Prof. Dr. Joachim S. Tanski
4.3.1 Nachträgliche Herstellungskosten versus Erhaltungsaufwand
Rz. 52
Sofern für technische Anlagen und Maschinen Instandhaltungsaufwendungen anfallen, ist zu prüfen, ob es sich ggf. um nachträgliche Herstellungskosten, welche zu aktivieren sind, oder um sofort als Aufwand bzw. Betriebsausgaben abziehbare Erhaltungsaufwendungen handelt. Nachträgliche Herstellungskosten werden regelmäßig nur angenommen, wenn sich das Wirtschaftsgut in seiner Wesensart verändert oder eine Substanzvermehrung vorgenommen wird. Eine Wertsteigerung oder eine Verlängerung der Lebensdauer des Gutes allein reichen i. d. R. nicht für die Annahme von nachträglichen Herstellungskosten aus.
Der Ersatz einzelner Teile eines Wirtschaftsguts ist nach ständiger Rechtsprechung regelmäßig als Erhaltungsaufwand anzusehen. Dies gilt selbst dann, wenn damit eine werterhöhende Modernisierung verbunden ist oder der ersetzte Teil noch funktionsfähig war. Nachträgliche Herstellungsarbeiten liegen demnach nur vor, wenn ein Wirtschaftsgut in seiner Substanz vermehrt (erweitert) oder über seinen bisherigen Zustand erheblich verbessert (ausgebaut) wird, nicht jedoch, wenn das neue Wirtschaftsgut die bisherige Funktion für ein einheitliches Wirtschaftsgut in vergleichbarer Weise erfüllt wie das alte Wirtschaftsgut.
Durch Vermehrung oder Verminderung des einem Wirtschaftsgut zukommenden Aufwandes kann ggf. eine Verschiebung zu oder von den nachträglichen Herstellungskosten und damit eine Erhöhung oder Verminderung des Periodenerfolges erreicht werden. Der bilanzpolitische Spielraum ist hier aber sehr eng, insbesondere da die Finanzrechtsprechung eine klare Tendenz zur Annahme von Erhaltungsaufwand hat.
4.3.2 Berücksichtigung von notwendigen Reparaturen
Rz. 53
In § 249 Abs. 2 HGB a. F. (vor HGB-Änderung durch das BilMoG) konnten für (Groß-)Reparaturen sog. Aufwandsrückstellungen gebildet werden. Durch das BilMoG ist diese Möglichkeit seit 2010 ersatzlos entfallen.
Rz. 54
Eine Rückstellung für Reparaturen ist jedoch sowohl für die Handelsbilanz als auch für die Steuerbilanz zwingend, wenn für diese Reparaturen eine Leistungsverpflichtung gegenüber Dritten besteht. In diesem Fall handelt es sich nicht um eine Aufwandsrückstellung, sondern um eine ungewisse Verbindlichkeit.
Rz. 55
Da keine Reparaturrückstellungen als Aufwandsrückstellung gebildet werden dürfen, ist bei einer – wesentlichen – Reparaturbedürftigkeit einer technischen Anlage oder Maschine zu prüfen, ob eine außerplanmäßige Abschreibung möglich oder geboten ist. Für die Steuerbilanz ist hier entsprechend eine Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung (AfaA) gem. § 7 Abs. 1 Satz 7 EStG in Erwägung zu ziehen.
Rz. 56
In wohl eher seltenen Grenzfällen könnte die Berücksichtigung erheblicher Austauschprogramme bei einer technischen Anlage auch bei der Bemessung der planmäßigen Abschreibung in Betracht kommen. Hier ist beispielsweise an Fälle zu denken, bei denen beim Austausch von Kernelementen praktisch nur ein bedeutungsloses Gehäuse verbleibt. Einen "umgekehrten", aber ähnlich wirkenden Vorschlag macht das IdW, wonach es als handelsrechtlich zulässig erachtet wird, dass die Erneuerung einer einzelnen Komponente nicht erfolgswirksam im Zeitpunkt der Ausgabe für den Ersatz einer Komponente als Erhaltungsaufwand zu erfassen ist, sondern als nachträgliche Anschaffungs- und Herstellungskosten zu aktivieren und anschließend über die Nutzungsdauer der Komponente abzuschreiben ist.
Rz. 57
In den IFRS wird mit dem Komponentenansatz ein der ehemaligen Großreparaturrückstellung vergleichbares Ergebnis erzielt. Die Aufgabe der Großreparaturrückstellung durch das BilMoG führte an dieser Stelle zu einem vergrößerten Unterschied zwischen HGB und IFRS. Das IdW erklärt daraufhin den Komponentenansatz für bestimmte Fälle auch für die Handelsbilanz als zulässig. Danach ist die Anwendung des Komponentenansatzes in den Fällen zulässig, in denen physisch separierbare Komponenten ausgetauscht werden, die in Relation zum gesamten Sachanlagevermögensgegenstand wesentlich sind.
4.3.3 Rückstellung für unterlassene Instandhaltung
Rz. 58
Im Zusammenhang mit den Rückstellungen für Reparaturen sind die Rückstellungen für unterlassene Instandhaltung zu sehen, für die gem. § 249 Abs. 1 HGB eine Passivierungspflicht besteht, soweit sie im folgenden Geschäftsjahr innerhalb von 3 Monaten nachgeholt werden. Das Passivierungswahlrecht für jene unterlassenen Instandhaltungsaufwendungen, die innerhalb des gesamten folgenden Geschäftsjahres nachgeholt werden, ist seit 2010 durch das BilMoG aufgehoben worden, sodass jetzt nur noch das Aktivierungsgebot für die 3-monatige Nachholung existiert. In der Steuerbilanz dürfen diese Rückstellungen ebenfalls nur gebildet werden, wenn die Nachholung innerhalb der 3-Monatsfrist erfolgt.
Rz. 59
Die Einschränkung auf die ersten 3 Monate des folgenden Geschäftsjahres soll einen Missbrauch dieser Rückst...