrafen im Wege des Strafbefehls festzusetzen.
Einspruchsfrist nur 2 Wochen
Ein Angeschuldigter kann gegen einen Strafbefehl binnen 2 Wochen nach Zustellung Einspruch einlegen. Dieses Rechtsmittel muss er schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle erklären. Er kann es auf die ausgeworfene Rechtsfolge beschränken und z. B. nur die Höhe der Geldstrafe angreifen, nicht jedoch den Tatvorwurf an sich.