nicht rechtskräftig - Revision zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Antragsfrist des § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG
Leitsatz (redaktionell)
Gibt ein nichtselbständig tätiger Steuerpflichtiger, für den keine Pflichtveranlagung durchzuführen ist, seine Steuererklärung nach Ergehen eines Schätzungsbescheids erst nach Ablauf der Zwei-Jahres-Frist des § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG ab und geht der Vertreter des Steuerpflichtigen als Angehöriger der steuerberatenden Berufe zu Unrecht davon aus, dass wegen negativer Einkünfte aus Gewerbebetrieb infolge der Kosten vor Betriebseröffnung eine Veranlagung für das Streitjahr innerhalb der normalen Festsetzungsverjährung von vier Jahren durchzuführen ist, wird die Antragsfrist für die Veranlagung zur Einkommensteuer schuldhaft versäumt. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist wegen eines derartigen verfahrensrechtlichen Irrtums nicht zu gewähren.
Normenkette
EStG § 46 Abs. 2 Nrn. 8, 1, §§ 15, 19; AO 1977 §§ 110, 162, 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 1
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 22.01.2007; Aktenzeichen VI R 42/06) |
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob dem Kläger gem. § 110 der Abgabenordnung (AO) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist, damit für ihn eine Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 2001 noch durchgeführt werden kann.
Der Kläger ist von Beruf Apotheker. Er war im Streitjahr als Angestellter tätig und erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Mit Schreiben vom 11. Juni 2003 teilte der Prozessbevollmächtigte dem Beklagten mit, dass der Kläger beabsichtige, in der G. im September 2003 eine Apotheke zu eröffnen. Er sei mit der steuerlichen Betreuung der Existenzgründung des Klägers beauftragt. Gleichzeitig reichte er beim Finanzamt Umsatzsteuererklärungen für die Kalenderjahre 2001 und 2002 sowie eine Umsatzsteuervoranmeldung für den Monat Mai 2003 ein, in denen er Vorsteuern geltend machte, die aus bereits angefallenen unternehmensbezogenen Kosten resultierten.
Im Fragebogen zur steuerlichen Erfassung vom 01. Juli 2003 war in der Zeile für Angaben zum steuerlichen Vertreter ein Stempel mit Name und Anschrift des Prozessbevollmächtigten angebracht.
Mit Schreiben vom 09. September 2003 teilt der Prozessbevollmächtigte dem Beklagten mit, dass ihm sein Mandant ein Schreiben des Finanzamts übergeben habe. Er bitte deswegen um Fristverlängerung bis 31. Dezember 2003, weil ihm die Unterlagen zur Erstellung der Einkommensteuererklärung 2002 noch nicht vollständig vorliegen würden.
Am 09. Dezember 2003 ging bei dem Beklagten eine vom Kläger am 11. November 2003 unterschriebene Vollmacht für den Prozessbevollmächtigten ein, in dem er diesen ermächtigte, ihn u. a. in allen steuerlichen Angelegenheiten gegenüber Finanzbehörden zu vertreten sowie für ihn Steuerbescheide und Zustellungen entgegenzunehmen.
Am 14. April 2004 erließ der Beklagte einen Schätzungsbescheid über Einkommensteuer für den Veranlagungszeitraum 2001 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und stellte ihn dem steuerlichen Vertreter als Zustellungsbevollmächtigten zu. Darin waren als Besteuerungsgrundlagen lediglich Einkünfte aus Gewerbebetrieb geschätzt worden. Die Steuer war mit Null DM festgesetzt.
Am 22. Juni 2004 ging die vom steuerlichen Vertreter erstellte und vom Kläger unter dem 11. Juni 2004 unterschriebene Einkommensteuererklärung für 2001 beim Beklagten ein. Erklärt wurden dabei Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 77.453 DM und Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von -11.338 DM. Gleichzeitig wurden geänderte Umsatzsteuererklärungen für 2001 und 2002 sowie die vom Finanzamt am 28. August 2003 angemahnte Einkommensteuererklärung für 2002 abgegeben.
Mit Schreiben vom 25. Juni 2004 wies das Finanzamt darauf hin, dass für das Jahr 2001 die Antragsfrist des § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) am 31. Dezember 2003 abgelaufen sei und bat, etwaige Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 AO vorzutragen. Mit Schreiben vom 30. Juni 2004 machte der steuerliche Berater geltend, der Schätzungsbescheid sei nach § 164 AO zu ändern. Eine Antragsveranlagung sei wegen der Einkünfte aus Gewerbebetrieb nicht gegeben.
Mit Bescheid vom 06. Juli 2004 lehnte der Beklagte den Antrag auf Veranlagung mit der Begründung ab, dass kein Veranlagungsgrund nach § 46 EStG vorliege. Der Schätzungsbescheid vom 14. April 2004 wurde mit Bescheid vom 22. Juli 2004 gem. § 164 Abs. 2 AO ersatzlos aufgehoben.
Gegen den Bescheid über die Ablehnung der Veranlagung vom 06. Juli 2004 legte der Kläger durch seinen Berater mit Schreiben vom 12. Juli 2004 Einspruch ein und begründete diesen damit, dass ein Fall des § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG nicht vorliege, weil der nur für erstmalige Veranlagungen gelten würde. Hier läge aber ein Schätzungsbescheid vor, der innerhalb der normalen Festsetzungsfristen nach § 164 AO zu ändern sei. Hilfsweise beantr...