rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung für Lohnsteuer 1992 bis 31. März. 1995
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Rechtmäßigkeit eines Lohnsteuerhaftungsbescheides.
Die Klägerin, eine eingetragene Genossenschaft, stellte in ihrem Betriebsteil … in den Jahren 1992 bis März 1995 insgesamt 5 ihrer Arbeitnehmer je einen Firmenwagen unentgeltlich zur Verfügung. Nach ihren Angaben durften die den Arbeitnehmern überlassenen Fahrzeuge nur für Dienstfahrten und für Fahrten zwischen Wohnort und Arbeitsstätte benutzt werden. Eine schriftliche Vereinbarung zwischen ihr und ihren Arbeitnehmern über den Umfang der Fahrzeugnutzung bestand nicht. Lediglich dem Geschäftsführer war nach seinem Anstellungsvertrag die private Nutzung des Firmenwagens gestattet. Fahrtenbücher wurden ebenfalls nicht geführt.
Anläßlich einer Lohnsteueraußenprüfung für den Zeitraum 1992 bis März 1995 verwarf die Prüferin die von der Klägerin bislang praktizierte Ermittlung des geldwerten Vorteils für die Fahrzeuggestellung. Die Prüferin war der Auffassung, daß mangels schriftlichen Verbots der Privatnutzung und dessen Überprüfbarkeit durch Fahrtenbuchaufzeichnungen für den Prü fungszeitraum die Dienstwagen auch zur privaten Nutzung zur Verfügung gestanden hätten. Sie ermittelte die Bemessungsgrundlage für den geldwerten Vorteil mit monatlich 1 v. Hundert des Listenpreises des jeweils überlassenen Pkws gemäß Abschnitt 31 Abs. 7 Nr. 4 der Lohnsteuerrichtlinien 1993 zuzüglich 0,52 DM pro Kilometer für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.
Das Finanzamt machte sich die Rechtsauffassung der Prüferin zu eigen. Es erließ am 1. Juni 1995 unter Bezugnahme auf den Betriebsprüfungsbericht den hier streitigen Haftungsbescheid, mit dem es die Klägerin für Lohn-, Kichensteuer und Solidaritätszuschlag in Höhe von 5.310,– DM als Haftende in Anspruch nahm. Den Einspruch wies das Finanzamt mit Bescheid vom 4. August 1995 zurück.
In der Einspruchsentscheidung fehlte die Angabe der gesetzlichen Grundlage auf der die Inanspruchnahme der Klägerin als Haftende erfolgte. Außerdem enthielt weder der Haftungsbescheid noch die Einspruchsentscheidung Ausführungen dazu, warum die Klägerin und nicht ihre Arbeitnehmer als Haftende herangezogen wurden. Auf Nachfrage des Berichterstatters teilte der Beklagte mit, daß alle betroffenen Arbeitnehmer im streitigen Zeitraum zur Einkommensteuer veranlagt wurden.
Zur Begründung ihrer Klage führt die Klägerin u.a. sinngemäß an, daß der Haftungsbescheid rechtswidrig sei. Nach § 42d Abs. 3 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes -EStG-seien Arbeitgeber und Arbeitnehmer Gesamtschuldner. Die Auswahl des Haftenden müsse nach pflichtgemäßem Ermessen erfolgen. Erwägungen, die eine Auswahl zwischen den beiden möglichen Haftungsschuldnern erkennen ließen, habe der Beklagte jedoch nicht angestellt. Folglich sei rechtswidrig kein Ermessen ausgeübt worden. Außerdem sei der Haftungstatbestand nicht gegeben. Die Ermittlung der Bemessungsgrundlage mit 1 v. Hundert des Listenpreises der jeweiligen Fahrzeuge führe zu einer unzutreffenden Besteuerung. Entgegen der Wertung der Prüferin hätten nachweislich 4 der Arbeitnehmer ihre Fahrzeuge außer für Fahrten zwischen Wohnort und Arbeitsstätte nicht für weitere private Fahrten genutzt. Der diesbezügliche Nachweis bzw. die Kontrolle des Verbots der privaten Nutzung könne nicht nur durch ein Fahrtenbuch geführt werden. Zudem erfordere der erlaubte Nutzungsumfang keine schriftliche Vereinbarung. Trotz fehlender Fahrtenbücher sei die 1 v. Hundert Regelung dann nicht anwendbar, wenn vergleichbare andere Aufzeichnungen vorlägen. Mit den Reisekostenabrechnungen seien solche Aufzeichnungen im Streitfall vorhanden gewesen. Im übrigen seien die Gesamtkosten für das jeweilige Fahrzeug durch die Prüferin ohne Schwierigkeiten zu ermitteln gewesen, so daß sie den geldwerten Vorteil nicht zwingend mit 1. v. Hundert des Listenpreises hätte annehmen müssen.
Die Klägerin beantragt,
den Haftungsbescheid vom 01. Juni 1995 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 04. August 1995 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, die Begründung der Ermessensausübung sei bereits im Haftungsbescheid vom 1. Juni 1995 erfolgt. Dort sei die Klägerin mit der Begründung in Haftung genommen worden, daß sie die Lohnsteuer in unzutreffender Höhe einbehalten und abgeführt habe (Bl. 82 R der Lohnsteuerakten). Auch habe die Klägerin trotz Kenntnis keinen Gebrauch von der Möglichkeit einer Anrufungsauskunft gemacht, was sie sich bei der Ermessensausübung entgegenhalten lassen müsse. Einer Ermessensabwägung zwischen den möglichen Haftenden bedürfe es zudem nicht, wenn aufgrund von im wesentlichen gleich liegenden Sachverhalten viele Lohnsteuerbeträge nachzuzahlen seien. Von solch gleichgelagerten Sachverhalten sei das Finanzamt im Streitfall bei der Pkw-Nutzung ausgegangen.
Hinsichtlich des Haftungstatbestandes führt es weiter aus, dem Begehren der Klägerin stünde entgegen, daß sie keine Aufzeichnungen vorgelegt...