FinMin Sachsen-Anhalt, Erlass vom 10.2.2022, 42 - S 0186 a - 5/42 - S 7180 - 18
1. Sachverhalt
Die Krankenkassen sind nach § 20 SGB V verpflichtet, in ihrer Satzung Leistungen zur Primärprävention (Vorsorge) vorzusehen. Diese Leistungen sollen den allgemeinen Gesundheitszustand verbessern und zur Verminderung sozial bedingter Ungleichheiten von Gesundheitschancen beitragen.
Zur Umsetzung der satzungsmäßigen Aufgaben (sportliche Aktivitäten, die der Stärkung des Herz-Kreislauf-Systems, des Skelett-Systems, wie z. B. der Stabilisierung des Rückens oder auch der gezielten Stressbewältigung dienen) haben Vertreter der Angestellten-Krankenkassen und Arbeiter-Ersatzkassen mit dem Landessportbund eine Rahmenvereinbarung abgeschlossen. In der Vereinbarung verpflichtet sich der Landessportbund zur Vergabe des Qualitätssiegels „Sport pro Gesundheit” an geeignete Vereine, die bestimmte Kriterien erfüllen, wie z. B. eine qualifizierte Kursleitung und eine ganzheitliche Betreuung der Teilnehmer; das heißt, der Kurs muss nicht nur die Bewegungsprogramme, sondern auch Entspannungs-, Informations- und Kommunikationselemente miteinschließen.
Im Gegenzug übernehmen die Krankenkassen von der Teilnehmergebühr den satzungsmäßig festgelegten Erstattungsbetrag. Dieser wird dem Versicherten bei Vorliegen der Voraussetzungen (z. B. regelmäßige Teilnahme des Versicherten, Vorlage der vom Verein erstellten Teilnehmerbescheinigung und des vom Versicherten ausgefüllten Fragebogens bei der Krankenkasse) auf Antrag von seiner Krankenkasse erstattet. Eventuelle Differenzbeträge sind durch den Versicherten selbst zu tragen.
2. Leistungsaustausch
Durch diese Vereinbarung wird lediglich sichergestellt, dass die von den Kassen geförderte Maßnahme der Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen dient. Ein umsatzsteuerbarer Leistungsaustausch zwischen den Vertragsparteien findet nicht statt.
Die tatsächlich zu beurteilenden Leistungen erbringt der jeweilige Sportverein, der die zeitlich begrenzten Kurse im eigenen Namen ausführt. Die von den Teilnehmern unmittelbar gezahlten Beträge stellen die Gegenleistung dar. Es ist insoweit unerheblich, dass Versicherte im Rahmen sozialrechtlicher Regelungen einen Anspruch auf Kostenerstattung gegenüber den Krankenkassen geltend machen können.
3. Ertragsteuerliche Würdigung
Die Ausbildung und Fortbildung in sportlichen Fertigkeiten gehört zu den typischen und wesentlichen Tätigkeiten eines Sportvereins. Sportkurse und Sportlehrgänge für Mitglieder und Nichtmitglieder von Sportvereinen (Sportunterricht) sind daher als sportliche Veranstaltung zu beurteilen.
Diese sportlichen Veranstaltungen stellen einen Zweckbetrieb im Sinne des § 67a AO dar, wenn
- bei Unterschreiten der Grenze des § 67a Abs. 1 Satz 1 AO in Höhe von 45.000 EUR (Einnahmen einschließlich Umsatzsteuer) nicht zum steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gemäß § 67a Abs. 2 AO optiert wird bzw. bei einer Option keine bezahlten Sportler im Sinne des § 67a Abs. 3 AO an den Sportkursen teilnehmen oder
- bei Überschreiten der Grenze des § 67a Abs. 1 Satz 1 AO in Höhe von 45.000 EUR und einer Option im Sinne des § 67a Abs. 2 AO zum Zweckbetrieb keine bezahlten Sportler im Sinne des § 67a Abs. 3 AO an den Sportkursen teilnehmen.
Es ist unschädlich für die Zweckbetriebseigenschaft, dass der Verein mit dem Sportunterricht in Konkurrenz zu gewerblichen Sportlehrern (z. B. Reitlehrer, Skilehrer, Tennislehrer oder Schwimmlehrer) tritt, weil § 67a AO als die speziellere Vorschrift dem § 65 AO vorgeht. Die Beurteilung des Sportunterrichts als sportliche Veranstaltung hängt nicht davon ab, ob der Unterricht durch Beiträge, Sonderbeiträge oder Sonderentgelte abgegolten wird (vgl. auch AEAO zu § 67a – Allgemeines –, Nr. 5).
Hinweis:
In diesem Zusammenhang sind jedoch Sachverhalte bekannt geworden, bei denen u. U. die Selbstlosigkeit und damit die Steuerbegünstigung des Vereins in Frage gestellt werden kann.
So werden Sport- und Gesundheitsvereine zur Durchführung von Sportkursen, welche von den Krankenkassen finanziert werden, gegründet. Diese Vereine bestehen zumeist nur aus 7 Mitgliedern, zu denen in der Regel Betreiber von Fitness- bzw. Sportstudios, Physiotherapeuten und oftmals ein Arzt gehören. Sie sind grundsätzlich nicht darauf ausgerichtet, neben den Gründungsmitgliedern weitere Mitglieder aufzunehmen. Bei einer derartigen Konstellation stellt sich die Frage, inwieweit diese Vereine die eigenen wirtschaftlichen Interessen der Vereinsmitglieder fördern. Wenn die eigenwirtschaftlichen Interessen im Vordergrund des Handelns stehen, diese letztlich überwiegend den Antrieb für das Wirken der Körperschaft sind, liegt keine Selbstlosigkeit im Sinne des § 55 AO vor. Die Steuerbegünstigung im Sinne der § 51 AO bis § 68 AO kann in diesen Fällen nicht gewährt werden, so dass dann auch kein Zweckbetrieb vorliegt.
4. Umsatzsteuerliche Würdigung
Leistungen, die im Rahmen eines Zweckbetriebes erbracht werden, können steuerfrei sein oder mit dem ermäßigten Steuersatz gem. § ...