Leitsatz
1. Strafverteidigungskosten sind Erwerbsaufwendungen, wenn der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige zur Wehr setzt, durch sein berufliches Verhalten veranlasst war.
2. Auf einer Honorarvereinbarung beruhende Strafverteidigungskosten führen nicht zu einer außergewöhnlichen Belastung, soweit sie nach einem Freispruch des Steuerpflichtigen nicht der Staatskasse zur Last fallen.
Normenkette
§ 40 AO, § 9 Abs. 1 Satz 1, § 33 EStG, § 467, § 464a StPO
Sachverhalt
Aus Gründen des Steuergeheimnisses war der sehr spezielle Sachverhalt nicht zur Veröffentlichung geeignet.
Entscheidung
Die Revision des Klägers war nur teilweise begründet.
Tatkomplex A: Nach den vorstehenden Grundsätzen sei das FG rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass die vorgeworfene Tat nicht im Rahmen der Berufsausübung des Klägers als Geschäftsführer einer Gesellschaft begangen wurde, sondern auf ein privat veranlasstes Verhalten (Erwerb von Privatvermögen in der Gestalt eines Geschäftsanteils an der Gesellschaft) zurückzuführen war.
Entgegen der Ansicht habe die Verwendung beruflichen Wissens nicht ausgereicht, um einen beruflichen Zusammenhang zu begründen. Auch die Abwehr einer möglichen Kündigung sei kein relevantes Tatmotiv zur Annahme von Erwerbsaufwendungen. Ein Veranlassungszusammenhang zu Einkünften aus Kapitalvermögen scheide gleichfalls aus. Das FG habe es im Ergebnis auch zu Recht abgelehnt, die Strafverteidigungskosten als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen.
Tatkomplex B: Entgegen der Annahme des FG seien die zugunsten des Arbeitgebers begangenen strafbaren Handlungen im Rahmen beruflicher Aufgabenerfüllung begangen worden. Da Verteidigungskosten -- was ihren Abzug als Werbungskosten betrifft -- bei einem Strafverfahren nicht zwangsläufig entstanden sein müssen, seien die aufgrund einer Honorarvereinbarung geleisteten Aufwendungen beim Werbungskostenabzug anders als bei den außergewöhnlichen Belastungen der Höhe nach nicht zu begrenzen und folglich vollumfänglich als Erwerbsaufwendungen zu berücksichtigen.
Hinweis
1. Die Besprechungsentscheidung, von der lediglich die Entscheidungsgründe veröffentlicht wurden, fasst anschaulich die höchstrichterlichen Grundsätze (nochmals) zusammen, nach denen Strafverteidigungskosten als Erwerbsaufwand anzuerkennen sind. Hinsichtlich der Behandlung dieser Kosten als außergewöhnliche Belastung hat der BFH seine Rechtsprechung fortentwickelt.
2. Der BFH hat in ständiger Rechtsprechung anerkannt, dass Strafverteidigungskosten dann als Erwerbsaufwendungen abzugsfähig sind, wenn der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige zur Wehr setzt, durch sein berufliches Verhalten veranlasst gewesen ist. Dies ist der Fall, wenn die dem Steuerpflichtigen zur Last gelegte Tat in Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangen worden ist. Die dem Steuerpflichtigen vorgeworfene Tat muss ausschließlich und unmittelbar aus seiner betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit heraus erklärbar sein.
3. Strafverteidigungskosten als außergewöhnliche Belastung i.S.d. § 33 EStG:
a) Soweit ein Angeschuldigter freigesprochen wird, fallen regelmäßig die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last (§ 467 Abs. 1 StPO). Soweit demnach ein Anspruch auf Erstattung von Strafverteidigungskosten besteht, scheidet ein Abzug nach § 33 EStG schon mangels einer Belastung aus.
b) Soweit kein Anspruch gegen die Staatskasse besteht, sind Anwaltskosten für die Strafverteidigung einem Steuerpflichtigen nur zwangsläufig erwachsen (§ 33 Abs. 1 EStG), wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit diese Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG).
Nicht zwangsläufig sind Aufwendungen, wenn der Steuerpflichtige mit seinem Verteidiger ein Honorar vereinbart hat, das über den durch die Staatskasse erstattungsfähigen Kosten liegt. Denn die in § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG genannten Gründe der Zwangsläufigkeit müssen von außen, d.h. vom Willen des Steuerpflichtigen unabhängig, derart auf seine Entschließung einwirken, dass er ihnen nicht auszuweichen vermag. Die Vereinbarung eines über den Gebührensätzen der BRAGO liegenden Anwaltshonorars beruht jedoch regelmäßig auf dem freien Willen des Steuerpflichtigen und ist nicht unabdingbare Voraussetzung für eine effiziente und qualifizierte Strafverteidigung.
Zur Strafverteidigung notwendig und angemessen sind nur Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts, soweit sie nach den Vorschriften des Kostenrechts zu erstatten sind. Das gegenwärtige Kostenrecht lässt keinen Bedarf erkennen, über die nach einem Freispruch von der Staatskasse zu tragenden Anwaltskosten hinaus weitere Kosten dieser Art im Weg ihrer steuerlichen Abzugsfähigkeit nach § 33 EStG zu berücksichtigen. Anders als im früheren Kostenrecht ergibt sich nunmehr steuerrechtlich keine andere Wertung des Begriffs ...