Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Stromsteuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG bei Einspeisung in ein die allgemeine Versorgung von Letztverbrauchern sicherstellendes Stromnetz. Stromsteuerbescheid für 2001
Leitsatz (redaktionell)
1. Das Merkmal „in räumlichem Zusammenhang” in der Stromsteuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG ist so auszulegen, dass hiervon nur objektbezogen erzeugter und zur Verfügung gestellter Strom erfasst wird. Deswegen kann Strom nicht steuerfrei geleistet werden, wenn er in ein die allgemeine Versorgung von Letztverbrauchern sicherstellendes Stromnetzt eingespeist wird (hier: Einleitung des von einem Energieversorgungsunternehmen in einem Blockheizkraftwerk - mit einer Leistung unter 2 Megawatt - erzeugten Stroms in ein dem Unternehmen gehörendes, der allgemeinen Versorgung eines Stadtgebiets dienendes Mittelspannungsnetz).
2. § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG verstößt nicht gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz (Ausführungen zum Gesetzgebungsverfahren, zu Sinn und Zweck der Regelung sowie zum Zusammenhang mit der Definition des Eigenerzeugers i.S. des § 2 Nr. 2 StromStG).
Normenkette
StromStG § 9 Abs. 1 Nr. 3; GG Art. 3 Abs. 1; StromStG § 2 Nr. 2
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin den von ihr in einer Kraft-Wärme-Kopplungsanlage erzeugten Strom gem. § 9 Abs. 1 Nr. 3 Stromsteuergesetz (StromStG) steuerfrei leisten kann.
Die Klägerin ist ein Energieversorgungsunternehmen i. S. des § 2 Abs. 3 des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG). Sie führt die allgemeine Versorgung von Letztverbrauchern mit Strom im Gebiet der Stadt A durch. Daneben betreibt die Klägerin die in ihrem Eigentum stehenden, in A belegenen Blockheizkraftwerke (BHKW) Ost und Süd. Das BHKW Ost hat eine elektrische Nennleistung von 1,472 Megawatt (MW), das BHKW Süd von 0,286 MW. Den bei der Wärmeerzeugung in den beiden BHKW in 2001 anfallenden Strom – insgesamt 9.430,650 MWh – speiste sie in das in ihrem Eigentum stehende und im Stadtgebiet As der allgemeinen Versorgung dienende Mittelspannungsnetz (20 kV) ein, wo ihn die daran angeschlossenen Letztverbraucher entnahmen. Eine Einspeisung in das vorgelagerte Hochspannungsnetz (110 kV) der TEAG Thüringer Energie AG erfolgte nicht.
In ihrer Stromsteueranmeldung für das Jahr 2001 meldete die Klägerin den auf die in den BHKW erzeugte Strommenge (9.430,650 MWh) entfallenden Steuerbetrag in Höhe von 282.919,50 DM unter Hinweis auf den Stromsteuerbefreiungstatbestand des § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG ausdrücklich nicht an.
Der Beklagte akzeptierte die Steueranmeldung nicht. Unter Hinweis auf den Erlass des Bundesfinanzministeriums (BMF) vom 2. Oktober 2001 (III A 1 – V 4250 – 8/01) erließ er am 2. August 2002 einen Korrekturbescheid, worin er die nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG begehrte Steuerfreiheit versagte und den erzeugten Strom nach dem Regelsteuersatz besteuerte.
Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb erfolglos. Sinngemäß führte der Beklagte in seiner Einspruchsentscheidung vom 23. Januar 2003 zur Begründung aus, der Befreiungstatbestand des § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG greife nicht. Die Klägerin speise den von ihr im BHKW erzeugten Strom in das allgemeine, öffentliche Stromnetz ein. Damit fehle der erforderliche räumliche Zusammenhang zwischen Stromeinspeisung (Stromerzeugung) und Stromentnahme. Die Annahme eines räumlichen Zusammenhangs verbiete sich, sobald das öffentliche Stromnetz – hier das Mittelspannungsnetz der Klägerin – berührt werde.
Zur Begründung ihrer rechtzeitig erhobenen Klage trägt die Klägerin ergänzend vor, die restriktive Anwendung und Verweigerung der Stromsteuerbefreiung in den Fällen, in denen Versorgungsunternehmen zur Weiterleitung des Stroms auf kurze Strecken das eigene öffentliche Netz in Anspruch nähmen, sei vom Wortlaut des § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG nicht gedeckt. Der Ausschluss der Förderung des in einem BHKW erzeugten Stroms bei der Durchleitung durch ein allgemeines Versorgungsnetz zum Verbraucher entbehre der gesetzlichen Grundlage. Aus der Formulierung „räumlicher Zusammenhang” lasse sich kein Maß für Nähe gewinnen. Auch könne entgegen der Rechtsauffassung der Verwaltung mit der vom Finanzausschuss zur Änderung des § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG abgegebenen Begründung, wonach der Ausschluss flächendeckender oder regionaler Versorgung bezweckt sei, nicht der Ausschluss der kurzen Durchleitung des Stroms durch ihr allgemeines örtliche Versorgungsnetz gerechtfertigt werden. Der Beklagte lege den Begriff „in räumlichem Zusammenhang” fehlerhaft aus, wenn er für die Steuerfreiheit fordere, dass sich die Anlage zur Erzeugung von Strom sowie die Stromentnahmestelle auf demselben Grundstück befinden und damit der dort erzeugte Strom auch unmittelbar objektbezogen entnommen werden müsse. Diese Auslegung wide...