Dr. Walter Schmidt, Dr. Herwig R. Friedag
Mit der Beschreibung des Geschäftsmodells haben wir im Frühjahr 2003 angefangen. Erste Diskussionen dazu gab es zwar schon am Beginn unserer Zusammenarbeit. Aber dann kamen 2004 eine weitere Gesundheitsreform und mit ihr starke Einschränkung der Budgets für die Zahnärzte. Das hatte gravierende Auswirkungen auf die Lorenz-Gruppe. Nach ersten Stornierungen musste sie ebenso wie viele andere Dentallabore im IV. Quartal 2004 einen Umsatzeinbruch von 70 % hinnehmen. Was zur Folge hatte, dass wir einen Großteil unserer Mitarbeiter in die Kurzarbeit schicken mussten. Nach einem weiteren Rückgang Anfang 2005 gelang es, die Situation aufzufangen und wir konnten Schritt für Schritt unsere Mitarbeiter wieder einstellen. Doch die folgenden 2 Jahre waren erforderlich, um die alten Positionen der Gruppe wieder aufzubauen. In dieser Zeit war die Konsolidierung der finanziellen Lage die strategische Hauptaufgabe. Denn die beste Strategie nutzt wenig, wenn sie nicht finanziert werden kann.
Bewältigung der Gegenwart gehört auch zur Strategie
Dennoch ging es auch in dieser Zeit weiter mit der strategischen Arbeit. Die Schwerpunkte lagen verständlicherweise mehr bei der Bewältigung der Gegenwart:
- bei der Bindung der Stammbelegschaft und ihrer Qualifikation.
- bei den damals 2 großen Projekten "Neukundengewinnung" und "Bestandskundenpflege".
Nachdem die größten Turbulenzen beendet und der "Schock" bei den Mitarbeitern überwunden waren. Und nachdem die strategischen Aktivitäten zum Wiederaufbau und zur Erweiterung der Kundenbasis erste Früchte trugen, war wieder Raum entstanden für konzeptionelles Arbeiten. Also wandten wir uns wieder dem Geschäftsmodell zu (s. Abb. 6).
Abb. 6: Das Geschäftsmodell
Typ und Kernbedürfnis der Kunden sowie Kernkompetenz und Einzigartigkeit der Lorenz-Gruppe waren schnell beschrieben. Das gelang schon im ersten Workshop:
- Kundentyp Zahnärzte mit implantologischer und ästhetischer Spezialisierung, die Kunden bzw. potenzielle Kunden der jeweiligen Standorte sind (deutschlandweit und ausgewählte Länder Europas; Umkreis von ca. 1h Autofahrt vom jeweiligen Standort)
- Kernbedürfnis der Kunden Sicherheit (störungsfreies Geschäft); persönliche Anerkennung; Spaß an der Arbeit; wirtschaftliche Absicherung
- Kernkompetenz der Lorenz-Gruppe Systeme, Methoden und Instrumente so einrichten, dass alle Kundenbetreuer der Lorenz-Gruppe in der Lage sind, ihre Kunden besser zu bedienen als die Wettbewerber am jeweiligen Standort
- Einzigartigkeit der Lorenz-Gruppe Garantie eines definierten Lorenz-Standards bildet die Grundlage und damit exzellente Positionierung der Lorenz-Gruppe am Markt; dies unabhängig vom konkreten Kundenbetreuer; unsere Kunden wissen um die Vorteile des Lorenz-Standards und sind bereit, mehr dafür zu bezahlen
Geschäftsmodell erfordert Verständnis für den Leistungskern
Aber wir hatten unseren Leistungskern noch nicht verstanden: wertvolle Leistung für wertvolle Kunden. Und ohne ein inneres Verständnis für den Leistungskern blieb das Geschäftsmodell abstrakt. Ein schön formuliertes Wunschkonzert. Denn ein Großteil unsere realen Kunden tickte ja gar nicht so, wie wir das gerne hätten. Bei Lichte betrachtet hatten wir – grob gesagt – 3 Typen:
- Die "Rosinenpicker": Der Preis steht an erster Stelle; wir sind Lieferant unter anderen;
- Die "Differenzierer": Sie wissen unsere Leistung zu schätzen, kaufen aber auch woanders ein; wir sind bevorzugter Lieferant;
- Die "treuen Kunden": Sie möchten möglichst alle Leistungen von der Lorenz-Gruppe bekommen – und sie wissen warum; wir sind Partner.
Und auch bei den treuen Kunden war uns nicht so richtig klar, warum sie für uns wertvolle Kunden sein sollen. Also haben wir klare Kriterien für einen wertvollen Kunden definiert:
- Wir erwirtschaften mit dem Kunden einen Gewinn.
- Wir richten unsere Leistungen explizit auf den individuellen Nutzen des Kunden aus.
Den Anteil wertvoller Kunden erhöhen
Die Aufgabe bestand nun darin, den Anteil wertvoller Kunden zu erhöhen durch einen gezielten Mix von Aufbau, Ausbau, Halten und Rückbau (in Kombination mit strategischer Preispolitik und Produktivitätsentwicklung). Dass das vor allem eine kulturelle Herausforderung war, habe ich schon erwähnt. Wir sind da auch noch nicht durch. Aber die Struktur unserer Kunden hat sich schon spürbar verbessert.
Auch für das Marktpotenzial hatten wir noch kein Gespür entwickelt. Es gab zwar schon erste Überlegungen zur Ermittlung von Umsatzpotenzialen und Marktsättigung. Es lässt sich ja für jeden Standort ermitteln, wie viele Zahnärzte im Umkreis von 50 km ansässig sind. Da ist es eine leichte Rechenaufgabe, unseren Anteil zu bestimmen. Aber das führt in der Praxis nur zu abstrakten Apellen, "besser" zu werden. Also haben wir angefangen, mit Kundendatenblättern zu arbeiten. Unsere Kundenbetreuer sprechen mit jedem Zahnarzt. Auch über seine Wünsche und Ziele. Über seine Interessen in der Zahnmedizin. Auch mit neuen Kunden. Da stellt sich schnell heraus, ob eine Zahnarzt zu uns passt oder nicht. Ob er das Potenzial ...