Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Leitsatz
Die gerichtliche Kontrolle von Prüfungsentscheidungen ist inhaltlich begrenzt. Denn die Bewertung einer Prüfungsleistung beruht auf persönlichen, subjektiven Erfahrungen und Vorstellungen des einzelnen Prüfers.
Sachverhalt
Der Kläger erreichte in der Steuerberaterprüfung 2008 die schriftliche Gesamtnote 4,66 und war damit von der mündlichen Prüfung ausgeschlossen. Im Rahmen der beim FG erhobenen Klage (und des nach § 29 DVStB eingeleiteten Überdenkungsverfahrens) legte der Kläger drei Gutachten vor. Hierin wird dargelegt, welche Bepunktung die Ausführungen des Klägers in den einzelnen Aufsichtsarbeiten nach Auffassung des Gutachters zu Recht erhalten haben und welche Ausführungen nach Auffassung des Gutachters eine bessere Bewertung verdient gehabt hätten. Darüber hinaus beanstandet der Kläger, dass bei einer Klausur die Bepunktung durch Erst- und Zweibeurteiler zu 100 % identisch sei und sog. Erstgutachterbesprechungen stattgefunden hätten.
Entscheidung
Das FG hat die Klage abgewiesen und entschieden, dass der Bescheid über das Nichtbestehen der Steuerberaterprüfung 2008 rechtmäßig ist.
Wird dem Zweitprüfer die Bewertung durch den Erstprüfer mitgeteilt, was nach § 24 Abs. 2 Satz 2 DVStB zulässig ist, kann aus der Tatsache, dass der Zweitkorrektor sich der Bewertung des Erstkorrektors anschließt, nicht gefolgert werden, er habe die Arbeit nicht selbständig begutachtet. Die sog. Korrektorentreffen stellen keinen Verstoß gegen § 24 DVStB dar, denn sie sind kein formalisierter Bestandteil des Bewertungsverfahrens, sondern eine auf Eigeninitiative beruhende Maßnahme der Erstprüfer mit dem Ziel, eine gewisse Vereinheitlichung des Bewertungsmaßstabs für die schriftlichen Aufsichtsarbeiten zu erreichen.
Die Bewertung der Aufsichtsarbeiten des Klägers (und die Stellungnahme der Korrektoren im Überdenkungsverfahren) sind auch im materiellen Sinn ordnungsgemäß und weisen keine Beurteilungsfehler auf. Die Bezugnahme des Klägers auf die Ausführungen des Gutachters stellen indes keine hinreichend schlüssige Klagebegründung dar, denn sie nehmen überwiegend eine Drittkorrektur der Arbeiten mit einem eigenen Prüfungsermessen des Gutachters vor. Die Beanstandungen der Gutachter betreffen nahezu ausschließlich die Ausübung des Prüferermessens und damit den nicht justitiablen Bereich der Bewertung.
Hinweis
Der Kläger, der sich im dritten Versuch befindet, die Steuerberaterprüfung zu bestehen, hat gegen die Entscheidung des FG Nichtzulassungsbeschwerde (NZB) eingelegt, die beim BFH unter dem Az. VII B 110/12 geführt wird. Es steht allerdings zu vermuten, dass die NZB keinen Erfolg haben wird, denn die gerichtliche Kontrolle von Prüfungsentscheidungen ist aus der Natur der Dinge inhaltlich begrenzt. Das Gericht kann Prüfungsentscheidungen im Wesentlichen nur daraufhin überprüfen, ob der Prüfungsausschuss allgemein gültige Bewertungsgrundsätze verletzt hat, sich von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen, von unzutreffenden Tatsachen ausgegangen ist oder wesentliche Verfahrensbestimmungen außer Acht gelassen hat.
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil vom 18.04.2012, 4 K 309/09