Dr. Gerlind Wendt, Michael Wendt
Leitsatz
Ein beim Erwerb eines Grundstücks gezahlter Überpreis rechtfertigt allein keine Teilwertabschreibung auf den niedrigeren Vergleichswert zu einem späteren Bilanzstichtag. Der Überpreis nimmt jedoch an einer aus anderen Gründen gerechtfertigten Teilwertabschreibung in dem Verhältnis teil, das dem gegenüber dem Anschaffungszeitpunkt gesunkenen Vergleichswert entspricht.
Normenkette
§ 4 Abs. 1 EStG , § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 und Nr. 2 Satz 2 EStG
Sachverhalt
Ein Landwirt hatte Ackerland zu einem Preis von 10,80 DM/qm zuzüglich Anschaffungsnebenkosten gekauft, während der Richtwert des Gutachterausschusses 8,75 DM betrug. In den Streitjahren 1989/1990 belief sich der Richtwert nur noch auf 6,75 DM/qm. Der Landwirt nahm deshalb eine Teilwertabschreibung auf 7 DM/qm vor. Das FA ließ die Teilwertabschreibung nur in Höhe des gesunkenen Richtwerts von 2 DM/qm zu.
Entscheidung
Nach erfolgloser Klage vor dem FG gab der BFH der Revision überwiegend statt. Eine Teilwertabschreibung könne auf den Gesamtkaufpreis in dem prozentualen Verhältnis vorgenommen werden, in dem der Bodenrichtwert gesunken sei.
Hinweis
1. Wirtschaftsgüter des nicht abnutzbaren Anlagevermögens sind nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu bewerten. Der Bilanzansatz ändert sich bei derartigen Wirtschaftsgütern, insbesondere bei Grund und Boden möglicherweise nie. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der Teilwert unter die Anschaffungs- und Herstellungskosten gesunken ist.
Bis 1998 konnte dann in der Steuerbilanz wahlweise eine Teilwertabschreibung vorgenommen werden. Bei voraussichtlich dauernder Wertminderung war eine solche Abschreibung nach den GoB sogar zwingend. Seit 1999 darf steuerrechtlich nur noch im Fall voraussichtlich dauernder Wertminderung eine Teilwertabschreibung vorgenommen werden.
2. Wie hoch der Teilwert ist, lässt sich in der Praxis oft nur schwer feststellen. Deshalb behilft sich der BFH mit einer Teilwertvermutung: Es wird vermutet, dass der Teilwert eines nicht abnutzbaren Wirtschaftsguts den Anschaffungs- und Herstellungskosten entspricht. Will man eine Teilwertabschreibung vornehmen, muss man also nachweisen, dass, und auf welchen Betrag der Teilwert gesunken ist. Bei Grund und Boden fällt dieser Nachweis nicht so schwer, denn es gibt Bodenrichtwertkarten, auf die man sich zum Nachweis beziehen kann.
3. Das hatte auch der klagende Landwirt im Besprechungsfall gemacht und dann eine Abschreibung in Anlehnung an den Bodenrichtwert vorgenommen. Dagegen wäre nichts einzuwenden gewesen, wenn der Landwirt das Grundstück seinerzeit auch zum Bodenrichtwert angeschafft hätte. Das war aber nicht der Fall; er hatte einen deutlich höheren Preis gezahlt.
Einen solchen Überpreis kann man mit einer Teilwertabschreibung nicht einfach in eine Betriebsausgabe verwandeln, denn es wird angenommen, dass derjenige, der einen Überpreis gezahlt hat, dafür auch betriebliche Gründe hatte. So lange er nicht nachweisen kann, dass es einen speziellen Grund gab und eben dieser Grund weggefallen ist, bleibt die Vermutung bestehen, dass der Teilwert auch den Überpreis beinhaltet.
Wenn man aber Richtwert und Überpreis in dieser Weise pauschal miteinander verbindet, dann muss diese Verbindung auch gelten, wenn der Richtwert sinkt: die gesamten Anschaffungskosten werden mit dem Prozentsatz abgeschrieben, um den der Bodenrichtwert gesunken ist. Diese m.E. zwar folgerichtige, aber bislang umstrittene Auffassung hat der BFH nun im Besprechungsurteil ausdrücklich bestätigt.
4. Die für den Unternehmer erfreuliche Rechtslage kann sich allerdings auch ins Gegenteil verkehren. Denn wenn eine pauschale Verkoppelung von Richtwert und Überpreis bei Minderung des Bodenrichtwerts stattfindet, muss dies auch im Fall des späteren Wiederanstiegs des Richtwerts gelten. Ein späteres Ansteigen führt bekanntlich seit Einführung des Wertaufholungsgebots (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 und Nr. 2 Satz 3) zu einer Teilwertzuschreibung. Diese wird dann auch prozentual den Überpreis mit erfassen müssen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 7.2.2002, IV R 87/99