Leitsatz
Bei der Einbringung zu Teilwerten oder Zwischenwerten gehören zum Teilwert halbfertiger Arbeiten auch darin enthaltene anteilige Gewinne.
Normenkette
§ 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG , § 20 Abs. 2 UmwStG , § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG , § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG
Sachverhalt
In die Klägerin, eine GmbH, wurden die Kommanditanteile einer KG eingebracht, und zwar zu Zwischenwerten unter Aufdeckung von 90 % der in den materiellen Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens ruhenden stillen Reserven. In die Einbringungsbilanz wurden auch halbfertige Bauarbeiten unter Einbeziehung noch nicht realisierter Gewinne eingestellt. Das FA reduzierte diese Werte und setze nur die Wiederbeschaffungskosten an.
Entscheidung
Der BFH gab der Klägerin Recht. Die beiden Kernthesen seiner Entscheidung finden sich in den Praxis-Hinweisen.
Hinweis
1. Wird ein Betrieb oder Teilbetrieb oder ein Mitunternehmeranteil in eine unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige Kapitalgesellschaft eingebracht und erhält der Einbringende dafür neue Anteile an der Gesellschaft (Sacheinlage), so besteht ein Wahlrecht: Die Kapitalgesellschaft darf das eingebrachte Betriebsvermögen mit seinem Buchwert oder mit einem höheren Wert ansetzen, § 20 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 UmwStG. Bei dem Ansatz des eingebrachten Betriebsvermögens dürfen die Teilwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter nicht überschritten werden (§ 20 Abs. 2 Satz 5 UmwStG).
2. Der BFH legt zu diesem Wahlrecht zwei Erkenntnisse fest.
Zum Ersten: Entscheidet der Steuerpflichtige sich für einen Zwischenwert, dann bedeutet dies, dass er die in den eingebrachten Wirtschaftsgütern ruhenden stillen Reserven gleichmäßig und einheitlich, also flächendeckend, aufstocken muss. Er kann den Zwischenwertansatz nicht auf das eine oder das andere Wirtschaftsgut beschränken.
Zum Zweiten: Sind in den eingebrachten Wirtschaftsgütern halbfertige Arbeiten enthalten, dann gilt im Grundsatz gleiches. Problematisch ist allerdings, was unter dem Teilwert halbfertiger (Bau-)Arbeiten zu verstehen ist. Es sind dies sicher die bislang aufgewendeten Selbstkosten (= die Reproduktionswerte mit den Vollkosten). Sind dies aber auch die in solchen Arbeiten ruhenden, im laufenden Geschäftsbetrieb noch nicht aufzudeckenden Gewinnanteile? Hier gilt: Im Prinzip nein, bei Einbringungsvorgängen i.S.d. § 20 UmwStG aber ausnahmsweise doch, und zwar aufgrund eines normspezifischen Begriffsverständnisses. Denn dort soll sich das Aufdeckungswahlrecht des Steuerpflichtigen im Grundsatz auf jegliche stille Reserven beziehen, also einschließlich solcher, die an sich noch nicht aufzudecken sind. Das muss sich im Teilwert niederschlagen.
Dass halbfertige Bauten eines Bauunternehmers auf fremdem Grund und Boden handels- und steuerrechtlich als Forderungen (nämlich als Teil-Werklöhne) und damit als Umlaufvermögen behandelt werden, ändert daran nichts. Forderungen sind gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Sätze 1 und 2 EStG mit ihren Herstellungskosten zu bewerten; Teilwerte kommen nur dann zum Zug, wenn sie niedriger sind. Herstellungskosten und Teilwerte sind damit zugleich aber auch prinzipiell voneinander zu unterscheiden. Die normspezifischen Unterschiede des Teilwerts bei der Einbringung können also durchschlagen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 10.7.2002, I R 79/01