Leitsatz
Teilwertabschreibungen aufgrund von Gewinnausschüttungen mindern dann den Gewerbeertrag des Organkreises, wenn es sich bei den ausgeschütteten Gewinnen um solche aus vororganschaftlicher Zeit handelt (Abgrenzung vom Senatsurteil vom 2.2.1994, I R 10/93, BStBl II 1994, 768).
Normenkette
: § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG , § 9 Nr. 2a GewStG
Sachverhalt
Die Klägerin, eine GmbH, erwarb am 20./24.8.1987 sämtliche Anteile an zwei anderen GmbHs und begründete mit diesen zum 1.1.1988 eine gewerbesteuerrechtliche Organschaft. Am 22.3.1988 beschlossen die Gesellschafter die Ausschüttung von Erträgen der beiden Organgesellschaften aus vororganschaftlicher Zeit. Wegen dieser Ausschüttungen nahm die Klägerin auf die Beteiligungen Teilwertabschreibungen gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG vor und kürzte um diesen Betrag ihren Gewinn aus Gewerbebetrieb gem. § 9 Nr. 2a GewStG 1984. Das FA folgte dem – unter Hinweis auf Abschn. 42 Abs. 1 Sätze 7 und 11 GewStR 1984/1990 und das BFH-Urteil vom 2.2.1994, I R 10/93 (BStBl II 1994, 768) – nicht.
Entscheidung
Der BFH sah dies anders. Die Gründe für diese Entscheidung können Sie den Praxis-Hinweisen entnehmen.
Hinweis
1. Dem Urteil kommt, um das vorwegzusagen, nur noch für wenige Fälle aus der Vergangenheit Bedeutung zu, nämlich für Gewinnminderungen infolge von Teilwertabschreibungen, die auf Gewinnausschüttungen vor dem 22.7.1988 zurückzuführen sind. Derartige Teilwertabschreibungen sind seitdem nämlich für die Ermittlung des Gewerbeertrags gem. § 8 Nr. 10 Buchst. a GewStG durch einen Hinzurechnungsbetrag zu neutralisieren, vorausgesetzt der Ansatz des niedrigeren Teilwerts resultiert aus Gewinnausschüttungen der Körperschaft, um die der Gewerbeertrag nach § 9 Nrn. 2a, 7 oder 8 GewStG zu kürzen ist, oder aber aus organschaftlichen Gewinnabführungen.
2. Zuvor, also vor Einfügung der besagten Hinzurechnungsvorschrift, verpflichtete die Rechtsprechung des BFH (vgl. das im Leitsatz zitierte Urteil) im gewerbesteuerlichen Organkreis zwar ebenfalls zu einer entsprechenden Gewinnkorrektur, und dies nach Maßgabe von § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG als organschaftlicher Spezialvorschrift. Diese Rechtsprechung war seinerzeit in schwere Kritik geraten. Mit einiger Berechtigung wurde bemängelt, sie widerspreche der gebrochenen Einheitstheorie, wonach die Gewerbeerträge des Organträgers und der Organgesellschaft im Gewerbesteuerrecht – auf einer 1. Stufe – getrennt zu ermitteln und erst dann, auf einer 2. Stufe, beim Organträger zusammenzurechnen sind. Im Urteilsfall wird diese Rechtsprechung gleichwohl noch einmal ausdrücklich bekräftigt.
Es wird indes abgegrenzt: Handelt es sich bei den Ausschüttungen, die die Teilwertabschreibung nach sich gezogen haben, um solche von Gewinnen aus der Vororganschaftszeit, dann gibt es für eine Korrektur nach Organschaftsregeln keinen Grund. Vielmehr ist die gebrochene Einheitstheorie dann strikt anzuwenden. Das heißt: Die ausgeschütteten Gewinne bleiben bei der Obergesellschaft gem. § 9 Nr. 2a GewStG außer Ansatz. Zugleich wirken sich die Teilwertabschreibungen mindernd aus. Eine Neutralisierung der Abschreibung gem. § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG ist nicht geboten, auch wenn die Obergesellschaft zwischenzeitlich Organträgerin geworden ist.
Es ist anzunehmen, dass die Finanzverwaltung dem für die Vergangenheit vorbehaltlos folgen wird.
3. Davon abzugrenzen ist die Frage, wie es sich im Körperschaftsteuerrecht im Hinblick auf vororganschaftlich verursachte Mehrabführungen verhält, etwa handelsbilanzielle Überschüsse, die infolge eines steuerlichen Abzugsverbots von den Steuerbilanzansätzen abweichen. Die Finanzverwaltung nimmt für solche Fälle eine Ausschüttung von Gewinnen an, für die – nach altem KSt-Recht – die Ausschüttungsbelastung herzustellen sei (vgl. Abschn. 59 Abs. 4 Satz 3 KStR 1995; ebenso FG Düsseldorf, Urteile vom 20.3.2001, EFG 2001 917 und 6.3.2001, EFGH 2001 919). Die davon abweichende Auffassung erkennt insoweit auf Gewinnabführungen (vgl. FG Münster, Urteil vom 4.5.2001, EFG 2001, 1319). Die Frage ist derzeit noch offen; der BFH wird darüber aber demnächst zu entscheiden haben (Rev. I R 51/01; I R 68/01; I R 50/01).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 30.1.2002, I R 73/01