Autoren: Dr. Thorsten Zumwinkel, Pia Marie König
In vielen Staaten und auch in Deutschland gilt, dass die unterlassene, nicht rechtzeitige oder unvollständige Anmeldung bzw. Erklärung von Steuern auch straf- oder bußgeldrechtlich Konsequenzen haben kann. In Deutschland weisen bereits die Verwaltungsgrundsätze-Verfahren vom 12. April 2005 auf die Möglichkeit straf- oder bußgeldrechtlicher Konsequenzen bei einer missbräuchlichen Gestaltung von Verrechnungspreisen, soweit dadurch Steuerverkürzungen bewirkt werden, hin. Bei dem Verdacht vorsätzlichen Handelns kann ein Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung eingeleitet werden, bei der Annahme von Leichtfertigkeit ein Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen leichtfertiger Steuerverkürzung. Täter dieser Delikte sind stets die jeweils handelnden Personen bzw. im Falle eines Unterlassungsdelikts die Personen, die hätten handeln müssen.
Zudem besteht neben der Verfolgung der handelnden Personen unter den Voraussetzungen des § 30 OWiG die Möglichkeit, eine Geldbuße gegen das Unternehmen zu verhängen. Daneben sind die Vorschriften zur Einziehung des Wertes der Taterträge nach den §§ 73a ff. StGB, 29a OWiG zu beachten, denen in der Praxis mittlerweile eine große Bedeutung zukommt.
Nachfolgend werden die §§ 370, 378 AO als zentrale Vorschriften näher erläutert. Anschließend folgen praktischen Erwägungen zum steuerstrafrechtlichen Verfahren anhand von häufig auftretenden Fallkonstellationen.
5.1.4.1 Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 AO
Die Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 AO stellt eine Straftat dar und kann als solche gegenüber dem Verpflichteten bzw. der handelnden Person mit empfindlichen Geld- und Haftstrafen von bis zu fünf Jahren geahndet werden. In besonders schweren Fällen ist eine Haftstrafe von bis zu zehn Jahren möglich. Bei einer Steuerhinterziehung von mehr als einer Million EUR erfolgt in der Regel keine Strafaussetzung zur Bewährung. Dies gilt insbesondere in Fällen sog. eigennütziger Steuerhinterziehung.
Die Steuerhinterziehung kann sowohl durch aktives Tun als auch durch pflichtwidriges Unterlassen begangen werden. Im Zusammenhang mit Verrechnungspreisen kommt vorrangig eine Steuerhinterziehung durch unrichtige oder unvollständige Angaben gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO in Betracht. Unrichtig oder unvollständig können Angaben zu Verrechnungspreisen insbesondere sein, wenn der zugrunde gelegte Verrechnungspreis unangemessen ist. Um die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben zu überprüfen, muss daher der als angemessen geltende Verrechnungspreis bestimmt werden. Aufgrund verschiedener gesetzlich vorgesehener Ermittlungsmethoden existiert letztlich eine Bandbreite angemessener Verrechnungspreise, vgl. § 1 Abs. 3a S. 1 AStG. Richtigerweise muss diese Bandbreite auch bei der steuerstrafrechtlichen Prüfung Berücksichtigung finden und die Behörde muss nach dem auch im Steuerstrafverfahren geltenden Grundsatz "in dubio pro reo" innerhalb der zulässigen Bandbreite den für den Steuerpflichtigen günstigsten Verrechnungspreis ansetzen.
Als weitere Voraussetzung des § 370 Abs. 1 AO muss die unrichtige oder unvollständige Angabe eine Steuerverkürzung oder einen ungerechtfertigten Steuervorteil zur Folge haben. Wenn trotz einer unrichtigen Fremdvergleichsanalyse eine der Höhe nach zutreffende, also der Soll-Steuer entsprechende Erklärung abgegeben wird, sind grundsätzlich keine Steuern verkürzt. Allerdings kann in Fällen, in denen der Steuerpflichtige die Grundsätze des § 1 Abs. 3 AStG nicht berücksichtigt und die Höhe der Steuern lediglich zufällig richtig festgelegt wird, eine Versuchsstrafbarkeit in Betracht kommen. Denkbar ist aber auch, dass die Verwaltung aufgrund des sog. Kompensationsverbots im Sinne des § 370 Abs. 4 S. 3 AO eine vollendete Steuerhinterziehung annimmt; dies hängt vom Einzelfall ab.
Eine Steuerhinterziehung kann gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO auch durch Unterlassen begangen werden, indem der Steuerpflichtige die Finanzbehörde pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt. Dabei ist insbesondere die Anzeige- und Berichtigungspflicht nach § 153 AO zu beachten. Demnach hat (Pflicht!) der Steuerpflichtige seine Steuererklärungen unverzüglich zu berichtigen (d. h. richtigstellende Anzeige), wenn er erkennt,
- dass eine von ihm abgegebene Erklärung unrichtig oder unvollständig ist und dass es dadurch zu einer Verkürzung von Steuern kommen kann oder bereits gekommen ist oder
- dass eine durch Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstempeln zu entrichtende Steuer nicht in der richtigen Höhe entrichtet worden ist.
Dabei ist ...