Leitsatz

1. Ist die Unterpos. 1302 19 05 KN dahingehend auszulegen, dass darin auch ein mit Ethanol und Wasser verdünntes, extrahiertes Vanille-Oleoresin bestehend aus rund 90 % (v/v) bzw. 85 % (m/m) Ethanol, bis zu 10 % (m/m) Wasser, 4,8 % (m/m) Trockenrückstand und 0,5 % (m/m) Vanillin einzureihen ist, obwohl nach der Anm. 1 Buchst. ij zu Kap. 13 KN extrahierte Oleoresine nicht zu Pos. 1302 KN gehören?

2. Gehören zu den extrahierten Oleoresinen im Sinne der Unterpos. 3301 90 30 KN Waren wie in der ersten Vorlagefrage beschrieben?

3. Ist die Unterpos. 3302 10 90 KN dahingehend auszulegen, dass Waren wie in der ersten Vorlagefrage beschrieben als eine Mischung von Riechstoffen oder eine Mischung (einschließlich alkoholischer Lösungen) auf der Grundlage eines oder mehrerer dieser Stoffe, von der als für die Lebensmittelindustrie verwendeten Art, einzureihen sind?

4. Gehören zu den Aromen im Sinne des Art. 27 Abs. 1 Buchst. e RL 92/83 auch Waren der Unterpos. 1302 19 05 KN oder extrahiertes Oleoresin der Unterpos. 3301 90 30 KN?

 

Normenkette

§ 130, § 152 BranntwMonG, Unterpos. 1302 19 05, Unterpos. 3301 90 30, Unterpos. 3302 10 90 KN, Art. 27 Abs. 1 Buchst. e RL 92/83

 

Sachverhalt

Die Klägerin hatte Vanille-Extrakt zur Überführung in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr angemeldet. Dabei handelte es sich um ein ursprünglich mittels eines Lösungsmittels aus der Vanilleschote gewonnenes, stark riechendes, zähflüssiges, dunkelbraunes Produkt mit Ursprung in Madagaskar, das anschließend in der Schweiz mit Alkohol und Wasser verdünnt und in die EU eingeführt wurde.

Nachdem das HZA zunächst nur EuSt festgesetzt hatte, erhob es später Zoll und Branntweinsteuer nach, weil es davon ausging, dass die Ware in die Unterpos. 1302 19 05 KN (Zollsatz 3 %) einzureihen sei und damit auch der Branntweinsteuer unter­liege.

Das FG bestätigte diese Einreihung (FG Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, Entscheidung vom 18.9.2018, 11 K 3691/16). Es handele sich zwar nicht um reines Vanille-Oleoresin, sondern um eine Mischung aus Vanille-Oleoresin, Alkohol und Wasser. Das Vanille-Oleoresin verleihe der Ware jedoch ihren wesentlichen Charakter, weshalb auch das mit Alkohol und Wasser verdünnte Vanille-Oleoresin in die Position (Pos.) 1302 des Harmonisierten Systems (HS) einzureihen sei. Abgesehen davon werde Vanille-Oleoresin ausdrücklich in der Unterpos. 1302 19 05 KN genannt. Eine Einreihung in die Unterpos. 3302 10 90 KN scheide aus, da es sich bei dem Vanille-Oleoresin nicht um einen Riechstoff handele. Außerdem sei der Vanille-Extrakt eine branntweinsteuerpflichtige Ware. Die für bestimmte Lebensmittelaromen bestehende Steuerbefreiung sei nicht anzuwenden, weil dieser Vanille-Extrakt nicht aus mehreren Pflanzenarten gewonnen worden sei.

Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin. Nach ihrer Auffassung ist die Ware in die Unterpos. 3302 10 90 KN einzureihen. Die Branntweinsteuer entfalle unabhängig davon, ob die eingeführte Ware in die Unterpos. 3302 10 90 KN oder in die Unterpos. 1302 19 05 KN einzureihen sei.

 

Entscheidung

Der BFH hat das Verfahren ausgesetzt und den EuGH angerufen. Dabei sollen insbesondere der Umfang der Branntweinsteuerbefreiung und der Aromenbegriff geklärt werden.

 

Hinweis

Aus den Vorlagefragen an den EuGH ergibt sich für den Betrachter möglicherweise nicht auf den ersten Blick eine allgemeine Relevanz dieses Falles. Tatsächlich ging es im Kern um die Frage, ob bei der Einfuhr von Vanilleextrakten keine Branntweinsteuer anfällt, weil es sich um Aromen handelt. Im Einzelnen:

Handelt es sich bei dem mittels eines Lösungsmittels aus Vanilleschoten gewonnenen und für die Lebensmittelindustrie zur Herstellung von Schokolade, Joghurt und Backwaren bestimmten Extrakt, das vor der Einfuhr in die EU mit Alkohol und Wasser verdünnt wird, um einen der Branntweinsteuer unterliegenden Pflanzenauszug (Unterposition 1302 1905) oder ist die Ware als Mischung von Riechstoffen (Unterposition 3302 1090) oder als extrahiertes Oleoresin im Sinne der Unterpos. 3301 90 30 KN einzureihen?

1. Die branntweinsteuerliche Behandlung der Ware hängt möglicherweise von dieser Einreihung in den Zolltarif ab. Nach § 152 Abs. 1 Nr. 5 BranntwMonG i.d.F. des Gesetzes vom 21.6.2013 (BGBl I 2013, 2221) sind Erzeugnisse von der Steuer befreit, wenn sie gewerblich verwendet werden zur Herstellung von Aromen zur Aromatisierung von Getränken mit einem Alkoholgehalt von nicht mehr als 1,2 Volumenprozent oder anderen Lebensmitteln, ausgenommen Branntwein und andere alkoholhaltige Getränke. Diese nationale Regelung beruht auf Art. 27 Abs. 1 Buchst. e RL 92/83.

2. Der Vanille-Extrakt ist eine branntweinhaltige Ware und unterliegt gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 BranntwMonG grundsätzlich der deutschen Branntweinsteuer. Zweifelhaft war für den BFH allerdings, ob die Steuerbefreiung nach § 152 Abs. 1 Nr. 5 BranntwMonG greift.

3. Die Richtlinie 92/83 definiert den Begriff des Aromas nicht. Bereits vor fast 30 Jahren beschäftigte sich der Verbrauchsteue...

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