OFD Nordrhein-Westfalen, Verfügung v. 20.9.2017, S 2332 - 2014/0016 - St 215
Durch die Einführung des § 8 Abs. 3 BetrAVG im Rahmen des Betriebsrentenstärkungsgesetzes (BGBl 2017 I S. 3214) hat der Arbeitnehmer ab 1.1.2018 die Möglichkeit, im Fall der Insolvenz des Arbeitgebers eine auf sein Leben abgeschlossene Rückdeckungsversicherung privat fortzusetzen. Macht der Arbeitnehmer von diesem Recht Gebrauch, fließt dem Arbeitnehmer bisher ein zu besteuernder Vorteil aus dem aktiven Beschäftigungsverhältnis zu. Diese Besteuerung widerspricht jedoch dem Grundgedanken der nachgelagerten Besteuerung. Aus diesem Grund wird der Erwerb der Ansprüche aus der Rückdeckungsversicherung ab 1.1.2018 über den neuen Buchst. d in § 3 Nr. 65 EStG steuerfrei gestellt.
Die späteren Leistungen aus einer Rückdeckungsversicherung, in die der Arbeitnehmer eingetreten ist, gehören zu den sonstigen Einkünften i.S. des § 22 Nr. 5 EStG. Dementsprechend versteuert der Arbeitnehmer die gesamten Leistungen aus der fortgeführten Versicherung später vollständig als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 5 EStG und nicht teilweise auch als nichtselbstständige Einkünfte nach § 19 EStG. Dies hat sowohl Vorteile für den Arbeitnehmer als auch Vorteile für das Versicherungsunternehmen. Der Arbeitnehmer braucht bei der Erstellung seiner Einkommensteuererklärung keine gesonderte Aufteilung der Versorgungsleistungen vorzunehmen und das Versicherungsunternehmen muss keinen Lohnsteuerabzug durchführen, sondern lediglich (bei späterer Auszahlung der Leistung) eine Rentenbezugsmitteilung (§ 22a EStG) an die zentrale Stelle übermitteln. Hierdurch soll eine zutreffende nachgelagerte Besteuerung sichergestellt werden.
Da § 3 Nr. 65 Buchst. d EStG sich lediglich auf Fälle der Insolvenz bezieht, sind die nachfolgenden Ausführungen für Fälle der Liquidation auch ab dem Jahr 2018 weiterhin gültig. Rückdeckungsversicherungen, die Pensionszusagen einer Kapitalgesellschaft gegenüber ihren Arbeitnehmern (regelmäßig Gesellschafter-Geschäftsführer) absichern, werden regelmäßig zugunsten des pensionsberechtigten Arbeitnehmers verpfändet oder mit aufschiebender Bedingung an ihn abgetreten. Hierin liegt noch kein Zufluss von Arbeitslohn, weil der Arbeitnehmer gegenwärtig noch keine unmittelbaren Ansprüche aus der Versicherung erwirbt (R 40b.1 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LStR).
Im Zuge der Liquidation der Kapitalgesellschaft werden solche Rückdeckungsversicherungen vielfach auf die pensionsberechtigten Arbeitnehmer übertragen. Im Zeitpunkt der Übertragung fließt dem Arbeitnehmer ein lohnsteuerpflichtiger geldwerter Vorteil zu, der grds. dem geschäftsplanmäßigen Deckungskapital zzgl. einer bis zu diesem Zeitpunkt zugeteilten Überschussbeteiligung der Versicherung entspricht; § 3 Nr. 65 Satz 1 Buchst. c EStG ist nicht anwendbar (R 40b.1 Abs. 3 Satz 3 LStR).
Die Besteuerung dieser Lohnzuflüsse ist nicht immer gewährleistet, weil der Arbeitgeber keinen Lohnsteuerabzug vornimmt und die für die Besteuerung der Arbeitnehmer zuständigen Stellen von diesem Sachverhalt keine Kenntnis erlangen. Zur Sicherstellung der Besteuerung wird gebeten, wie folgt zu verfahren:
Die für die Kapitalgesellschaft zuständige VST, der die Existenz der rückgedeckten Pensionszusage aus den ihr vorliegenden Verträgen und Jahresabschlüssen bekannt ist, sendet unmittelbar nach Kenntnis des Liquidationsbeschlusses Kontrollmitteilungen
- an die für den Arbeitnehmer zuständige VST und
- an die für die Kapitalgesellschaft zuständige GST.
In die Kontrollmitteilungen sind folgende Angaben aufzunehmen:
- Datum des Liquidationsbeschlusses, Angaben zum Liquidator,
- Erteilung der Pensionszusage,
- Abschluss der Rückdeckungsversicherung unter Angabe des zuletzt aktivierten Deckungskapitals,
- Verpfändung bzw. Abtretung der Ansprüche aus der Rückdeckungsversicherung.
Vorliegende Verträge und Unterlagen sind in Kopie beizufügen.
- Die für die Kapitalgesellschaft zuständige AGST überprüft den Verbleib der Rückdeckungsversicherung. Sie weist den Liquidator für den Fall der Übertragung der Rückdeckungsversicherung auf den pensionsberechtigten Arbeitnehmer auf seine Verpflichtung zum Lohnsteuerabzug und ggf. seine Anzeigepflicht nach § 38 Abs. 4 Satz 2 EStG hin und prüft, ob die Lohnsteuer durch Erlass eines Nachforderungsbescheids gegen den Arbeitnehmer zu erheben ist (R 41c Abs. 1 LStR). Über das Ergebnis ihrer Feststellungen unterrichtet die AGST die für den Arbeitnehmer zuständige VST.
- Die für den Arbeitnehmer zuständige VST vermerkt die Kontrollmitteilung als Risikobereich im RMS-Datenblatt und überprüft im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung den Verbleib der Rückdeckungsversicherung, sofern ihr bis dahin von der AGST keine weiteren Informationen zugegangen sind.
Ergänzender Hinweis: Seit dem Wirtschaftsjahr 2010 sind aufgrund des BilMoG der Aktivwert der Rückdeckungsversicherung und die Pensionsrückstellung in der Handelsbilanz zu saldieren, wenn die Voraussetzungen des § 246 Abs. 2 Satz 2 HGB erfüllt sind. Übersteigt die Pensionsrückstellung den...