Leitsatz
Wird die Nutzungsüberlassung in den Fällen des § 21 Abs. 2 EStG in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufgeteilt, so ist das in der verbilligten Vermietung liegende nicht marktgerechte Verhalten des Steuerpflichtigen für die Prüfung seiner Einkünfteerzielungsabsicht im Rahmen des entgeltlichen Teils ebenso wenig bedeutsam wie für den Fremdvergleich (Ergänzung zum BFH-Urteil vom 5.11.2002, IX R 48/01, BFHE 201, 46).
Normenkette
§ 21 Abs. 2 EStG
Sachverhalt
Die Kläger erwarben im September 1991 von der Mutter der Klägerin ein 1982 mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück für 500.000 DM. Den nach teilweiser Tilgung verbleibenden Restbetrag von 375.000 DM stundete die Mutter der Klägerin darlehensweise gegen Verzinsung. Die Tilgung betrug ab 1.10.1992 monatlich 1.500 DM. Ab Oktober 1991 vermietete der Kläger das Haus an die Eltern der Klägerin für einen monatlichen Mietzins von 500 DM ohne Nebenabgaben (4,02 DM pro qm) und ließ entsprechend seiner mietvertraglich eingegangenen Verpflichtung eine Küche für 26.422 DM einbauen.
Im Streitjahr erklärte der Kläger bei 6.000 DM Einnahmen aus der Vermietung des Hauses einen Werbungskostenüberschuss von 53.116 DM – wie auch in den Folgejahren zwischen 21.400 DM und 51.200 DM, bis 1999 zusammen ca. 280.000 DM. Das FA ging von einer ortsüblichen Marktmiete für das Objekt von 10 DM pro qm zuzüglich eines Zuschlags von 10 % für die Einbauküche aus und berücksichtigte deshalb die geltend gemachten Werbungskosten nur in dem Verhältnis, das der vereinbarten Miete zu der ortsüblichen Marktmiete entspreche, also in Höhe von 36,1 % (21.341 DM). Einspruch und Klage blieben erfolglos. Dagegen richtet sich die Revision der Kläger.
Entscheidung
Der BFH hat das FG-Urteil aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Denn das FG habe nicht offen lassen dürfen, in welchem Verhältnis die im Streitfall vereinbarte Miete zur ortsüblichen Marktmiete stehe. Betrage nämlich die zwischen dem Kläger und den Eltern der Klägerin vereinbarte Miete unter 50 % der ortsüblichen Marktmiete, so sei die Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und in einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen und nur der auf den entgeltlichen Teil entfallende Teil der Aufwendungen als Werbungskosten abziehbar. Entsprechendes gelte für die Vereinbarung einer Miete von mindestens 50 % und mehr, jedoch weniger als 75 % der ortsüblichen Marktmiete, sofern die Ertragsprognose auf der Grundlage eines Beurteilungszeitraums von 30 Jahren negativ sei. Sei dagegen die Ertragsprognose positiv, so seien bei dieser Miethöhe (zwischen 50 % und 75 %) Aufwendungen uneingeschränkt als Werbungskosten abziehbar.
Hinweis
Vereinbaren Angehörige eine verbilligte Miete in Höhe von mindestens 50 % der ortsüblichen Marktmiete, so ist nach § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG grundsätzlich von einem voll entgeltlichen Geschäft auszugehen. Führt eine wegen der Verbilligung veranlasste Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht (vgl. dazu BFH, Urteil vom 9.7.2002, IX R 57/00, BFH-PR 2002, 419) zu einer negativen Überschussprognose, so ist die Vertragsmiete trotz des in § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG angeordneten Aufteilungsverbots im Weg einer teleologischen Reduktion dieser Vorschrift in einen entgeltlichen und in einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen (vgl. BFH, Urteil vom 5.11.2002, IX R 48/01, BFH-PR 2003, 92).
Entsprechend ist aufzuteilen, wenn der Mietzins weniger als 50 % der ortsüblichen Marktmiete beträgt. Nur die anteilig auf den entgeltlichen Teil der Vermietung entfallenden Werbungskosten sind abziehbar. Nach Aufteilung der Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und in einen unentgeltlichen Teil ist das in der verbilligten Vermietung liegende nicht marktgerechte Verhalten des Steuerpflichtigen für die Prüfung seiner Einkünfteerzielungsabsicht ebenso wenig bedeutsam wie für den Fremdvergleich (BFH, Urteil vom 5.11.2002, IX R 32/02, BFH/NV 2003, 599). Denn schon die Aufteilung ist Rechtsfolge dieses nicht marktgerechten Verhaltens. Zu den Ausnahmefällen, die dann unabhängig von der Aufteilung noch zur Prüfung seiner Einkünfteerzielungsabsicht führen können (vgl. BFH, Urteil vom 30.9.1997, IX R 80/94, BStBl II 1998, 771) kann folglich nicht erneut der Umstand des verbilligten Vermietens gehören (a.A. noch BFH, Urteil vom 25.1.1994, IX R 139/92, BFH/NV 1995, 11, das durch die Entscheidung in BFH-PR 2003, 92 überholt ist).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 22.7.2003, IX R 59/02