OFD Karlsruhe, Verfügung v. 25.9.2012, S 7104 - Karte 1
1. Unternehmereigenschaft
Wird der erzeugte Strom ganz oder teilweise, regelmäßig und nicht nur gelegentlich in das allgemeine Stromnetz eingespeist, liegt auch bei sonst nicht unternehmerisch tätigen Personen eine nachhaltige Tätigkeit i.S. des § 2 Abs. 1 UStG vor (Abschn. 2.5 Abs. 1 UStAE). Wird regelmäßig Strom eingespeist, kommt es für die Unternehmereigenschaft nicht auf die Höhe der erzielten Umsätze an (BFH-Urteil vom 18.12.2008, V R 80/07, BFH/NV 2009 S. 860).
Dies gilt auch für sog. kaufmännisch-bilanzielle Einspeisungen (§ 4 Abs. 5 EEG), wenn der erzeugte Strom vom Anlagenbetreiber nicht in das Netz des Netzbetreibers eingespeist, sondern intern verbraucht wird.
2. Ausgangsumsätze
2.1 Umsätze an Dritte
Die entgeltliche Lieferung von Strom an den Netzbetreiber ist ein steuerpflichtiger Umsatz, der dem Regelsteuersatz unterliegt. Die Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ist ein Nettobetrag.
Auch der dezentral verbrauchte Strom (sog. Direktverbrauch) wird an den Netzbetreiber geliefert, wenn eine Einspeisevergütung nach § 33 Abs. 2 EEG bezahlt wird. Es liegen zwei Lieferungen vor: Eine Lieferung des Anlagenbetreibers an den Netzbetreiber und gleichzeitig eine Rücklieferung des Netzbetreibers an den Anlagenbetreiber (Abschn. 2.5 Abs. 3 UStAE; BMF-Schreiben vom 1.4.2009, BStBl 2009 I S. 523). Entgelt für die Lieferung des dezentral verbrauchten Strom durch den Anlagenbetreiber ist sowohl die Einspeisevergütung nach § 33 Abs. 2 EEG als auch der Wert der Rücklieferung durch den Netzbetreiber (Tausch mit Baraufgabe, § 3 Abs. 12 UStG). Der Wert der Rücklieferung ist mit der Differenz zwischen der Einspeisevergütung nach § 33 Abs. 1 EEG und der Einspeisevergütung nach § 33 Abs. 2 EEG anzusetzen. Der Wert der Lieferung des Anlagenbetreibers entspricht beim Direktverbrauch damit der Einspeisevergütung nach § 33 Abs. 1 EEG.
Wird ausnahmsweise der selbst erzeugte Strom nicht an den Netzbetreiber geliefert, sondern unmittelbar im eigenen Unternehmen verwendet, liegt ebenfalls eine unternehmerische Verwendung vor. Die Lieferung von Strom an einen Mieter ist eine unselbständige Nebenleistung zum Vermietungsumsatz (Abschn. 4.12.1 Abs. 5 Satz 3 UStAE). Die Vermietungsleistung ist grundsätzlich nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfrei. Auf die Steuerbefreiung kann unter den Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 und 2 UStG verzichtet werden.
2.2 Verwendung des erzeugten Stroms für private Zwecke
Wurde die Photovoltaikanlage insgesamt dem Unternehmen zugeordnet und wird der für unternehmensfremde Zwecke verwendete Strom ausnahmsweise nicht an den Netzbetreiber geliefert, liegt eine unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG vor. Für Lieferungen i.S. des § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG ist die Bemessungsgrundlage nicht nach § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG, sondern nach § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG zu bestimmen. Bemessungsgrundlage für die unentgeltliche Wertabgabe sind die Selbstkosten der anteiligen Stromlieferungen zum Zeitpunkt des Umsatzes. Die Selbstkosten umfassen alle durch den Stromerzeugungsprozess bis zum Entnahmezeitpunkt angefallenen Kosten (Abschn. 10.6 Abs. 1 Satz 4 UStAE). Hierzu gehört auch der Wertverzehr, der mit der ertragsteuerlichen Abschreibung anzusetzen ist (20 Jahre; BMF-Schreiben vom 15.12.2000, BStBl 2000 I S. 1532).
3. Zuordnung zum Unternehmensvermögen
Wird für den gesamten erzeugten Strom eine Einspeisevergütung nach § 33 Abs. 1 oder Abs. 2 EEG gezahlt, ist die Photovoltaikanlage in vollem Umfang Unternehmensvermögen. Eine ausschließlich unternehmerische Nutzung liegt auch dann vor, wenn ein Teil des Stroms nicht an den Netzbetreiber geliefert wird, aber für andere unternehmerische Zwecke (z.B. Lieferung an den Mieter) verbraucht wird.
Wird ausnahmsweise der erzeugte Strom teilweise nicht an den Netzbetreiber geliefert, sondern unmittelbar für unternehmensfremde Zwecke verwendet, ist die Photovoltaikanlage ein teilunternehmerisch genutzter Gegenstand. Der Unternehmer kann die Photovoltaikanlage ganz oder teilweise seinem Unternehmen zuordnen, wenn mindestens 10% der erzeugten Strommenge für unternehmerische Zwecke verwendet wird (§ 15 Abs. 1 Satz 2 UStG, vgl. S 7300 Karte 6). Wird der Gegenstand zu weniger als 10% unternehmerisch genutzt, kann er nicht dem Unternehmensvermögen zugeordnet werden und ein Vorsteuerabzug ist insgesamt nicht möglich.
Über die Zuordnung der teilunternehmerisch genutzten Photovoltaikanlagen ist im Zeitpunkt des Leistungsbezugs zu entscheiden. Die Zuordnungsentscheidung erfolgt regelmäßig durch den Abzug der Vorsteuer aus den Anschaffungs- oder Herstellungskosten im Voranmeldungszeitraum des Leistungsbezugs, spätestens aber mit dem Vorsteuerabzug in der Umsatzsteuerjahreserklärung für das Kalenderjahr des Bezugs der Photovoltaikanlage. Die Umsatzsteuerjahreserklärung muss rechtzeitig, d.h. innerhalb der gewährten Abgabefrist eingereicht werden.
Photovoltaikanlagen sind selbständige Zuordnungsobjekte i.S. des § 15 ...