Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Kommentar
Die Erdbeben in der Türkei und in Syrien im Februar 2023 haben zu massiven Schäden und einer großen Betroffenheit der Bevölkerung geführt. Die Finanzverwaltung hat zeitnah ein umfassendes Schreiben zu steuerlichen Maßnahmen zur Unterstützung der Opfer des Erdbebens in der Türkei und Syrien veröffentlicht. In diesem Schreiben sind überwiegend ertragsteuerrechtliche Billigkeitsmaßnahmen getroffen worden, einige der Regelungen betreffen aber auch die Umsatzsteuer (Rz. 33 und 34 des Schreibens).
Die Billigkeitsmaßnahmen der Finanzverwaltung betreffen den Verzicht auf die Besteuerung unentgeltlicher Wertabgaben und die Vorsteuerabzugsberechtigung für die zum Zweck der Hilfe bezogenen Leistungen:
Bei der unentgeltlichen Bereitstellung von Gegenständen und Personal für humanitäre Zwecke durch Unternehmen an Einrichtungen, die einen unverzichtbaren Einsatz zur Bewältigung der Auswirkungen und Folgen bei den von dem Erdbeben Geschädigten leisten, wird von der Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe im Billigkeitswege abgesehen.
Exemplarisch führt die Finanzverwaltung hier Hilfsorganisationen, Einrichtungen für geflüchtete Menschen, zur Versorgung Verletzter sowie weitere öffentliche Institutionen an.
Beabsichtigt ein Unternehmer bereits beim Leistungsbezug, die Leistungen ausschließlich und unmittelbar für die genannten Zwecke zu verwenden, sind die anfallenden Vorsteuerbeträge unter den übrigen Voraussetzungen des § 15 UStG im Billigkeitswege entgegen Abschn. 15.15 Abs. 1 UStAE zu berücksichtigen. Die daraus folgende unentgeltliche Wertabgabe wird nicht besteuert.
Hinweis
Grundsätzlich wäre der Unternehmer – unabhängig von seinen ansonsten ausgeführten Leistungen – nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, soweit er Leistungen bezieht, die er dem Grunde nach ausschließlich und unmittelbar für eine der Besteuerung unterliegende Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b und Abs. 9a UStG verwenden möchte.
Konsequenzen für die Praxis
Es ist inzwischen üblich, dass die Finanzverwaltung bei Krisen oder Katastrophen Billigkeitsmaßnahmen trifft. Sie entsprechen im Ergebnis den Regelungen, die bei vergleichbaren anderen Katastrophen getroffen wurden.
Die Billigkeitsmaßnahmen für die Erdbebenopfer in der Türkei und in Syrien sind für die Zeit vom 6.2.2023 bis 31.12.2023 anzuwenden.
Link zur Verwaltungsanweisung
BMF, Schreiben v. 27.2.2023, IV C 4 – S 2223/19/10003 :019, BStBl 2023 I S. 335.