Leitsatz
1. Nur ein Wertverlust, der mindestens während der halben Restnutzungsdauer des Wirtschaftsguts andauert, ermöglicht bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern eine Teilwertabschreibung (Bestätigung des Senatsurteils vom 14.03.2006, I R 22/05, BFH/NV 2006, 1738, BFH/PR 2006, 339).
2. Die verbleibende Nutzungsdauer ist bei Gebäuden nach § 7 Abs. 4 und 5 EStG 1997, bei anderen Wirtschaftsgütern grundsätzlich nach den amtlichen AfA-Tabellen zu bestimmen (Bestätigung des BMF-Schreibens vom 25.02.2000, BStBl I 2000, 372 Tz. 6). Dies gilt auch dann, wenn der Steuerpflichtige beabsichtigt, das Wirtschaftsgut vor Ablauf seiner betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer zu veräußern.
Normenkette
§ 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, 2 und 3 EStG 1997 i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002
Sachverhalt
Die Klägerin, eine GmbH, errichtete im Jahr 1990 auf einem ihr gehörenden Grundstück ein Gebäude. Die AfA nahm sie in der Folgezeit degressiv nach § 7 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 EStG vor. Das Gebäude wurde in den Jahren 1996 und 1998 erweitert; die Klägerin aktivierte insoweit nachträgliche Herstellungskosten i.H.v. rd. 1,25 Mio. DM.
Weil dieses Gebäude trotz der Erweiterungen zu klein war, erwarb die Klägerin 2000 ein weiteres Gewerbegrundstück im selben Gewerbegebiet. Sie errichtete darauf ein Betriebsgebäude, das im Sommer 2001 fertiggestellt wurde. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde das bisherige Betriebsgebäude auf dem alten Grundstück unverändert betrieblich genutzt. 2005 verkaufte die Klägerin das alte Grundstück für rd. 350 000 DM.
In ihrem Jahresabschluss für das Streitjahr 2000 nahm die Klägerin auf das Gebäude eine Teilwertabschreibung i.H.v. rd. 150 000 DM vor. Dabei legte sie für das Gesamtobjekt einen Teilwert von 750 000 DM zugrunde. Die Bilanzansätze für den Grund und Boden ließ sie unverändert und minderte nur den Ansatz für das Gebäude.
Das FA vertrat die Auffassung, die gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG 1997 notwendige dauernde Wertminderung liege nicht vor, weil der Teilwert nicht während der Hälfte der restlichen Nutzungsdauer unter dem planmäßig fortgeschriebenen Buchwert liege.
Der dagegen gerichteten Klage gab das FG Münster statt (Urteil vom 14.01.2005, 9 K 1564/03 K,G, Haufe-Index 1325078, EFG 2005, 683). Der BFH hob diese erstinstanzliche Entscheidung durch das Urteil vom 14.03.2006, I R 22/05 (BFH/NV 2006, 1738, BFH/PR 2006, 339) auf und verwies die Sache an das FG zurück. Es bedurfte weiterer Sachverhaltsaufklärung darüber, ob der Teilwert für das Gebäude tatsächlich nachhaltig gesunken war und deswegen eine Abschreibung rechtfertigte.
Das FG gab der Klage auch im 2. Rechtsgang (überwiegend) statt (FG Münster, Urteil vom 27.06.2008, 9 K 3138/06 K,G, Haufe-Index 2030841, EFG 2008, 1631). Es verminderte lediglich die betragliche Höhe der Teilwertabschreibung.
Entscheidung
Der BFH hob das FG-Urteil auch dieses Mal auf und wies die Klage nunmehr vollends ab:
Die Absicht der GmbH, das bisherige Betriebsgebäude künftig nicht mehr betrieblich zu nutzen, bewog ihn nicht, die Restnutzungsdauer vorgreiflich zu verkürzen. Es komme allein auf die objektive Nutzbarkeit des betreffenden Wirtschaftsguts an, nicht darauf, ob der Steuerpflichtige erwäge, das Wirtschaftsgut künftig in anderer Weise als bisher oder überhaupt nicht mehr betrieblich zu nutzen.
Hinweis
1. Das StEntlG 1999/2000/2002 hat § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, 2 und 3 EStG um das "Phänomen" der "voraussichtlich dauernden Wertminderung" bereichert. Nur wenn dieses Erfordernis erfüllt ist, erlaubt das Gesetz eine Teilwertabschreibung.
2. Durch Urteil vom 14.03.2006, I R 22/05 (BFH/NV 2006, 1738, BFH/PR 2006, 339) hatte der BFH dazu bestimmt:
Erstmals liegt nun eine Grundsatzentscheidung dazu vor, was unter diesem neuen Begriff zu verstehen ist:
Eine voraussichtlich dauernde Wertminderung liegt bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens vor, wenn der Teilwert des Wirtschaftsguts zum Bilanzstichtag mindestens für die halbe Restnutzungsdauer unter dem planmäßigen Restbuchwert liegt. Der BFH bestätigt damit ausdrücklich die entsprechende Verwaltungspraxis, wie sie im BMF-Schreiben vom 25.02.2000, BStBl I 2000, 372 zum Ausdruck kommt.
Daran hält der BFH ausdrücklich fest.
3. Was aber ist, wenn der Steuerpflichtige beabsichtigt, das betreffende Wirtschaftsgut vor Ablauf seiner betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer zu veräußern? Gilt dann ein subjektiv "betriebsbezogener" Begriff der Nutzungsdauer bis zur tatsächlichen Veräußerung, an der die "voraussichtlich dauernde Wertminderung" zu messen ist? Oder verbleibt es bei der typisierenden, objektiv wirtschaftsgutbezogenen Betrachtungsweise?
Der BFH hat sich für die zweite, die typisierende Betrachtungsweise entschieden und § 7 Abs. 4 und 5 EStG bzw. die allgemeine AfA-Tabelle zugrunde gelegt.
Er bestätigt damit die Richtung, die sich kürzlich bereits bei der betriebsgewöhnlichen Abschreibung von Musterhäusern im Urteil vom 23.09.2008, I R 47/07 (BFH/NV 2009, 443, BFH/PR 2009, 123) abzeichnete. Nun ließe sich zwar vertreten, dort sei es um die "normale" Abschreibu...