Im Rahmen der EU-Schiedskonvention haben sich die EU-Staaten verpflichtet, Doppelbesteuerungen anhand eines EU-Schiedsverfahrens zu beseitigen, das in folgenden Stufen ablaufen sollte, wobei nicht zwingend alle Stufen durchlaufen werden müssen:
- Vorverfahren
- Verständigungsverfahren
- Schlichtungsverfahren
Es handelt sich um ein bilaterales Verfahren mit dem wesentlichen Vorteil gegenüber einem Verständigungsverfahren ohne Schiedsklausel gem. Art. 25 Abs. 5 OECD-MA, dass ein Einigungszwang für die beteiligten EU-Staaten besteht. Weiterhin ist zu betonen, dass die Fristenregelungen für den Steuerpflichtigen deutlich günstiger sind. Grundsätzlich lässt die EU-Schiedskonvention auch die Kombination von mehreren EU-Schiedsverfahren zu, so dass grundsätzlich multilaterale Einigungen möglich wären.
Das Schiedsverfahren gem. Art. 25 OECD-MA und das EU-Schiedsverfahren stehen nebeneinander. Das heißt, das Unternehmen hat das Wahlrecht, sich für das eine oder andere zu entscheiden.
Das Verfahren ist vereinfacht wie folgt zusammenzufassen:
Abb. 155: Ablauf des EU-Schiedsverfahrens
Grundsätzlich gilt, dass in einem EU-Schiedsverfahren nur der doppelt besteuerte Gewinn entsprechend gegenkorrigiert wird. Das heißt, in der Praxis entspricht die Steuernachzahlung des einen Landes i. d. R. nicht der Steuererstattung des anderen Landes, soweit die Steuersätze voneinander abweichen. Und in der Praxis bleiben die Unternehmen auf Zinsen und Strafen sitzen, weil diese nicht Gegenstand eines EU-Schiedsverfahrens sind.
Insofern gilt zwar auch hier, dass das Verfahren langwierig und ressourcenintensiv ist, aber wenigstens ist letztlich die Doppelbesteuerung beseitigt. Zum 31.12.2020 waren 2.213 Fälle der EU-Schiedskonvention anhängig, davon 499 aus Deutschland. Abbildung 156 zeigt die Anzahl der initiierten und erledigten Fälle nach dem EU-Schiedsverfahren Ende 2020.
Abb. 156: Anzahl der initiierten und erledigten Fälle nach dem EU-Schiedsverfahren Ende 2020
Die Länder-Paarungen mit dem intensivsten gegenseitigen Austausch und der größten Erfahrung an EU-Schiedsverfahren sind folgender Tabelle zu entnehmen:
EU-Staaten |
Anzahl MAP in 2011 |
Deutschland–Frankreich |
53 |
Frankreich–Großbritannien |
27 |
Frankreich–Italien |
24 |
Frankreich–Spanien |
23 |
Deutschland–Großbritannien |
19 |
Deutschland–Italien |
18 |
Frankreich–Belgien |
14 |
Ein EU-Schiedsverfahren löst in Deutschland keine Gebühren seitens der Finanzverwaltung aus.
Das BMF-Schreiben vom 27.8.2021 enthält ausführliche und nützliche Informationen zur Durchführung von EU-Schiedsverfahren.
Zusammenfassende Vor-/Nachteilsbetrachtung von EU-Schiedsverfahren
Vorteile |
Nachteile |
- Sicherheit, dass die Doppelbesteuerung im Nachgang einer BP beseitigt ist. Einigungszwang! Aufgrund unterschiedlicher Steuersätze gleichen sich Steuernachzahlung und -erstattung i. d. R. nicht aus.
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- Langwieriges Verfahren. Kostet Zeit und Geld. Lohnt sich nur bei entsprechend hohen Steuernachforderungen.
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- Keine Gebühren der deutschen Finanzverwaltung (BZSt).
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- Steuerpflichtiger erhält bei erfolgreichem Abschluss des Verfahrens eine Feststellung des Einigungsbetrags, allerdings keine Hintergründe bzgl. "richtiger"/fremdüblicher Charakterisierung der Gesellschaften, VP-Methode, Margen etc.
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- Keine Bindungswirkung für die Zukunft.
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- Zinsen und Strafen sind nicht Gegenstand des Verfahrens.
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