Dr. Gerlind Wendt, Michael Wendt
Leitsatz
1. Wird in eine Einzelpraxis ein Sozius aufgenommen, so ist die Tarifbegünstigung des § 24 Abs. 3 Satz 2 UmwStG i.V.m. §§ 16 Abs. 4, 18 Abs. 3, 34 Abs. 1 EStG bei einer Einbringung zu Teilwerten auch insoweit anzuwenden, als eine Zuzahlung in das Privatvermögen des Einbringenden erfolgt (entgegen Tz. 24.08 ff. des Umwandlungssteuer-Erlasses, BStBl I 1998, 268).
2. Ein bei der Einbringung zu Teilwerten entstehender Gewinn im Sonderbetriebsvermögen des Einbringenden ist nach § 24 Abs. 3 Satz 3 UmwStG nicht tarifbegünstigt.
3. Die Übergangsvorschrift des § 28 Abs. 6 UmwStG i.d.F. des StMBG verstößt nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG).
Normenkette
UmwStG § 24 Abs. 3 Sätze 2 und 3
Sachverhalt
Der Kläger, ein Rechtsanwalt, wollte einen Sozius in seine bisherige Einzelpraxis aufnehmen. Nach dem Gesellschaftsvertrag begann die Gesellschaft am 1.1.1994. Beide Gesellschafter sollten zur Hälfte am Gesellschaftsvermögen und Gewinn beteiligt sein, wofür der eintretende Gesellschafter an den Kläger 192 665 DM zu zahlen hatte.
Mit der ESt-Erklärung für das Streitjahr 1994 erklärte der Kläger infolge der Einbringung des Betriebsvermögens zu Teilwerten einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 385 330 DM. Dafür begehrte er insgesamt die Gewährung des ermäßigten Steuersatzes. Die Anwendung der Neuregelung in § 24 Abs. 3 Satz 3 UmwStG durch das StMBG zum 1.1.1994 sei unbillig, weil ihm dieses Gesetz erst Anfang 1994 bekannt gewesen sei.
Das FA besteuerte zunächst den gesamten Gewinn mit dem Regelsteuersatz. Im Einspruchsverfahren erhöhte es den Gewinn um die stillen Reserven eines Pkws, der nach der Einbringung zum Sonderbetriebsvermögen des Klägers gehört hatte, gewährte aber für einen Teilbetrag des Gewinns von 192 665 DM den ermäßigten Steuersatz. Klage und Revision dagegen blieben erfolglos.
Entscheidung
Auch der BFH war der Meinung, dem Kläger stehe die Tarifbegünstigung nach § 24 Abs. 3 UmwStG i.V.m. §§ 16, 34 EStG nur für den hälftigen Gewinn aus der Einbringung in das Gesamthandsver-mögen zu. Bei einer Einbringung zu Teilwerten sei ein solcher Einbringungsgewinn auch begünstigt, wenn eine Zuzahlung in das Privatvermögen des Einbringenden erfolge. Da alle stillen Reserven realisiert würden, sei dem Zweck der Tarifbegünstigung genügt. Die Finanzverwaltung sei zu Unrecht im Umwandlungssteuer-Erlass v. 25.3.1998 (BStBl I 1998, 268 Tz. 24.08 ff.) der Meinung, begünstigt sei eine Einbringung nur insoweit, als der Einbringende als Gegenleistung Gesellschaftsrechte erhalte, während die Zuzahlung sich als der Einbringung vorangehende Veräußerung von Eigentumsanteilen an den Wirtschaftsgütern darstelle. Richtigerweise erfolge zunächst die Einbringung, so dass bei Aufdeckung aller stillen Reserven durch Ansatz der Teilwerte die Steuerbegünstigung erlangt werden könne. Die spätere Veräußerung eines Teilanteils habe keine gewinnreali-sierende Bedeutung mehr.
Auf die Einbringung sei § 24 Abs. 3 Satz 3 UmwStG i.d.F. durch das StMBG anzuwenden. Der Kläger habe nach dem Vertragsinhalt und dessen Vollzug die Einzelpraxis zum 1.1.1994 eingebracht. Damit sei die Neuregelung anzuwenden, wonach der Einbringungsgewinn insoweit keine Tarifbegünstigung erfahre, als der Kläger an der neu gegründeten GbR beteiligt sei. Demgemäß sei der Gewinn aus der Einbringung ins Gesamthandsvermögen zur Hälfte begünstigt, der Gewinn aus der Einbringung des Pkws in das Sonderbetriebsvermögen überhaupt nicht. Die Anwendung der Neuregelung auf alle Einbringungen nach dem 31.12.1993 verstoße nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip. Generell habe kein schutzwürdiges Vertrauen in den Fortbestand der alten Rechtslage bestehen können. Besondere Härten seien ggf. im Rahmen einer Billigkeitsentscheidung nach § 163 AO zu berücksichtigen. Einen entsprechenden Antrag habe der Kläger noch nicht gestellt.
Hinweis
Durch das StMBG ist ab 1994 das sog. Aufstockungsmodell uninteressant geworden. Denn der ermäßigte Steuersatz kann auch bei Aufdeckung aller stillen Reserven im Rahmen einer Umwandlung nach § 24 UmwStG oder einer Veräußerung an eine Schwestergesellschaft nach § 16 EStG nicht mehr in Anspruch genommen werden, soweit der Steuerpflichtige selbst an der aufnehmenden oder erwerbenden Gesellschaft beteiligt ist.
Wenn man – wie im Streitfall – einen Gesellschafter in ein Einzelunternehmen aufnehmen will, empfiehlt sich derzeit noch das sog. 2-Stufen-Modell, wonach dem neuen Gesellschafter zunächst eine kleine Beteiligung eingeräumt wird. Sofern dabei stille Reserven aufgedeckt werden, unterliegt dieser Gewinn dem Regelsteuersatz. Anschließend wird dem neuen Gesellschafter ein Teil des Mitunternehmeranteils des Hauptgesellschafters entgeltlich übertragen, so dass anschließend das ursprünglich vorgesehene Beteiligungsverhältnis erreicht wird. Diese Teilanteilsveräußerung wird auf Grund langjähriger Rechtsprechung noch als tarifbegünstigt angesehen.
Es ist nicht auszuschließen, dass der BFH in absehbarer Zeit diese Rechtsprechung aufgibt, für die es nach seinen Aus...