Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Sachverhalt
Die Musterbau AG (M) aus Flensburg möchte in den Norden Europas expandieren. Sie beauftragt einen Architekten aus Dänemark, Pläne für einen neuen Typ Fertighaus (Prototyp) zu entwerfen, das besonders den nordischen Ansprüchen genügen soll. M plant, diese Fertighäuser auf noch von ihr zu erwerbenden Grundstücken in Dänemark und Schweden zu errichten und dann an Interessenten zu veräußern.
Darüber hinaus erteilt M dem Architekten den Auftrag, für ein Grundstück in der Nähe von Kolding (DK) einen angepassten Entwurf zu erstellen. Dieses Musterhaus soll langfristig für Werbezwecke verwendet werden.
Für die Entwurfsplanung des Prototyps wird zwischen M und dem Architekten ein Honorar von 100.000 EUR vereinbart, für die angepasste Planung des Musterhauses in Kolding ein Honorar von 20.000 EUR. Eine auf diese Beträge evtl. anfallende Umsatzsteuer soll zusätzlich entrichtet werden.
Fragestellung
M bittet um Auskunft, welche umsatzsteuerrechtlichen Auswirkungen sich aus diesen Sachverhalten ergeben.
Lösung
M und auch der Architekt sind Unternehmer, die selbstständig, nachhaltig und mit Einnahmeerzielungsabsicht tätig sind. Sie handeln im Rahmen ihres Unternehmens. Dass der Architekt aus Dänemark stammt, ist für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung grundsätzlich ohne Bedeutung.
M erhält für sein Unternehmen 2 verschiedene Leistungen, die separat zu beurteilen sind, eine einheitliche Leistung liegt nicht vor, da es sich jeweils um unterschiedliche Planungen handelt.
Planung für den Prototyp
Die Planung des Prototyps ist eine sonstige Leistung, da keine Lieferung ausgeführt wird.
Architektenleistung ist unabhängig von der Übergabe von Planungsunterlagen sonstige Leistung
Selbst wenn der Architekt – was heute eher unüblich wäre – die Pläne auf Papier (Ausdruck) übergeben sollte, würde keine Lieferung bedruckten Papiers vorliegen. Wesensgehalt der Leistung ist die Überlassung der Entwürfe, sodass hier nicht Verfügungsmacht an einem Gegenstand verschafft wird.
Wenn es sich bei der Leistung des Architekten um eine Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück handeln würde, wäre die Leistung am Grundstücksort ausgeführt. Allerdings ist die Leistung keinem besonderen Grundstück zuzuordnen, sodass die Bestimmung des Orts der sonstigen Leistung nicht nach den Grundsätzen des § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG erfolgen kann. Da die Leistung an einen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird, bestimmt sich der Ort der sonstigen Leistung nach § 3a Abs. 2 Satz 1 UStG und ist dort, wo der Leistungsempfänger (M) sein Unternehmen betreibt. Die Leistung ist damit in Flensburg (DE) ausgeführt und somit in Deutschland steuerbar nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG.
Prüfung notwendig, ob Leistungsempfänger am Bestimmungsort Betriebsstätte unterhält
Wenn die Leistung des Architekten an eine Betriebsstätte der M ausgeführt worden wäre, würde nach § 3a Abs. 2 Satz 2 UStG der Ort der Betriebsstätte für die Bestimmung des Orts der sonstigen Leistung maßgeblich sein. Nach dem Sachverhalt ergibt sich aber kein Anhaltspunkt dafür, dass zu diesem Zeitpunkt eine Betriebsstätte in Dänemark oder in Schweden unterhalten wird.
Die Planungsleistung des Architekten unterliegt in Deutschland keiner Steuerbefreiung, die Leistung ist steuerpflichtig. Da der Architekt ein ausländischer Unternehmer ist und in Deutschland eine steuerpflichtige sonstige Leistung nach § 3a Abs. 2 UStG ausführt, unterliegt der Vorgang dem Reverse-Charge-Verfahren nach § 13b Abs. 1 UStG. Der Leistungsempfänger (M) wird zum Steuerschuldner für die ihm gegenüber ausgeführte Leistung. Die Steuer entsteht dabei mit Ausführung der Leistung, nicht erst mit Ausstellung der Rechnung.
Unternehmer muss bestimmte Rechnungsanforderungen beachten
Da es sich um eine sonstige Leistung nach § 3a Abs. 2 UStG handelt, muss der dänische Architekt den Vorgang in Dänemark – im Meldezeitraum der Ausführung der Leistung – unter der USt-IdNr. der M in seiner dänischen Zusammenfassenden Meldung angeben und separat in der dänischen Umsatzsteuer-Voranmeldung erfassen.
Darüber hinaus ergibt sich die Verpflichtung für den Architekten, die Rechnung bis zum 15. Tag des auf den Monat der Ausführung der Leistung folgenden Monats auszustellen. Die Anforderungen an diese Rechnung richten sich – obwohl es sich um eine in Deutschland steuerbare und steuerpflichtige Leistung handelt – nach den Rechtsvorschriften Dänemarks.
Die Bemessungsgrundlage für die M gegenüber ausgeführte Leistung bestimmt sich nach § 10 Abs. 1 UStG mit 100.000 EUR, auf diese Leistung ist der Regelsteuersatz anzuwenden. Es entsteht eine Umsatzsteuer i. H. v. 19.000 EUR, Steuerschuldner ist M.
Die Steuer ist grundsätzlich nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG als Vorsteuer abzugsfähig, sofern dem nicht ein Abzugsverbot nach § 15 Abs. 2 UStG entgegensteht. Dabei ist zu prüfen, mit welchen Ausgangsleistungen die Eingangsleistung wirtschaftlich in Zusammenhang zu bringen ist. Nach den Sachverhaltsangaben will M au...