Das Ziel einer F&R-Analyse ist, anhand von Interviews sowie konzerninternen Unterlagen und Informationen zu erfahren und zu dokumentieren,
- welche Funktionen beide Parteien ausüben,
- welche Partei die maßgeblichen Entscheidungen tatsächlich trifft,
- welche Risiken beide Parteien tragen,
- welche Partei die Risiken tatsächlich kontrolliert,
- welche Partei ein Risiko wirtschaftlich tragen könnte und
- welche materiellen und vor allem immateriellen Wirtschaftsgüter von beiden Parteien eingesetzt werden.
Die OECD fokussiert nunmehr deutlich stärker als bisher auf eine umfassende Risikoanalyse, um die tatsächliche Transaktion möglichst gut beschreiben zu können. Hierfür hat sie folgenden sechsstufigen Prüfungsansatz entwickelt:
- Step 1: Identify economically significant risks with specificity (see Section D.1.2.1.1).
- Step 2: Determine how specific, economically significant risks are contractually assumed by the associated enterprises under the terms of the transaction (see Section D.1.2.1.2).
- Step 3: Determine through a functional analysis how the associated enterprises that are parties to the transaction operate in relation to assumption and management of the specific, economically significant risks, and in particular which enterprise or enterprises perform control functions and risk mitigation functions, which enterprise or enterprises encounter upside or downside consequences of risk outcomes, and which enterprise or enterprises have the financial capacity to assume the risk (see Section D.1.2.1.3).
- Step 4: Interpreting steps 1 to 3. Steps 1–3 will have identified information relating to the assumption and management of risks in the controlled transaction. The next step is to interpret the information and determine whether the contractual assumption of risk is consistent with the conduct of the associated enterprises and other facts of the case by analysing (i) whether the associated enterprises follow the contractual terms under the principles of Section D.1.1; and (ii) whether the party assuming risk, as analysed under (i), exercises control over the risk and has the financial capacity to assume the risk (see Section D.1.2.1.4).
- Step 5: Re-allocating the risk. Where the party assuming risk under steps 1–4(i) does not control the risk or does not have the financial capacity to assume the risk, the risk has to be re-allocated to the party which exercises the risk control and has the financial capacity to assume the risk (see Section D.1.2.1.5).
- Step 6: The actual transaction as accurately delineated by considering the evidence of all the economically relevant characteristics of the transaction as set out in the guidance in Section D.1, should then be priced taking into account the financial and other consequences of risk assumption, as appropriately allocated, and appropriately compensating risk management functions (see Section D.1.2.1.6).
Mit anderen Worten: Die OECD fordert ein, die tatsächliche Transaktion möglichst sachgerecht zu beschreiben. Hierbei ist eine Analyse der tatsächlich durchgeführten Funktionen, der übernommenen Risiken, der Fähigkeit diese Risiken zu kontrollieren, der finanziellen Kapazität des Risikoträgers und der eingesetzten materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter durchzuführen. Die OECD sieht dabei den konzerninternen Vertrag als den "Startpunkt". Nicht mehr und nicht weniger. D. h. fremdvergleichswidrige Vertragsgestaltungen, ein Auseinanderfallen von Risikoallokation und tatsächlicher Entscheidung über Risiken, ein Auseinanderfallen von Ergebnisallokation und tatsächlicher Wertschöpfungsallokation soll laut OECD von den Finanzverwaltungen aufgegriffen und recharakterisiert werden dürfen. Es besteht daher die Gefahr, dass bei Betriebsprüfungen auf dieser Basis versucht wird, Vertragsgestaltungen zu recharakterisieren, was zu entsprechenden Streitigkeiten und ggf. anschließenden Verständigungsverfahren führen dürfte.
In der Vergangenheit (d. h. vor BEPS) war das internationale Verständnis, Verträge und somit Transaktionen grundsätzlich zu akzeptieren. Falls die daraus resultierende Ergebnisallokation nicht fremdüblich war, so wurden Verrechnungspreiskorrekturen (der Höhe nach) vorgenommen. Zudem erlaubt auch die bisherige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes eine Umqualifizierung von Verträgen bzw. Vertragsbedingungen nur in Ausnahmefällen und unter engen Voraussetzungen (insbesondere in Missbrauchsfällen, z. B., wenn beide Parteien von Anfang nicht die Absicht hatten den Vertrag entsprechend der vereinbarten Bedingungen zu erfüllen).
Wozu kann eine Recharakterisierung und Risiko-Reallokation führen?
Beispiel:
Auf Basis des konzerninternen Vertrags handelt eine deutsche Tochtergesellschaft ("DE") einer schweizerischen Muttergesellschaft ("CH") als Auftragsentwicklerin ("Routinegesellschaft", vgl. Kapitel 10) für die CH. CH ("Strategieträger", vgl. Kapitel 10) wird Eigentümerin des entwickelten Know-hows und bezieht aus der Überlassung der Lizenzen an andere Konzern-Produzenten Liz...